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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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er – er sprach nicht mehr so deutlich wie früher, er hatte fast zu deutlich gesprochen – daß er nur noch sehr wenig Geld gebraucht hätte, morgen oder heute schon hätte er alles erfahren und nun sei alles vergebens gewesen, nur am Geld sei es gescheitert u. s. f., aber der Ton in dem er es sagte, zeigte, daß er das alles nicht glaubte. Auch hatte er gleich, unvermittelt, neue Pläne. Da es ihm nicht gelungen war, die Schuld nachzuweisen und er infolgedessen auch weiter im amtlichen Wege nichts erreichen konnte, mußte er sich ausschließlich aufs Bitten verlegen und die Beamten persönlich angehn. Es gab unter ihnen gewiß auch solche mit gutem mitleidigen Herzen, dem sie zwar im Amt nicht nachgeben durften, wohl aber außerhalb des Amtes, wenn man zu gelegener Stunde sie überraschte.«
    Hier unterbrach K., der bisher ganz versunken Olga zugehört hatte, die Erzählung mit der Frage: »Und Du hältst das nicht für richtig?« Zwar mußte ihm die weitere Erzählung darauf Antwort geben, aber er wollte es gleich wissen.
    »Nein«, sagte Olga, »von Mitleid oder dergleichen kann gar nicht die Rede sein. So jung und unerfahren wir auch waren, das wußten wir und auch der Vater wußte es natürlich, aber er hatte es vergessen, dieses wie das Allermeiste. Er hatte sich den Plan zurechtgelegt, in der Nähe des Schlosses auf der Landstraße, dort wo die Wagen der Beamten vorüberfuhren, sich aufzustellen und wenn es irgendwie ging seine Bitte um Verzeihung vorzubringen. Aufrichtig gesagt, ein Plan ohne allen Verstand, selbst wenn das Unmögliche geschehen wäre und die Bitte wirklich bis zum Ohr eines Beamten gekommen wäre. Kann denn ein einzelner Beamter verzeihen? Das könnte doch höchstens Sache der Gesamtbehörde sein, aber selbst diese kann wahrscheinlich nicht verzeihen, sondern nur richten. Aber kann denn überhaupt ein Beamter, selbst wenn er aussteigen und mit der Sache sich befassen wollte, nach dem, was der Vater, der arme, müde, gealterte Mann ihm vormummelt, sich ein Bild von der Sache machen? Die Beamten sind sehr gebildet, aber doch nur einseitig, in seinem Fach durchschaut ein Beamter auf ein Wort hin gleich ganze Gedankenreihen, aber Dinge aus einer andern Abteilung kann man ihm stundenlang erklären, er wird vielleicht höflich nicken aber kein Wort verstehn. Das ist ja alles selbstverständlich, man suche doch nur selbst die kleinen amtlichen Angelegenheiten, die einen selbst betreffen, winziges Zeug, das ein Beamter mit einem Achselzucken erledigt, man suche nur dieses bis auf den Grund zu verstehn und man wird ein ganzes Leben zu tun haben und nicht zum Ende kommen. Aber wenn der Vater an einen zuständigen Beamten geraten wäre, so kann doch dieser ohne Vorakten nichts erledigen und insbesondere nicht auf der Landstraße, er kann eben nicht verzeihen, sondern nur amtlich erledigen und zu diesem Zweck wieder nur auf den Amtsweg verweisen, aber auf diesem etwas zu erreichen, war ja dem Vater schon völlig mißlungen. Wie weit mußte es schon mit dem Vater gekommen sein, daß er mit diesem neuen Plan irgendwie durchdringen wollte. Wenn irgendeine Möglichkeit solcher Art auch nur im Entferntesten bestünde, müßte es ja dort auf der Landstraße von Bittgängern wimmeln, aber da es sich hier um eine Unmöglichkeit handelt, welche einem schon die elementarste Schulbildung einprägt, ist es dort völlig leer. Vielleicht bestärkte auch das den Vater in seiner Hoffnung, er nährte sie von überallher. Es war hier auch sehr nötig, ein gesunder Verstand mußte sich ja gar nicht in jene großen Überlegungen einlassen, er mußte schon im Äußerlichsten die Unmöglichkeit klar erkennen. Wenn die Beamten ins Dorf fahren oder zurück ins Schloß, so sind das doch keine Lustfahrten, im Dorf und Schloß wartet Arbeit auf sie, daher fahren sie im schärfsten Tempo. Es fällt ihnen auch nicht ein, aus dem Wagenfenster zu schauen und draußen Gesuchsteller zu suchen, sondern die Wagen sind vollgepackt von Akten, welche die Beamten studieren.«
    »Ich habe aber«, sagte K., »das Innere eines Beamtenschlittens gesehn, in welchem keine Akten waren.« In der Erzählung Olgas eröffnete sich ihm eine so große fast unglaubwürdige Welt, daß er es sich nicht versagen konnte mit seinem kleinen Erlebnis an sie zu rühren, um sich ebenso von ihrem Dasein, als auch von dem eigenen deutlicher zu überzeugen.
    »Das ist möglich«, sagte Olga, »dann ist es aber noch schlimmer, dann hat der Beamte so wichtige

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