Das Schloss in Frankreich
mir gehörten. Von dem Augenblick an, als Sie aus dem Zug stiegen, war ich wie verhext, und ich wehrte mich dagegen, um mich nicht versklaven zu lassen. Aber vielleicht bedeutet diese Art von Sklaverei wirkliche Freiheit.« Er strich ihr über das seidige Haar. »Shirley, ich liebe dich.«
Sie versuchte, ihre Stimme zu kontrollieren: »Würden Sie das noch einmal sagen?«
Er lächelte, und sein Mund liebkoste ihre Lippen. »Auf Englisch? Ich liebe dich. Ich liebte dich vom ersten Moment an, als ich dich sah. Jetzt liebe ich dich noch unendlich mehr, und ich werde dich bis zum Ende meines Lebens lieben.« Seine Lippen berührten ungewohnt zärtlich ihren Mund und lösten sich erst wieder, als Tränen über ihr Gesicht rannen. »Warum weinst du? Was habe ich getan?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es liegt nur daran, dass ich dich so sehr liebe, und ich dachte ...« Sie zögerte und atmete schwer. »Christophe, glaubst du an die Unschuld meines Vaters, oder denkst du, dass ich die Tochter eines Gauners bin?«
Er sah sie eine Weile lang schweigend an. »Ich werde dir erzählen, was mir bekannt ist, Shirley, und ich werde dir auch sagen, was ich glaube.«
»Ich weiß, dass ich dich liebe, und zwar keineswegs den Engel, der aus dem Zug in Lannion stieg, sondern die Frau, die ich nun kennen gelernt habe. Es ist mir völlig gleichgültig, ob dein Vater ein Dieb, Betrüger oder Mörder war. Ich hörte immer zu, wenn du über deinen Vater sprachst, und ich beobachtete auch, wie du aussiehst, wenn du ihn erwähnst. Ich kann nicht glauben, dass ein Mann, dem diese Liebe und Zuneigung zuteil wurde, eine derart schändliche Tat begangen haben könnte. Davon bin ich überzeugt, doch es spielt für mich keine Rolle. Nichts, was er tat oder unterließ, könnte etwas an meiner Liebe zu dir ändern.«
»Ach, Christophe«, sie legte ihr Gesicht an seine Wange, »zeit meines Lebens habe ich auf einen Menschen wie dich gewartet. Aber jetzt muss ich dir etwas zeigen.« Sanft befreite sie sich von ihm, zog den Brief aus der Tasche und gab ihn ihm. »Mein Vater trug mir auf, meinem Herzen zu folgen, und nun gehört es dir.«
Shirley saß Christophe gegenüber und beobachtete ihn, während er den Brief las. Jetzt spürte sie wieder den inneren Frieden, der sie seit dem Tod ihrer Eltern verlassen hatte. Ihre Liebe gehörte Christophe, und sie war zutiefst davon überzeugt, dass er ihr helfen würde, die richtige Entscheidung zu treffen. Der Wald war still. Nur manchmal flüsterte der Wind in den Blättern, und die Vögel antworteten darauf. An diesem Ort war die Zeit soeben stehen geblieben. Nur ein Mann und eine Frau lebten dort.
Als Christophe den Brief gelesen hatte, hob er die Augen. »Dein Vater hat deine Mutter sehr geliebt.« Er faltete das Papier zusammen und steckte es in den Umschlag zurück. »Ich wünschte, ich hätte ihn besser gekannt. Ich war ein Kind, als er auf das Schloss kam, und er blieb nicht lange dort.«
Sie schaute ihn unverwandt an. »Was sollen wir jetzt tun?«
Er rückte näher und berührte ihr Gesicht. »Wir müssen unserer Großmutter den Brief zeigen.«
»Aber meine Eltern sind tot, und die Gräfin lebt. Ich habe sie sehr gern und möchte sie nicht verletzen.«
Er beugte sich nieder und küsste ihre seidigen Wimpern. »Shirley, ich liebe dich aus vielen Gründen, und nun ist noch einer hinzugekommen.« Er schob ihren Kopf zurück, so dass ihre Blicke sich wieder trafen. »Hör mir bitte gut zu, mein Liebling, und vertrau mir. Großmutter muss diesen Brief unbedingt lesen, allein schon um ihres Seelenfriedens willen. Sie glaubt, dass ihre Tochter sie verriet und bestahl. Fünfundzwanzig Jahre lang hat sie mit diesem Gedanken gelebt. Diese Zeilen werden sie davon erlösen.
Den Worten deines Vaters wird sie entnehmen, wie sehr Gabrielle sie geliebt hat. Ebenso wichtig ist, dass sie die Zuneigung deines Vaters für ihre Tochter erkennt. Er war ein ehrenhafter Mann, doch er musste sich mit der Tatsache abfinden, dass die Mutter seiner Frau ihn für einen Dieb hielt. Jetzt ist es an der Zeit, dass alle diese unguten Gedanken ausgelöscht werden.«
»Einverstanden«, stimmte sie zu. »Wenn du dieser Ansicht bist, dann sollten wir es tun.«
Er lächelte, umfasste ihre Hände und führte sie an die Lippen, ehe er ihr aufhalf. »Sag mir, liebe Cousine«, spöttelte er leise, »wirst du immer tun, was ich dir sage?«
»Nein.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Ganz bestimmt nicht.«
»Ah, das habe ich mir
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