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Das Schneemädchen (German Edition)

Das Schneemädchen (German Edition)

Titel: Das Schneemädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eowyn Ivey
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Bullen gehalten.» Der Junge feixte, hatte Jack doch beileibe nicht die Statur eines Elches.
    Esther sah Mabels Unbehagen, deutete es aber falsch.
    «Keine Sorge, meine Liebe. Ihr werdet euch an Elchfleisch gewöhnen. Es kann in dieser Jahreszeit ein bisschen zäh sein und stark nach Wild schmecken, aber es macht satt.»
    Mabel lächelte matt.

    Als Jack und Mabel aufbrechen wollten, versuchten die Bensons, sie zum Übernachten zu überreden, doch Jack sagte, sie müssten nach Hause, die Tiere versorgen, und Mabel sagte danke, aber sie schlafe besser in ihrem eigenen Bett.
    «Es ist heute Nacht kalt draußen», sagte Esther, die Mabel in den Mantel half.
    «Wir werden es überstehen. Aber vielen Dank.»
    Esther steckte Mabel ein Einmachglas in den Mantel, knöpfte ihn ihr zu, als sei sie ein Kind, und strich den Kragen glatt.
    «Halt den Sauerteigansatz auf dem Nachhauseweg warm, sonst geht er kaputt. Und denk dran, ab und zu ein bisschen Mehl zugeben.»
    Mabel drückte das Glas an sich und bedankte sich noch einmal.
    Es war klar und windig. Der Mond erhellte die Furchen des Weges und färbte Land und Bäume blau. Als sie abfuhren, drehte Mabel sich zu den erleuchteten Fenstern der Bensons um, dann vergrub sie das Gesicht in ihrem Schal. Jack räusperte sich. Mabel erwartete, dass er etwas zu seinem Plan sagen würde, ins Bergwerk zu gehen. In ihrem Zorn war sie bereit, ihm offen die Meinung zu sagen.
    «Tolle Familie, was?», sagte er.
    Sie antwortete nicht gleich.
    «Ja», sagte sie schließlich, «wirklich.»
    «Esther kann dich gut leiden. Worüber habt ihr zwei euch denn so unterhalten?»
    «Oh … alles Mögliche.»
    Mabel schwieg, dann sagte sie: «Sie hat gefragt, warum wir keine Kinder haben.»
    «Und?»
    «Sie meint, wir können jederzeit ihre Jungen haben.»
    Jack kicherte, und Mabel lächelte unwillkürlich in ihren Schal hinein.

Kapitel 4
    Am folgenden Abend kam mit der Dämmerung der Schnee. Die ersten Flocken pappten zusammen, als sie auf die Erde wirbelten. Zuerst waren es nur einzelne hier und da, doch dann füllte sich die Luft mit Schneefall, den das Licht aus den Fenstern in verträumten Wirbeln einfing. Er rief Mabel in Erinnerung, wie es gewesen war, als kleines Mädchen auf einem Sofa am Fenster zu knien und zuzusehen, wie die ersten Schneeflocken des Winters langsam vor den Straßenlaternen herabrieselten.
    Als sie später wieder ans Küchenfenster trat, sah sie Jack aus dem Wald kommen und durch den Schnee stapfen. Seine Jagd war erfolglos gewesen, das erkannte sie an seinem gesenkten Kopf und dem schlurfenden Gang.
    Mabel wandte sich wieder dem Abendessen zu. Sie zog die Kattunvorhänge vor den Küchenregalen zurück und nahm zwei Teller heraus. Legte die Tischdecke auf. Sie dachte an das vollgestopfte Haus der Bensons und lächelte in sich hinein. Esther in ihrer Männer-Arbeitshose – wie selbstsicher sie in die Küche getreten war und den toten Truthahn auf die Anrichte geworfen hatte. Mabel war noch nie einer Frau wie ihr begegnet. Sie zog sich nicht leise zurück, stellte sich nicht hilflos, hüllte ihre Ansichten nicht in einen Mantel von Artigkeiten.
    Am Abend zuvor hatte George die Geschichte erzählt, wie Esther vor einigen Sommern einmal einen riesengroßen Grizzlybären erlegt hatte. Sie war allein zu Hause gewesen, als sie ein lautes Klopfen hörte. Sie sah aus der Tür und erblickte einen Bären, der in den Stall gelangen wollte. Der Grizzly stand auf den Hinterbeinen und schlug mit seinen schweren Tatzen wieder und wieder an das Holztor. Dann ließ er sich auf alle viere nieder, tappte hin und her, legte die Schnauze an die Balken und schnupperte. Mabel wäre zu Tode erschrocken, nicht aber Esther. Sie kochte vor Wut. Kein Bär sollte sich an ihre Kühe wagen. Sie ging leise ins Haus, holte ein Gewehr, trat wieder in den Hof und erschoss den Bären kurzerhand. Mabel konnte es genau vor sich sehen – wie Esther im Schmutz stand, die Beine ein wenig gespreizt, und ruhig zielte. Zögern oder sich mit Schicklichkeit belasten, das war ihre Sache nicht.
    Mabel war wieder am Fenster. Der Schnee fiel schneller und dichter. Während sie zusah, kam Jack mit einer Laterne in der Hand aus dem Stall, und Schnee umwirbelte ihn in ihrem Lichtkreis. Er wandte den Kopf, als spürte er Mabels Blick, und die beiden sahen sich aus der Entfernung an, ein jeder in seinem eigenen Lichtschein, zwischen sich den Schnee wie einen herabsinkenden Schleier. Mabel konnte sich nicht erinnern, wann sie

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