Das schmutzige Spiel Kommissar
weiter mit dem Bleistift und vermied es sich zu äußern. „Mit dem Messer war es ein bißchen schwieriger. Es ist im englischen Handel nicht erhältlich. Vermutlich war das Messer — eine japanische Produktion — nie für den Export bestimmt. Wir haben an die Firma geschrieben. Eine Antwort steht noch aus. Nun könnte man annehmen daß der Messerbesitzer ein Ausländer gewesen sei... meinetwegen ein Japaner. Aber dem muß man entgegenhalten, daß er einen Mantel englischer Herkunft trug. Diese Trenchcoats wurden kaum ausgeführt. Wir dürfen also vermuten, daß der Täter das Messer von einem Seemann gekauft hat, oder
daß er es stahl. Als wir zu diesem Schluß gelangten, gingen wir dazu über, die in London der Polizei bekannten Messerstecher unter die Lupe zu nehmen... vor allem jene, die in Matrosenkreisen verkehren. Sie kennen ja die Typen. Zumeist handelt es sich um Leute, die mit Opium oder Mariuhana ihr Dasein fristen. Nun, die wenigen, die für den Mord in Frage kamen, hatten ein einwandfreies Alibi. Auch hier kamen wir also nicht weiter."
Morry nickte und legte den Bleistift beiseite. Statt dessen nahm er eine hellgrüne Glaskugel in die Hand, die an einer Seite abgeplattet war und als Briefbeschwerer diente. Er betrachtete sie nachdenklich, als wäre sie der Stein der Weisen... und schwieg.
Allyson hätte sich gern ein Taschentuch aus der Hose gezogen, um die schweißfeuchte Stirn zu trocknen, aber er wagte es nicht, weil er befürchtete, mit dieser Geste seine dummen Aengste allzu deutlich zu demonstrieren.
„Es ist heiß hier", sagte er, um die Schweißperlen auf seinem Gesicht zu erklären.
„Wir können das Fenster öffnen" meinte Morry höflich und stand auf um den Vorschlag in die Tat umzusetzen .
Allyson ließ leise die Luft ab. Es wäre ihm lieber gewesen, daß sich Morrys erste zusammenhängende Äußerung auf den Fall Raynes bezogen hätte.
Morry nahm wieder am Schreibtisch Platz. „So ist es besser hoffe ich?"
„Viel besser. Herzlichen Dank!" erwiderte Allyson und räusperte sich. „Dann", fuhr er fort, „nahmen wir Raynes unter die Lupe. Sie haben vermutlich die Akte gelesen und wissen, daß er ein recht eigenartiges Leben führte. Sein Vater stürzte nachts, offensichtlich unter Einfluß von Alkohol, aus einem Hotelzimmer im achten Stockwerk auf die Straße. Er war sofort tot."
„Ich erinnere mich daran", warf Morry plötzlich ein. „Ich hörte ziemlich spät davon, denn ich hatte in jenen Tagen dienstlich in Liverpool zu tun. Als ich zurück kam, waren der Totenschein und die anderen Unterlagen bereits ausgefertigt. Der Fall schien sonnenklar. Man hatte bei Raynes einen Alkoholgehalt von 2,3 promille festgestellt und nahm als sicher an, daß der so stark angetrunkene Mann die Kontrolle über sich selbst verloren hatte und über die Fensterbrüstung auf die Straße gestürzt war."
„So ist es", bestätigte Allyson, froh darüber, daß der Kommissar sich endlich dazu aufgerafft hatte, ein paar Worte zu äußern, die mit dem Fall in Zusammenhang standen.
„Die Sache betraf nicht mein Aufgabenbereich", fuhr Morry fort, „aber ich hatte schon damals gewisse Zweifel an der Richtigkeit der Unfallthese."
„Warum?" entschlüpfte es dem Inspektor.
„Es ist immer verdächtig, wenn ein Mann aus dem achten Stockwerk eines Hotels stürzt", „ganz besonders dann, wenn er ein Dollarmillionär ist."
„Das stimmt", sagte Allyson unsicher.
„Ich wies also den zuständigen Sachbearbeiter an, den Fall nochmals zu überprüfen. Wissen Sie, was er dabei entdeckte?"
„Nun?"
„Der alte Raynes war ein Mann, der nur selten einen Tropfen Alkohol anrührte."
„Erstaunlich! Vielleicht wollte er an jenem Abend irgend einen Kummer ertränken..."
„Ohne Zweifel", bestätigte Morry. „Er hatte sich über jemand geärgert und trank, um damit fertig zu, werden. In dem Zustand der Volltrunkenheit stürzte er aus dem Fenster . . . das war die Quintessenz des zweiten Berichtes."
„Hm", machte Allyson nachdenklich. Er wußte nicht recht, warum der Kommissar den Fall überhaupt erwähnte. Was hatte die Geschichte mit dem ermordeten Raynes junior zu tun?
„Es ist unmöglich, daß ich mich persönlich mit jedem Fall auseinandersetze", meinte der Kommissar ruhig. „Als der Sachbearbeiter sich unfähig zeigte, mir mehr Material über den Fall zukommen zu lassen, mußte ich wohl oder übel resignieren. Aber jetzt glaube ich zu wissen, wer den Kummer des alten Raynes verursachte. Ich
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