Das schoenste Geschenk
zurück.
»Entschuldigen Sie bitte.« Etwas verträumt lächelte Sharon die Dame an, was dieser jedoch entging. »Ist das nicht ein ganz besonders schönes Stück? Ich habe den Sitz gerade neu flechten lassen.«
»Ich wäre an dem Stuhl interessiert, aber der Preis …«
Sharon merkte sofort, dass die Frau mit ihr handeln wollte. Seufzend ließ sie sich darauf ein.
Erst am frühen Nachmittag wurde es im Laden etwas ruhiger. Sharon hatte zwar keine großen Summen eingenommen, aber doch genug verdient, um fürs Erste ihre Geldsorgen ein wenig vergessen zu können. Und mehr verlangte sie im Moment ja gar nicht. Von ihrem Privatleben jedoch erwartete Sharon sehr viel mehr. Und sie war entschlossen, dafür zu sorgen, dass sich diese Erwartungen so schnell wie möglich erfüllten.
Sie wollte Victor heiraten. Es wurde langsam Zeit, dass sie ihn davon in Kenntnis setzte. Bestimmt schämte er sich seiner Arbeitslosigkeit und war zu stolz, ihr einen Antrag zu machen. Doch sie würde ihn dazu bringen, die Dinge anders zu sehen. Noch heute würde sie dem Mann, den sie liebte, einen Heiratsantrag machen. Und mit einem Nein würde sie sich nicht zufriedengeben.
»Pat, kannst du eine Weile den Laden übernehmen? Ich werde in etwa einer Stunde zurück sein.«
Pat blickte von dem Tisch auf, den sie gerade polierte. »Sicher. Im Moment ist sowieso nicht viel los. Gehst du auf eine Auktion?«
»Nein«, erklärte Sharon vergnügt. »Ich gehe zu einem Picknick.« Eilig lief sie die Treppen zum Obergeschoss hinauf, während Pat ihr verdutzt nachschaute.
In knapp zehn Minuten hatte sie ihren Picknick-Korb gefüllt. Der teure Wein passte zwar nicht so recht zu den Brötchen mit Erdnussbutter, aber das störte sie wenig. Während sie durch die Hintertür das Haus verließ, stellte sie sich bereits vor, wie sie in Victors Wohnzimmer vor dem Kaminfeuer das karierte Tischtuch ausbreiten würde.
Genau der richtige Tag für ein Picknick, dachte sie belustigt, als sie mit den Stiefeln im Schneematsch versank. Fröhlich schwang sie ihren Picknick-Korb. Kein Lüftchen bewegte sich. Mit lautem Platschen tropfte das Schmelzwasser vom Dach. Der Bach führte Hochwasser. Gurgelnd und zischend bahnte er sich seinen Weg durch dünne Eisschollen.
Sharon blieb einen Moment stehen, um den Geräuschen des Winters zu lauschen. Das Hochgefühl, das sie schon den ganzen Tag empfunden hatte, steigerte sich. Wie schön dieser Tag war! Der Himmel strahlte in einem kalten klaren Blau, auf den Berggipfeln ringsum lag dicker Schnee, und die kahlen Bäume waren von einer glitzernden Eisschicht überzogen.
Ein Auto näherte sich. Sharon schaute sich um. Ihr Glücksgefühl und ihre Hochstimmung schwanden. Sie glaubte, der Hals schnürte sich ihr zu, während sie beobachtete, wie Anne in ihre Einfahrt einbog. Anmutig schritt Anne in ihren teuren Stiefeln durch den Schneematsch. Mit selbstgefälligem Lächeln ging sie auf ihre Tochter zu. Obwohl Sharon stocksteif dastand, begrüßte ihre Mutter sie mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange. Ohne ein Wort zu sagen, stellte Sharon ihren Picknick-Korb auf die unterste Verandastufe.
»Darling, ich musste noch einmal vorbeikommen, bevor ich wieder abreise«, sagte Anne überschwänglich.
»Fliegst du nach Kalifornien zurück?«, fragte Sharon.
»Ja, natürlich. Man hat mir eine fantastische Rolle angeboten. Ich werde wahrscheinlich wochenlang mit Dreharbeiten beschäftigt sein.« Sie zuckte die Schultern. »Aber deshalb bin ich nicht hergekommen.«
Erstaunt beobachtete Sharon ihre Mutter. Es war, als hätte jene hässliche Szene zwischen ihnen nie stattgefunden. Der Vorfall war ihr völlig egal. »Warum bist du hergekommen, Anne?«, fragte sie kühl.
»Um dir zu gratulieren.«
»Mir gratulieren?« Verwundert hob Sharon die Brauen.
»Ich muss zugeben, ich habe dich unterschätzt, Sharon. Aber ich bin angenehm überrascht«, erklärte Anne.
Sharon seufzte ungeduldig. »Willst du mir nicht endlich verraten, worum es geht, Anne? Ich habe es eilig.«
»Oh, du musst doch nicht gleich so gereizt reagieren«, meinte Anne beschwichtigend. »Ich freue mich wirklich für dich. Es war ziemlich clever, dir einen solchen Mann auszusuchen.«
Sharon sah sie irritiert an. »Wie bitte?«, fragte sie verärgert.
»Ich spreche von Victor Banning.« Sie schenkte ihrer Tochter ein anerkennendes Lächeln. »Was für ein Fang!«
»Komisch. Ich habe es nie so gesehen.« Sharon bückte sich, um ihren Picknick-Korb
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