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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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Bettes, neben dem Fenster. Auf
dem Boden liegt ein Paar umgeworfener Stiefel, die Mutter bückt sich, um
irgendein Stück Stoff aufzuheben, vielleicht eine Unterhose.
    »Ich darf hier ja gar
nicht rein, Zutritt verboten …«
    Ich höre
Schlüsselklappern und eine sich schließende Tür. Drehe mich um. Wir treffen uns
im Flur. Er bleibt wie angewurzelt stehen: »Nein.«
    Er wirft sich auf die
Knie, mir zu Füßen. Wälzt sich wie ein Hund, reibt seinen Kopf auf dem Boden,
küsst mir die Schuhe, die Jeans.
    »Das ist nicht wahr …
Das ist nicht wahr!«
    Er schnellt hoch wie
eine Sprungfeder, ich springe ihn an, meine Knie fest um seine Hüften. So
schleppt er mich durch die Wohnung. Seine Mutter zerfließt an der Wand,
schlüpft ins Bad.
    »Mama, das ist meine
Frau! Meine Frau! Die Mutter meiner Kinder! Das
ist mein Traum!«
    Rosa trocknet sich
die Augen mit einem Zipfel ihres Morgenrocks und schlägt die Hände zusammen.
Ich sage zu Diego, er solle nicht so schreien, die Leute schlafen doch, er
wecke ja das ganze Haus auf. Aber seine Mutter schreit, man müsse schreien,
denn ständig machten die anderen einen Mordskrach, und heute Nacht machen wir welchen! Auch sie ist verrückt, die ganze
Familie besteht aus Übergeschnappten.
    Wir essen in der
Küche, ein bisschen Obst, ein paar Waffeln. Dann gehen wir in dieses Studentenbett
mit den blauen Laken. Wir lieben uns mucksmäuschenstill. Wie zwei Halbwüchsige,
die nicht von ihren Eltern gehört werden wollen. Die rauschende Musik, die
Stereoanlage mit ihren kleinen Lichtern im Dunkel. Von der Straße dringt ein
leuchtender Himmel herein, es scheint ein üppiger Mond. Wir betrachten die
Großaufnahme meines Bauches, der Nabel sieht aus wie ein Krater.
    »Was hast du mit
meinem Bauch gemacht?«
    »Ich habe Dart damit
gespielt.«
    Ich blieb bis zum
Ende des Sommers in dieser Wohnung. Jeden Tag sagte ich, dass ich abreisen
müsse, und jeden Tag blieb ich. Diego hatte vollkommen andere Gewohnheiten und
einen anderen Lebensrhythmus als ich. Er schlief bis zum Mittag, tappte dann in
Unterhosen in die Küche, machte den Kühlschrank auf, nahm eine von den
Aluminiumassietten heraus, die seine Mutter aus der Gaslini-Küche mitbrachte,
und verschlang eine Portion nicht mehr frischer Lasagne oder eine Seezunge mit
viel Brühe, eiskalt. Er aß immer so. Seine Mutter war nie da, sie hatte einen
Freund, einen Kerl der alten Schule mit zweifarbigen Schuhen und einem Foulard.
    Wenn die Sonne
schien, gingen wir ans Meer. In einem heruntergekommenen Bootsklub hatte er ein
kleines Boot mit zwei tischtuchkleinen Segeln liegen. Wir blieben bis zum Abend
draußen, ohne Essen, mit nassen Öljacken. Nachts zogen wir in den Hafengassen
um die Häuser, von einer Kneipe zur nächsten. Er fand es toll, mich hier in
seiner Welt zu haben, und stellte mir den verrückten Haufen seiner Freunde vor,
junge, bereits verlebte Gesichter, er übersetzte mir den Dialekt und wachte darüber,
dass ich glücklich war. Er gab mir einen von Mündern verdreckten Joint, ich
schüttelte den Kopf und wollte auch nicht, dass er kiffte. Er führte mich zum
Molo Etiopia, wo sein Vater ums Leben gekommen war, von einem Container
zerquetscht. Wir setzten uns auf einen Poller, an ein Meer so trostlos wie Cellophan.
    Er gestand mir, dass
er sich eine Zeitlang Heroin gespritzt hatte, Ab und an einen Schuss und basta, weil es in
Genua schwer ist, sich nicht irgendwie zuzudröhnen , und dass er mit den Ultras vom
Marassi-Stadion im Gefängnis gesessen hatte.
    »Bist du jetzt
enttäuscht?«
    »Nein.«
    Ich sage ihm, dass
ich so nicht leben könne, so in den Tag hinein, von allem losgelöst. Auch seine
Mutter kommt mir verändert vor, als ich gehe, niedergeschlagen, eine
mitgenommene kleine Eidechse.
    »Entschuldige«, sagt
sie.
    »Was denn?«

Wir warten in der Hotelhalle
    Wir warten in der
Hotelhalle, ich und Pietro. Es regnet. Pietro sieht durch die Scheiben dem
herabrinnenden Wasser zu, sein hellblauer Blick hat sich zusammen mit dem
Himmel verfinstert. Er hat sich ein Sweatshirt übergezogen und die Kapuze aufgesetzt,
da sitzt er nun, auf die zu niedrige Couch gelümmelt, breitbeinig und den Kopf
zwischen die Schultern gezogen. Gegenüber vom Hotel ist ein Internetcafé, dort
wäre er jetzt gern, um mit seinen Freunden zu chatten. Ich habe Nein gesagt.
Also hat er sich die Kapuze übergezogen und sitzt niedergeschmettert und
rüpelhaft da wie ein Fußballspieler kurz nach seinem Platzverweis. Das Mädchen
aus dem

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