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Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Titel: Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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grüne Wasser gehen zu können.
    Sophia zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und wandte traurig den Blick von dem französischen Schiff ab, dessen Segel in Fetzen herunterhingen und dessen Flanken von Kanonenkugeln der Engländer zerrissen waren.
    Die Leopard hingegen lag träge im Wasser wie die große Raubkatze, nach der sie benannt war. Der Ruderer brachte ihr Boot knirschend längsseits, ergriff die von dem Schiff herunterhängende Strickleiter und rief hinauf: »Ich hab hier eine Dame für euren Captain.« Sein anzügliches Grinsen ließ keinen Zweifel daran, wofür er sie hielt.
    Sophia machte sich nicht die Mühe, ihn eines Besseren zu belehren, bevor sie an Deck kletterte, wo sie klaglos den lüsternen Blick des Seemanns ertrug, der sie zum Kapitän führte.
    Sie hörte die zweideutigen Bemerkungen der Mannschaft, schenkte ihnen aber genauso wenig Beachtung wie den Tauen und dem Geruch der feuchten Segel. So lange hatte sie davon geträumt, ein Schiffsdeck zu betreten, doch nun nahm sie kaum etwas von ihrer Umgebung wahr. Sie interessierte nur der Kapitän und was sie ihm sagen wollte.
    Durch die Flügelfenster am anderen Ende der Kabine drang das klare Licht des Nachmittags herein und erhellte die holzvertäfelten Wände sowie den Schreibtisch, an dem der Kapitän saß.
    »Besuch, Sir«, sagte der Matrose mit einem leisen Hüsteln und zog sich diskret zurück.
    Als der Kapitän Sophia sah, bekam er große Augen.
    »Captain Gordon«, begrüßte sie ihn.
    Überrascht stand er auf, trat um den Schreibtisch herum und ergriff ihre Hand, um sie an seine Lippen zu heben, selbst in einer unerwarteten Situation wie dieser ganz Gentleman. »Wie zum Teufel sind Sie hierhergekommen?«
    »Das war nicht schwer«, log sie. »Ich habe mich erkundigt, welches Schiff das Ihre ist, und mir jemanden zum Herrudern gesucht.«
    »Nein, ich meine, was Sie in Leith machen. Warum sind Sie nicht in Slains?«
    Sie entzog ihm die Hand. »Die Countess war der Ansicht, eine Luftveränderung würde mir guttun. Ich bin schon seit ein paar Wochen bei Freunden von ihr, nicht weit von hier.«
    »Oh, aye? Bei welchen Freunden?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie sie kennen«, antwortete sie vorsichtig.
    Captain Gordon musterte sie nachdenklich. »Setzen wir uns doch.«
    Die Kabine war männlich-funktional eingerichtet, aber nicht gänzlich ohne Luxus. Neben den tiefrot gepolsterten Stühlen glänzte auf einem Tischchen ein Silbertablett mit kleinen Porzellantassen und -tellern sowie einer Teekanne. »Sie kommen gerade zur rechten Zeit«, sagte der Kapitän. »Gestern hätte ich Ihnen noch kaum etwas zur Erfrischung anbieten können, doch heute hat mein Koch von einem weit gereisten holländischen Schiff eine Kiste chinesischen Tee erworben, für dessen Geschmack er mich zu erwärmen versucht.« Er goss die klare braune Flüssigkeit in eine der Tassen. »Ich muss gestehen, dass mir mein Whisky lieber ist, aber man hat mir gesagt, dass Teetrinken bald Mode sein wird. Hier.« Er reichte ihr die Tasse. »Er müsste noch heiß sein.«
    Sie nahm die Tasse und sah zum Fenster hinüber, hinter dem sich die Silhouette des beschädigten französischen Schiffs abzeichnete wie ein Schattenriss. Der Tee schmeckte bitter.
    »Es überrascht mich, Sie auf einem neuen Schiff anzutreffen«, sagte sie.
    »Aye, die Edinburgh hat leider die Strapazen der letzten Reise nicht überdauert. Wie Sie sich vielleicht erinnern, bestanden ohnehin schon Zweifel an ihrer Seetauglichkeit«, erklärte er lächelnd.
    »Daran erinnere ich mich allerdings, Captain«, sagte Sophia. »Glauben Sie immer noch, King James wird Sie zum Admiral ernennen, wenn er kommt?«, fragte sie mit einem weiteren Blick in Richtung Fenster und französisches Schiff. »Wie konnten Sie uns nach allem, was Sie der Countess und dem Earl versprochen haben, so hintergehen?«
    »Es war meine Pflicht«, antwortete er mit ruhiger Stimme.
    »Die Pflicht mag von Ihnen verlangen, dass Sie sich auf die Seite der Engländer schlagen, vielleicht sogar auf die Franzosen feuern, aber alles entschuldigt das nicht. Nur Ihr Schiff hat Gefangene gemacht. Meiner Meinung nach hat das nichts mit reiner Pflichterfüllung zu tun.«
    »Nein«, bestätigte er mit ernster Stimme, erhob sich von seinem Stuhl, atmete deutlich vernehmbar aus, wandte sich ab und trat ans Fenster. Ein paar Minuten lang schwieg er, bevor er sagte: »Auf meine Entscheidungen an jenem Tag bin ich stolzer als auf alles andere in meinem Leben.«
    Sophia verstand

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