Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
Sophia selbst nicht.
Kirsty betrachtete sie voller Mitleid, jedoch auch ein wenig neidisch, bevor sie lächelnd ihre Hand ergriff. »Komm, ich hab ein Hochzeitsgeschenk für dich.«
»Kirsty …«
»Der Earl und die Countess sind mit Mr. Moray zu einer Besprechung im Salon. Sie werden gar nicht merken, dass du nicht da bist. Und außerdem«, fügte sie mit einem Grinsen hinzu, »hast du doch Kopfweh, oder?«
Die Räume der Bediensteten befanden sich am anderen Ende des Gebäudes. Kirstys Fenster ging auf die Stallungen, so dass sie Rory jeden Abend zusehen konnte, wie er sich um die Pferde kümmerte. Unter diesem Fenster stand eine einfache Kiste, aus der Kirsty nun ein feines weißes Nachthemd mit Blumenstickereien und Spitzenbesätzen an Ausschnitt und Ärmeln holte.
»Das hab ich selber gemacht«, verkündete Kirsty stolz. »Die Blumen sind nicht ganz fertig, weil ich dachte, die Countess würde dir noch ein bisschen Zeit lassen mit dem Heiraten.«
Sophia ließ den feinen Stoff durch ihre Finger gleiten. »Kirsty, das ist wunderschön«, sagte sie, den Tränen nahe. »Wie hast du denn bei der vielen Arbeit noch die Zeit dafür gefunden?«
»Ach«, antwortete Kirsty, »das hilft mir am Abend beim Entspannen. Ich hab meiner Schwester eins zur Hochzeit genäht, und weil du so was wie eine zweite Schwester für mich bist, ist es nur recht und billig, dass du auch eins bekommst. Ich weiß, dass du es hier in Slains nicht tragen kannst, aber in Frankreich …« Sie verstummte, als Sophia den Blick senkte. »Er nimmt dich doch mit nach Frankreich, oder?«
Sophia musste an das denken, was er ihr auf der Brücke empfohlen hatte: Das kannst du der Countess sagen, wenn sie dich einem anderen zur Frau geben möchte. Den Blick immer noch gesenkt, antwortete sie Kirsty: »Nein, er hat nicht vor, mich mitzunehmen.«
»Aber warum denn nicht?«
Das wusste sie nicht. Sie ahnte lediglich, dass Moray sich Entscheidungen nicht leicht machte. Sophia hob den Kopf und lächelte. »Es reicht mir, dass er mich zur Frau genommen hat.«
Auch eine Stunde später, als sie allein in ihrem Zimmer stand, fühlte sie sich noch bedrückt.
Nun wehte ein so kühler Wind vom Meer herein, dass man, obwohl es inzwischen Juni war, die Kamine entzündete. Sophia schlüpfte neben dem Feuer aus ihrem Gewand, um das hübsche Nachthemd über Arme und Schultern gleiten zu lassen. Als sie in den Spiegel schaute, sah sie darin eine verunsicherte junge Frau mit blonden Locken, glänzenden Augen und glühenden Wangen.
Da hörte sie eine leise Stimme sagen: »Mein Gott, bist du schön.«
Als Sophia sich umdrehte, konnte sie nur seine Umrisse erkennen. Er stand mit dem Rücken zur Wand in einer Ecke des Raums, in die das Licht des Kamins nicht reichte.
»Wie lange bist du schon hier?«
»Ganz ruhig. Schließlich ist es kein Verbrechen, wenn ich meiner Frau dabei zusehe, wie sie sich fürs Bett zurechtmacht.«
Sie wurde rot.
»Woher hast du das Nachthemd?«
»Das ist ein Hochzeitsgeschenk von Kirsty«, antwortete Sophia und ließ beide Hände über den feinen Stoff gleiten.
»Dann hast du es ihr also erzählt?«, fragte er.
»Sie wusste es schon. Rory hat uns auf der Brücke gesehen.«
»Sie werden uns nicht verraten. Und dich wird es trösten, Kirsty als Vertraute zu haben.« Wenn ich fort bin. Obwohl er die Worte nicht aussprach, wusste Sophia, dass er sie dachte.
Sophia schlang die Arme um den Körper. »Komm doch ins Licht. Dort hinten kann ich dich nicht sehen. Es ist, als würde ich mit einem Geist sprechen.«
Sie hörte einen tiefen Atemzug, aber er verließ seinen Platz nicht. »Vor zwei Jahren«, begann er, »als Colonel Hooke zum ersten Mal nach Schottland kam, vereinbarte er ein geheimes Treffen mit dem Duke of Hamilton in Holyroodhouse. Es wäre sehr gefährlich für beide gewesen, hätte man sie entdeckt. Von Hooke weiß ich, dass der Raum, in dem sie miteinander sprachen, auf Anordnung des Duke dunkel blieb, damit er später, falls man ihn fragte, ehrlich antworten konnte, er habe Hooke nicht gesehen.«
»Und wir sollen es genauso halten?«, fragte sie.
»Vielleicht. Du bist einfach keine gute Lügnerin, Mädel.«
»Ich werde nicht lügen müssen, denn du hast mir ja die Erlaubnis gegeben, der Countess zu sagen, dass wir Mann und Frau sind.«
»Aye, das stimmt, aber nur, wenn sie dich mit einem anderen zum Altar schicken möchte. Bis dahin sollten wir lieber schweigen.« Nun trat er ins Licht. »Diese Nacht gehört uns
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