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Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Titel: Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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und schüttelte den Kopf, sagte jedoch: »Ich muss.«
    »Du musst nicht, wenn es dir zu wehtut. Die Kleine ist noch keine zwei Jahre alt und wird sich vermutlich ohnehin nicht erinnern.«
    Genau das Gleiche hatte Moray über seinen kleinen Neffen gesagt. Nun begriff Sophia seine Antwort von damals. »Aber ich werde mich an sie erinnern«, sagte jetzt auch sie.
    Die Countess sah sie wortlos an, bevor sie Kirstys Schwester mit Anna an der Hand hereinließ.
    Die Kleine war hübsch gekleidet wie für die Kirche, mit Bändern im Haar, und klammerte sich schüchtern an den Röcken von Kirstys Schwester fest, die sich verlegen entschuldigte. »Sie hat heute Nacht nicht gut geschlafen, weil sie gerade einen Zahn bekommt.«
    Sophia lächelte verständnisvoll. »Wir sind alle nicht so fröhlich, wie wir es sein sollten.«
    »Ich lasse Sie eine Weile allein mit ihr, aber …«
    »Nicht nötig.« Sophia schüttelte den Kopf. »Es reicht mir, sie zu sehen. Komm, setz dich zu mir.«
    Sie führte sie zu den Stühlen beim Kamin, auf denen Sophia so oft mit Colonel Graeme gesessen hatte. Anna schien von dem Schachbrett mit den ordentlich aufgereihten Figuren auf dem Tischchen fasziniert zu sein. Kirstys Schwester verbot der Kleinen, sie anzufassen, doch die Countess erlaubte es ihr. »Die Figuren sind aus Holz; so schnell gehen sie nicht kaputt.«
    Anders als richtige Soldaten, dachte Sophia traurig. Moray würde seiner Tochter nie dabei zusehen können, wie sie mit konzentriertem Gesichtsausdruck die Figuren auf dem Brett bewegte.
    Sophia hatte sich in den vergangenen Tagen auf den Abschied von ihrer Tochter vorzubereiten versucht, doch jetzt fehlten ihr die Worte. Wie sollte sie einem Mädchen, das nicht wusste, dass sie seine Mutter war, ihre Liebe gestehen?
    Was für einen Sinn hätte das auch gehabt? Sophia ahnte, dass die Countess recht hatte und Anna zu jung war, um sich an sie zu erinnern.
    Sie streckte die Hand aus, um der Kleinen übers Haar zu streichen, und räusperte sich. »Du hast so hübsche Locken, Anna«, sagte sie. »Schenkst du mir eine?«
    Als sie nickte, schnitt Sophia eine Locke mit der Schere ihres Nähzeugs ab. »Schon geschehen«, erklärte sie und wollte sich wieder aufrichten, doch da vergruben sich Annas Finger in Sophias Haaren.
    Fast wären Sophia die Tränen gekommen, so sehr erinnerte diese Geste sie an die ersten Monate, in denen Anna die eine Hand um Morays Silberring geschlossen und die andere in ihren Haaren vergraben hatte. Da hörte sie sie fragen: »Mama?«, und ihr Herz setzte einen Schlag aus, weil sie wusste, dass die Kleine nicht sie meinte.
    »Mama?«, wiederholte Anna, und Kirstys Schwester antwortete mit belegter Stimme: »Möchtest du auch eine Locke von Mistress Patersons Haaren?«
    »Meine sind nicht so hübsch wie deine«, widersprach Sophia, aber Anna wollte nicht loslassen. Und so schnitt Sophia eine Locke ihres eigenen Haars für ihre Tochter ab.
    »Aye«, sagte Kirstys Schwester, als Anna sie ihr stolz zeigte. »Ein schönes Geschenk, auf das du gut aufpassen musst. Hier ist ein Band, mit dem du es fassen kannst.« Und an Sophia gewandt, fügte sie hinzu: »Ich werde Ihnen weitere schicken.«
    Sophia schlug die Locke mit zitternden Fingern in ihr Taschentuch. »Danke, mehr brauche ich nicht.«
    »Wenn es sonst noch etwas geben sollte …«, sagte Kirstys Schwester voller Mitgefühl.
    »Sorgen Sie nur dafür, dass es ihr gut geht.«
    Kirstys Schwester nickte stumm.
    »Welche Figur gefällt dir am besten, Anna?«, fragte Sophia die Kleine, die sich wieder dem Schachbrett zugewandt hatte.
    Sie erwartete, dass Anna sich für einen Springer oder einen Turm entscheiden würde – die Pferdeköpfe schienen sie zu faszinieren –, aber nach kurzem Überlegen ergriff die Kleine einen Bauern und hielt ihn ihr hin.
    Sophia musste daran denken, wie Colonel Graeme ihr das Spiel beigebracht und die Funktion der Figuren erklärt hatte, die nun auf dem Brett verstreut lagen wie nach einer Schlacht. Nur eine stand aufrecht – der schwarze König.
    »Ja, das ist auch meine Lieblingsfigur«, sagte Sophia mit einem Blick auf Annas Bauern, Tränen standen ihr in den Augen.
    Sie umarmte ihre Tochter hastig, um sich ihren Geruch und ihren Körper einzuprägen, drückte ihr einen Kuss aufs Haar und ließ sie wieder los.
    Anna sah sie fragend an. Ihre Augen erinnerten Sophia so sehr an Moray, dass es ihr fast das Herz brach. Sie holte tief Luft. »Geh«, sagte sie zu der Kleinen. »Geh zu deiner

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