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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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räudiger
Wachhund, der sich schlafend stellt. Diego nimmt meine Hand, er hebt sie auf
wie einen im Schnee verlorenen Handschuh.
    »Also dann …«
    Er spricht den Satz
nicht zu Ende, und ich warte. Er atmet, weißer Hauch im Frost.
    »… bist du es.«
    »Was? Was bin ich?«
    Er holt eine raue
Stimme hervor.
    »Geh nicht fort, fahr
nicht ab.«
    Er senkt den Kopf bis
in meine Hand und schließt die Augen darin. Er atmet dort unten wie das
froststarre Vögelchen vom Brunnen. Ich streiche ihm übers Haar, lasse langsam
meine Finger hineingleiten.
    »Mach weiter … Nicht
aufhören.«
    »Ich heirate in
vierzig Tagen.«
    Er schaut abrupt auf.
    »Wen? Die alte
Geschichte?«
    Hastig raffe ich
alles von mir auf. Ich stelle mich hin, fege mir den Schnee vom Hintern, sage,
dass man hier ja festfriert, dass ich fertig packen muss. Ich verpasse Gojko
einen leichten Tritt: »Na komm schon, Walter!«
    Wir kehren ins Hotel
zurück, und es ist wie ein langsames Zu-Tal-Wälzen, still und unharmonisch. Wir
reden nicht mehr, und das ist gut so. Wir sind zu viel gelaufen, sind müde. Der
dünne, geblendete Junge, der neben mir geht, gefällt mir nicht mehr, er hat
eine finstere Verliererlaune aus der Nacht geholt, der von Gojko sehr ähnlich.
Plötzlich kann ich sie beide nicht mehr ausstehen, ich bin von bescheuerten
Männern umgeben, von dahinsiechenden Schmachtlappen. Der Morgen zieht herauf
und hüllt die Stadt ein, sich anschleichend wie eine dicke, graue Katze. Ich
bin wütend auf mich selbst, was hat mich nur dazu getrieben, nicht zu schlafen,
sondern zu trinken und dermaßen zu frieren? Ich schmiege mich an Gojkos Arm,
erhasche die Wärme seines Körpers. Er reibt mir beim Gehen den Rücken, offenbar
erfreut, mich wärmen zu dürfen. Er hat Diegos schlechte Laune bemerkt, der wie
ein Hund an eine Hauswand gepresst vor uns her läuft, er weiß, dass irgendwas
passiert sein muss, als er vor sich hin döste. Was soll’s. Jetzt ist er wieder
am Ball, er hat nichts dagegen, dass ich so wankelmütig bin. Er hebt ein Stück
Holz auf und wirft es nach ihm.
    »He, Fotograf!«
    Diego macht einen
Hopser, rutscht im Schneematsch aus und fällt hin. Gojko hat es nicht böse
gemeint, hat nicht für möglich gehalten, dass dieser Kerl so weich ist.
    »Hast du dir
wehgetan, mein Freund?«
    Diego steht auf,
klopft sich den Schnee von der Hose, sagt, er habe sich nichts getan. Er tut
mir leid, plötzlich tut er mir leid. Plötzlich denke ich, dass ich ihm wehgetan
habe.
    »Wir sehen uns am
Flughafen.«
    Leicht humpelnd geht
er weg, ohne sich umzudrehen, und grüßt mit der Hand.
    Ich brauche Gojkos
ganzes Gewicht, um den Reißverschluss des Koffers zu schließen, ich habe auf
dem Markt viel Blödsinn für mein künftiges Heim gekauft, vor allem bestickte
Tischdecken. Wir kommen am Denkmal der Ewigen Flamme vorbei. Ich werfe einen
letzten Blick auf die Allee, auf all die nagelneuen Wohnblocks, auf den
albernen kleinen Wolf mit den roten Hosen von Sarajevo 84 neben einem
Riesenbild von Tito. Der Himmel hinter dem Autofenster ist weiß. Ich habe nicht
geschlafen, mir ist schlecht, ich bitte Gojko, doch die Zigarette wegzuwerfen.
    An den
Check-in-Schaltern stehen viele Leute, die auf ihren Abflug warten,
Journalisten, Fernsehteams und Touristen. Eine Gruppe finnischer
Schlachtenbummler folgt einem Mädchen in einem goldfarbenen Anorak und einem
Minirock aus Rentierleder, es schwenkt einen aufblasbaren Schneemann.
    Nur er ist nicht da.
Ich suche ihn nicht, lasse jedoch meine Blicke kreisen, ohne den Kopf auch nur
einen Millimeter zu bewegen. Ich kaufe eine englische Boulevardzeitung. Auf der
Titelseite prangt die Frau von Prinz Charles mit ihrer zu schweren, blonden
Mähne, roten Wangen und dem ersten Sohn auf dem Schoß.
    Sein Flug geht eine
Stunde vor meinem, er müsste längst da sein. Vielleicht hat er den Wecker nicht
gehört, ist ins Bett gefallen und liegen geblieben. Er ist wahrscheinlich eine
von den Schnarchnasen, die ihre Zeit vertrödeln.
    Ich trage einen
Pullover aus Angorawolle mit einem weiten Schalkragen, einen mittellangen
Jeansrock und kamelhaarfarbene Stiefel. Dazu eine große Sonnenbrille, fest auf
dem Kopf. Ich sehe etwas älter aus, als ich bin. Nach dem Studium habe ich
angefangen, mich damenhafter zu kleiden und mir die Haare hochzustecken. Ich
öffne den obersten Knopf meiner Jacke und atme unter der Gesetztheit meiner
Brust, schlage die Beine übereinander, stelle meine Handtasche neben mich. Ich
posiere ein bisschen,

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