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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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hartnäckigen Verbrecher Gnade auszuwürken. Heilige Mutter! sagte der Mönch, würden Ihre Hoheit einem Vater das Leben seines einzigen, seines lange verlohrnen Sohnes abschlagen? Treten Sie mich mit Füssen, gnädiger Herr, verachten Sie mich, verschmähen Sie mich, nehmen Sie mein Leben für das seinige, nur verschonen Sie meinen Sohn. Können Sie also fühlen, fragte Manfred, wie es thut, wenn man seinen einzigen Sohn verliert? Noch vor einer Stunde predigten Sie mir vor, dem meinigen zu entsagen. Mein Haus darf untergehn, wenn es dem Schicksal so gefällt, aber das Gräfliche Falconara – Ach, gnädiger Herr! antwortete Geronimo, ich gestehe, ich habe Ihre Hoheit beleidigt; aber erschweren Sie nicht die Leiden eines alten Mannes. Ich rühme mich meines Geschlechtes nicht, über solche Eitelkeiten bin ich hinaus, aber die Natur spricht in mir, für diesen Jüngling. Für ihn spricht das Gedächtniß des theuren Weibes, das ihn gebahr – sage mir Theodor, lebt sie noch? Ihre Seele ist lange bey den Auserwählten, erwiederte Theodor. O wie ist sie gestorben? rief Geronimo, erzähle mir – aber nein! sie ist wohl daran, und du bist in Lebensgefahr. – Gnädiger Herr, mein gebietender Fürst, wollen mir, wollen mir Ihre Hoheit das Leben meines armen Jungen schenken? Gehn Sie in Ihr Kloster, antwortete Manfred, führen Sie mir die Prinzessin zu, befolgen Sie den andern Auftrag, den ich Ihnen gab, und ich verspreche Ihnen das Leben Ihres Sohnes. O! gnädiger Herr, sprach Geronimo, soll ich meine Rechtschaffenheit ihm zum Lösegeld weggeben? Mir zum Lösegeld! rief Theodor. Lassen Sie mich tausendmal sterben, ehe Sie Ihr Gewissen beflecken? Was verlangt der Tyrann? Ist die Prinzessin noch vor ihm bewahrt? Schützen Sie die mein Vater, und das ganze Gewicht seines Zorns treffe mich! Geronimo versuchte, der Heftigkeit des Jünglings einzuhalten, und ehe Manfred etwas erwiedern konnte, hörte man Rosse stampfen, und eine eherne Drommete, die ausserhalb des Schloßthores hing, ertönte zugleich. In dem nemlichen Augenblick bewegten sich die schwarzen Federn des bezauberten Helms, der immer noch am andern Ende des Hofes lag, wie im Sturm, und nickten dreymal, als habe sie ein unsichtbarer Träger erschüttert.

Dritter Abschnitt
    Bange Ahndungen durchschauerten Manfreds Seele, als er den Federbusch der wundersamen Sturmhaube, bey dem Schall der ehernen Drommete erbeben sah. Vater, sprach er zu Geronimo, den er nicht länger als Grafen Falconara behandelte, was bedeuten diese Schreckenszeichen? Hab' ich gesündigt – Die Federn bewegten sich heftiger als zuvor. Ich bin verloren! rief Manfred. Ehrwürdiger Vater, unterstützen Sie mich mit Ihrem Gebet. Gnädiger Herr, antwortete Geronimo, der Himmel ist ohne Zweifel aufgebracht, daß Sie seiner Diener spotten. Unterwerfen Sie sich der Kirche, und hören Sie auf, ihre Gesandten zu verfolgen. Entlassen Sie diesen unschuldigen Jüngling. Lernen Sie meinen heiligen Stand achten. Sie sehn, der Himmel läßt nicht mit sich scherzen. Ich erkenne meine Uebereilung, sprach Manfred. Vater, gehn Sie an das Pförtchen, und fragen Sie, wer vor dem Thor ist. Versprechen Sie mir Theodors Leben? versetzte der Mönch. Ich versprech' es, antwortete Manfred, aber fragen Sie, wer draußen ist? Geronimo fiel um den Hals seines Sohnes, eine Thränenflut entströmte der Fülle seines Herzens. Sie versprachen mir an das Thor zu gehn, sagte Manfred. Ich dachte, erwiederte der Mönch, Ihre Hoheit würden mir verzeihen, daß ich Ihnen zuvor, durch den Zoll meines Herzens, dankte. Gehn Sie, theurer Vater, sagte Theodor, gehorchen Sie dem Fürsten. Ich verdiene nicht, daß Sie meinentwegen sein Verlangen verzögern.
    Geronimo erhielt auf seine Frage: wer draußen sey? zur Antwort, ein Herold. Von wem? fragte er weiter. Von dem Ritter des Riesensäbels, sprach der Herold; zu dem muß ich reden, der unrechtmäßig Otranto besitzt. Geronimo kam zu dem Fürsten zurück, und unterließ nicht, ihm die Bothschaft in den Ausdrücken, wie er sie empfangen hatte, auszurichten. Die ersten Worte fielen Manfred fürchterlich auf, aber der Vorwurf des unrechtmässigen Besitzes, fachte seine Wuth wieder an, und belebte seinen Muth aufs neue. Unrechtmäßig! rief er – wer ist der Unverschämte, der meine Rechte anfechten darf? Gehn Sie Vater, dies ist keine Mönchsarbeit, ich selbst will mich dem Uebermüthigen entgegen stellen. Gehn Sie in Ihr Kloster, und bereiten sich, mir die Prinzessin zurück zu schicken.

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