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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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Verständnis bedeutet hätten, und unterzeichnete den Brief »Mit Dank und Hochachtung«, was nicht annähernd ausdrückte, was sie empfand. In Wirklichkeit war sie die Stunden mit ihm im Wohnzimmer der Lindquists im Geist immer wieder durchgegangen und hatte sich ein zufälliges Wiedersehen in Wichita ausgemalt. So groß war die Stadt nun auch wieder nicht – bestimmt würden sie einander irgendwann über den Weg laufen. Und vielleicht war er tatsächlich noch nicht verheiratet. Aber in ihren nüchterneren Augenblicken, die häufiger waren als ihre Tagträume, war ihr bewusst, dass diese Wünsche reine Fantasie waren und vermutlich nie in Erfüllung gehen würden. Falls sie ihm in Wichita je begegnete, konnte sie froh sein, wenn er sich noch an ihren Namen erinnerte. Sie hatten in vieler Hinsicht nicht dasselbe Niveau. Er hatte ihr nur geholfen, weil er nett war.
    Doch eine Woche nachdem sie den Brief abgeschickt hatte, stand er wieder vor der Tür der Lindquists, diesmal mit einem Strauß roter Nelken und unverkennbar nervös.
    Dass er Cora den Hof machte, erschien Mrs. Lindquist völlig logisch – ja, sagte sie, er warb eindeutig um sie; sie sah einem Mann sofort an, welche Absichten er verfolgte. Und sie war auch kein bisschen überrascht – Cora war eine hübsche junge Frau, reinen Herzens und tugendhaft, und welcher Mann wünschte sich nicht genau das von einer Ehefrau? Mrs. Lindquist vermutete, dass vielen Männern, sogar reichen, weltläufigen Männern ein unverdorbenes Mädchen vom Land lieber war als eine abgebrühte Frau aus der Großstadt. Die gesetzliche Situation hatte Mr. Carlisle eben Gelegenheit gegeben, sie kennzulernen. Zugegeben, er war älter und gebildeter, aber war das bei Mann und Frau nicht oft der Fall? Er schien sich nicht für etwas Besseres zu halten. Er war genauso verliebt wie sie. Das konnte jeder mit eigenen Augen sehen.
    Auch Cora konnte es sehen. Alan – sie nannte ihn jetzt Alan – strahlte bei ihrem Anblick. Ständig wollte er mit ihr zusammen sein, dieser gut aussehende, rücksichtsvolle Mann. Es verstörte sie, dieses Schwindelgefühl, diese Aufregung, dieses Prickeln, wenn sie seine Hand auf ihrem Arm spürte, so kurz nach dem Leid des vergangenen Herbsts und Winters. Mrs. Lindquist sagte, sie brauche sich nicht schuldig zu fühlen. Die Kaufmanns würden sich freuen. Sie würden finden, dass sie dieses Glück verdient hatte.
    »Und ich habe für dich ein paar Erkundigungen eingeholt«, fügte sie mit gesenkter Stimme hinzu, obwohl Mr. Lindquist draußen nach den Schweinen sah und Cora und sie allein im Haus waren. »Seine Familie ist sehr angesehen. Ich habe Verwandte in Wichita, und sie haben einmal mit seiner Mutter gesprochen. Sie haben gesagt, dass man gleich merkt, wie gebildet sie ist, weil sie so schön spricht.«
    Am nächsten Tag ging Cora zum Schulhaus und bat ihre Lehrerin um irgendein Buch, das ihr helfen könnte, ihre Grammatik zu verbessern. Die Lehrerin meinte, dass sie jetzt schon gut sprach, besser als die meisten anderen Schüler, aber Cora ließ nicht locker, und schließlich lieh ihr die Lehrerin Lessons in Language von Horace Sumner Tarbell. Im Vorwort wurde versichert, dass Selbstvertrauen bei jeder Fähigkeit der Schlüssel zum Erfolg war und regelmäßiges Lernen zu Selbstvertrauen verhalf, aber die darauffolgenden Warnungen beunruhigten sie (Vorsicht: Niemals nich statt nicht sagen! Vorsicht: Niemals isses statt ist es sagen!). Am Abend, als die Lindquists zu Bett gegangen waren, blieb sie noch lange mit dem Buch auf, um bei Kerzenlicht die Übereinstimmung von Subjekt und Verb und den richtigen Gebrauch von Adverbien und Fehler beim getrennten Infinitiv durchzugehen. Einige der Regeln kannte sie aus der Schule, aber nicht alle. Sie machte sämtliche Übungen. Sie lernte, wann man »liegen«, wann »legen« sagte, »mich« oder »mir« und niemals »ungeachtet« zu sagen, und da ihr eine korrekte Sprache am meisten am Herzen lag, nahm sie auch die Lektionen über Zeichensetzung und Groß- und Kleinschreibung und richtige Anreden durch, nur für den Fall, dass sie Alans gebildeter Mutter vielleicht einmal schreiben musste.
    Als Alan sie zum ersten Mal zum Abendessen in sein Elternhaus in Wichita mitnahm, das wunderschön und modern war, mit einer Innentoilette, in der sich ein Klosett mit Wasserspülung befand, war sie nervös. Sie war davon überzeugt, dass seine Familie von ihrer Jugend und ihrem unscheinbaren Äußeren enttäuscht sein würde,

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