Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
vorstellte.
Stuart setzte sich neben mich in die Nische und stützte den Arm auf das Fensterbrett dahinter. »Ich glaube, wir hatten schon mal telefonisch das Vergnügen«, sagte er zu Jane, »in der Nacht, in der Carrie sich den Knöchel verstaucht hat.«
»Ach, das waren Sie?« Jane konzentrierte sich ganz auf ihn und beachtete Graham kaum, der ihr gegenüber Platz nahm und belustigt beobachtete, wie Stuart näher zu mir rutschte und Jane uns neugierig ansah. Graham berührte unter dem Tisch leicht meinen Fuß mit seinem.
»Und«, erkundigte sich Stuart, »was gibt’s Neues?«
»Jane hat mir gerade mitgeteilt, dass ihr der Schluss von meinem Buch nicht gefällt«, antwortete ich.
»Haben Sie’s gelesen?«, fragte Jane Stuart.
»Nein, noch nicht. Ist es das?« Er drehte die Manuskriptseiten auf dem Tisch in seine Richtung. »Ich wusste gar nicht, dass Carrie es schon fertig hat.«
»Hat sie auch nicht«, sagte Jane, und ich widersprach nicht. »Es endet zu traurig. Helfen Sie mir, sie davon zu überzeugen, dass es gut ausgehen muss.«
»Ich kann’s versuchen.« Er rutschte dicht an mich heran, als die Kellnerin unsere Teller abräumte und fragte, ob wir noch etwas zu trinken wollten.
Die Männer bestellten ein Bier, ich einen zweiten Kaffee, und Jane sagte: »Für mich nichts mehr. Ich hab Alan versprochen, dass ich um drei wieder zu Hause bin. Alan ist mein Mann«, erklärte sie Stuart und packte ihre Sachen zusammen. »Schön, Sie kennengelernt zu haben.«
»Ganz meinerseits.«
»Und Ihren Bruder. Graham, nicht wahr?« Sie reichte ihm die Hand. »Hat Ihnen der Kuchen geschmeckt?«
Das kam überraschend.
»Aye, sehr«, antwortete er amüsiert.
»Das freut mich.« Sie bedachte mich mit einem triumphierenden Lächeln. »Ich ruf dich später an, Carrie.«
»Nette Frau«, bemerkte Stuart, als sie weg war. Offenbar hatte er die Sache mit dem Kuchen nicht mitbekommen. Er trommelte geistesabwesend mit den Fingern auf meinem Manuskript herum. »Warum soll ich Sie überzeugen, dass Sie das Buch gut ausgehen lassen? Ist Ihr Ende denn wirklich so traurig?«
»Der Held stirbt.«
»Ach.«
»Und die Heldin verlässt ihr einziges Kind.«
»Hm, das ist wirklich ein starkes Stück«, sagte Stuart. »Lassen Sie den Helden am Leben.«
»Das geht nicht. Es hat ihn wirklich gegeben, und wenn er stirbt, stirbt er, daran kann ich nichts ändern.«
»Dann beenden Sie die Geschichte doch einfach vor seinem Tod.«
Eine simple Lösung, die viele meiner Probleme gelöst hätte, das musste ich zugeben. Doch leider war das Leben nur selten so einfach.
Das kam mir eine Stunde später besonders deutlich zu Bewusstsein, als wir das Kilmarnock Arms zu dritt verließen und in Richtung Hafen gingen. Stuart war angeheitert und legte mir den Arm um die Schultern. Graham, der sich hinter uns befand, schien das nichts auszumachen.
Genauso wenig wie die Tatsache, dass Stuart ankündigte, er werde mich zum Cottage begleiten.
»Geht ruhig«, sagte Graham. »Ich schau noch bei Dad vorbei.« Er berührte kurz meinen Arm. »Wir sehen uns später.«
Stuart trottete fröhlich plappernd den Pfad mit mir hinauf, und als ich die Tür zum Cottage aufschloss, trat er ein. Mitten im Satz hörte er auf zu reden.
Ich drehte mich erstaunt zu ihm um.
Er starrte von der Tür aus das Rugby-Shirt an, das über dem Stuhl am Tisch hing. Nach einer Weile wanderte sein Blick zu mir. Zum Glück lag keine echte Enttäuschung darin. »Sie wollen nicht mich, stimmt’s?«, fragte er. »Sie wollten mich von Anfang an nicht.«
»Tut mir leid«, antwortete ich.
»Nein, ist schon recht«, sagte er und wandte sich zum Gehen. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden … Ich muss jetzt meinen Bruder verprügeln.«
»Stuart.«
»Keine Sorge, seine wichtigen Teile rühr ich nicht an.«
»Stuart.«
»Wissen Sie, was das Schlimmste ist? Ich hab nicht mal ein gutes Gegenargument. Selbst ich weiß, dass er die bessere Wahl ist.«
Dann schloss er die Tür mit einem Lächeln hinter sich.
»Hab ich’s dir nicht gesagt?«, fragte Graham, als er seinen nächsten Zug auf dem Schachbrett plante, das ich in einem Schrank im Cottage gefunden hatte.
Ich sah Graham an. »Du glaubst, er verkraftet den Korb?«
»Stuie? Aye. Der wird sich heute Abend in den Pubs von Peterhead einen Ersatz für dich anlachen.«
Graham bewegte seinen Springer. »Ich hab über dein Problem mit dem Buch nachgedacht.«
»Ach ja?«
»Du sagst, nach dem Tod von Moray muss die Witwe
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