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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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ihm nur verziehen würde. Aber was solle ihm denn verziehen werden? antwortete man ihm, eine Anzeige sei bisher nicht eingelaufen, wenigstens stehe sie noch nicht in den Protokollen, zumindest nicht in den der advokatorischen Öffentlichkeit zugänglichen Protokollen, infolgedessen sei auch, soweit es sich feststellen lasse, weder etwas gegen ihn unternommen worden, noch sei etwas im Zuge. Könne er vielleicht eine amtliche Verfügung nennen, die gegen ihn erlassen worden sei? Das konnte der Vater nicht. Oder habe ein Eingriff eines amtlichen Organes stattgefunden? Davon wußte der Vater nicht. Nun also wenn er nichts wisse und wenn nichts geschehen sei, was wolle er denn? Was könne ihm verziehen werden? Höchstens daß er jetzt zwecklos die Ämter belästige, aber gerade dieses sei unverzeihlich. Der Vater ließ nicht ab, er war damals noch immer sehr kräftig und der aufgezwungene Müßiggang gab ihm reichlich Zeit. ‚Ich werde Amalia die Ehre zurückgewinnen, es wird nicht mehr lange dauern›, sagte er zu Barnabas und mir einigemal während des Tages, aber nur sehr leise, denn Amalia durfte es nicht hören; trotzdem war es nur Amalias wegen gesagt, denn in Wirklichkeit dachte er gar nicht an das Zurückgewinnen der Ehre, sondern nur an Verzeihung. Aber um Verzeihung zu bekommen, mußte er erst die Schuld feststellen und die wurde ihm ja in den Ämtern abgeleugnet. Er verfiel auf den Gedanken – und dies zeigte daß er doch schon geistig geschwächt war – man verheimliche ihm die Schuld weil er nicht genug zahle; er zahlte bisher nämlich immer nur die festgesetzen Gebüren, die wenigstens für unsere Verhältnisse hoch genug waren. Er glaubte aber jetzt, er müsse mehr zahlen, was gewiß unrichtig war, denn bei unsern Ämtern nimmt man zwar der Einfachheit halber, um unnötige Reden zu vermeiden, Bestechungen an, aber erreichen kann man dadurch nichts. War es aber die Hoffnung des Vaters, wollten wir ihn darin nicht stören. Wir verkauften was wir noch hatten – es war fast nur noch Unentbehrliches – um dem Vater die Mittel für seine Nachforschungen zu verschaffen und lange Zeit hatten wir jeden Morgen die Genugtuung, daß der Vater, wenn er morgens sich auf den Weg machte, immer wenigstens mit einigen Münzen in der Tasche klimpern konnte. Wir freilich hungerten den Tag über, während das einzige was wir weiterhin durch die Geldbeschaffung bewirkten, war, daß der Vater in einer gewissen Hoffnungsfreudigkeit erhalten wurde. Dieses aber war kaum ein Vorteil. Er plagte sich auf seinen Gängen und was ohne das Geld sehr bald das verdiente Ende genommen hätte, zog sich so in die Länge. Da man für die Überzahlungen in Wirklichkeit nichts Außerordentliches leisten konnte, versuchte manchmal ein Schreiber wenigstens scheinbar etwas zu leisten, versprach Nachforschungen, deutete an daß man gewisse Spuren schon gefunden hatte, die man nicht aus Pflicht, sondern nur dem Vater zuliebe verfolgen werde, – der Vater statt zweifelnder zu werden, wurde immer gläubiger. Er kam mit einer solchen deutlich sinnlosen Versprechung zurück, so als bringe er schon wieder den vollen Segen ins Haus und es war qualvoll anzusehn, wie er immer hinter Amalias Rücken mit verzerrtem Lächeln und groß aufgerissenen Augen auf Amalia hindeutend uns zu verstehen geben wollte, wie die Errettung Amalias, die niemanden mehr als sie selbst überraschen werde, infolge seiner Bemühungen ganz nahe bevorstehe, aber alles sei noch Geheimnis und wir sollten es streng hüten. So wäre es gewiß noch sehr lange weitergegangen, wenn wir schließlich nicht vollständig außerstande gewesen wären, dem Vater das Geld noch zu liefern. Zwar war inzwischen Barnabas von Brunswick als Gehilfe nach vielen Bitten aufgenommen worden, allerdings nur in der Weise daß er abend im Dunkel die Aufträge abholte und wieder im Dunkel die Arbeit zurückbrachte – es ist zuzugeben, daß Brunswick hier eine gewisse Gefahr für sein Geschäft unseretwegen auf sich nahm, aber dafür zahlte er ja dem Barnabas sehr wenig und die Arbeit des Barnabas ist fehlerlos – doch genügte der Lohn knapp nur, um uns vor völligem Hungern zu bewahren. Mit großer Schonung und nach viel Vorbereitungen kündigten wir dem Vater die Einstellung unserer Geldunterstützungen an, aber er nahm es sehr ruhig auf. Mit dem Verstand war er nicht mehr fähig, das Aussichtslose seiner Interventionen einzusehn, aber müde war er der fortwährenden Enttäuschungen doch. Zwar sagte

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