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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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stieg aus einem
kraftstrotzenden Geländewagen, einem alten, gut erhaltenen Modell. Er hatte
noch alle seine blonden Haare auf dem Kopf, eine mit Taschen übersäte Weste am
Leib und die Arme eines Mannes, der nie aufgehört hat, Sport zu treiben. Wir
standen uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber, da konnte ich schwerlich so tun,
als sähe ich ihn nicht. Er umarmte mich und redete mit seiner kräftigen Stimme
los, die durch die Schiffsgarage dröhnte. Er sah mich an, und zusammen mit
seinen Augen sah auch ich mich an. Ich trug ein vom langen Sitzen im Auto
zerknautschtes Top, meine Haut unter den Armen war das, was sie war, nämlich
die Haut, die ich schon oft genug im Spiegel betrachtet hatte. Ich wurde steif
und zog die Arme ein. Ich musste an meine Haare denken, an die nachgewachsenen
weißen Streifen an den Schläfen, ich war nicht beim Friseur gewesen, es hätte
sich nicht gelohnt, wir fuhren ans Meer, und ich würde ja den ganzen Tag mit
einem Strohhut auf dem Kopf herumlaufen. Mir war nicht wohl in meiner Haut, ich
war blass vom Redaktionsbüro und nicht geschminkt. Er dagegen war
braungebrannt, einer von denen, die schon im Mai im Wasser sind. Er redete,
erzählte mir von seiner Frau und seinen Kindern, drei an der Zahl, der Kleinste
noch klein. »Aber er klettert schon auf das Brett!« Er schlug oben gegen den
Kofferraum des Jeeps, wo die perfekt ineinander verkeilten Surfbretter
aufgereiht waren.
    »Wie geht’s deiner
Familie? Deinem Vater, deiner Mutter …«
    »Sie sind tot.«
    Er lächelte, nickte:
»Ja, natürlich … Jetzt sind wir die Alten.«
    Er war alles andere
als alt. Er sah besser aus als früher, die Jahre hatten ihm einen raueren
Anstrich verliehen, eine kleine Unordnung, durch die sein Gesicht, das im
Grunde das eines Einfaltspinsels war, sehr gewonnen hatte.
    Ich stellte ihm
meinen Sohn vor.
    »Er ist fünfzehn.«
    Pietro schielte zu
den Harpunen und den Taucheranzügen im Gepäck auf Fabios Jeep hinüber. Er
fragte, was das für ein Beutel mit Tülle sei, der für mich wie ein schlaffer
Dudelsack aussah. Fabio sagte, das sei eine tragbare Dusche. Sie bestehe aus
einer speziellen Thermohaut. Man fülle morgens Süßwasser ein, brauche sie nur
den Tag über in der Sonne zu lassen und könne dann abends, wenn man nach den
Tauchgängen frierend aus dem Wasser komme, direkt am Strand warm duschen.
    »Wenn man sparsam mit
dem Wasser umgeht, können bis zu vier Personen eine Dusche nehmen.«
    Eine
Dusche nehmen .
Fabios Hintern stieg vor mir die kleine Treppe hoch. Sein schwimmender
Schlüsselanhänger hing ihm aus der Tasche. Pietro sagte: »Wahnsinn, Mama. Die
langweilen sich garantiert nicht. Hast du gesehen, was die für Ferien machen
und wie die ausgerüstet sind?«
    Ich war deprimiert
und hitzegeschädigt, ich hatte Schweißflecken unter den Achseln, die mein Top
dunkel färbten, und das Geld, das Giuliano ausgeben würde, war nichts wert, der
Strand war nichts wert und das Hotel auch nicht. Giuliano konnte bestenfalls
bei Sonnenuntergang einen Angelhaken mit kläglichen Würmern bestücken. Pietro
aber wollte surfen, unter Wasser Fische jagen und einen dieser
kreuzgefährlichen Drachen am Strand steigen lassen. Liebend gern wäre er aus
unserem Auto in Fabios Jeep umgestiegen. Giuliano war schon im Selbstbedienungsrestaurant,
hatte die Plätze belegt und die Tabletts gefüllt. Er winkte mich herbei. Er war
nicht mehr wütend. Er aß und war froh. Wegen der überladenen Tabletts hatte er
Angst vor meiner Reaktion.
    »Damit wir nicht
zweimal anstehen müssen«, rechtfertigte er sich. Er steckte mir einen
Gabelbissen italienischen Salat in den Mund, »der ist ausgezeichnet«. Sein
Bauch hing ihm über den Gürtel, ich schämte mich ein bisschen. Fabio kam und
stellte uns seine Frau vor, eine Blondine, so alt wie ich, doch so sportlich
wie er. In dem tief ausgeschnittenen T-Shirt erspähte ich einen zu prallen
Vorbau.
    »Die hat sich den
Busen operieren lassen«, sagte ich an Deck zu Giuliano. Er wies auf einen in
der Nacht kaum sichtbaren Schaumspritzer.
    »Sieh mal, Delphine.«
    Er hatte mir die Hand
auf die Schulter gelegt, und ich umfasste seine Taille, seinen Speck. Wir
standen an Deck dieses Schiffes, das uns in Ferien bringen sollte, die so lala
werden würden. Mein Sohn würde dafür sorgen, dass sie uns vermasselt wurden,
das lag in der Luft. Doch jetzt drehte er eine Runde, um unauffällig nach den
anderen Jugendlichen auf dem Schiff zu schielen, wir waren frei und

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