Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
und lächelte, als ich sie ergriff. Dann verließen wir die kleine Kirche, die einmal der große Felsen von Ardendraught gewesen war und in deren Schatten andere Liebende drei Jahrhunderte zuvor gestanden hatten.
9
Er wartete am Strand auf sie, die Beine übereinandergeschlagen, die Arme unter dem Kopf verschränkt, und als sie die grasbewachsene Düne umrundete, wäre sie fast über ihn gestolpert.
»Hoppla!«, rief sie lachend aus und ließ sich von ihm auf den Boden ziehen.
»Du bist spät dran«, rügte er sie.
»Die Countess wollte meine Meinung über ein Traktat zum Thema Union hören, das sie gerade gelesen hat.«
»Eine außergewöhnliche Frau, die Countess.«
Sophia pflichtete ihm bei. »Ich hintergehe sie nicht gern.«
»Uns bleibt nichts anderes übrig.«
»Ich weiß.« Sie nahm etwas Sand in die Hand und ließ ihn durch die Finger rieseln.
»Dein Wohl liegt ihr am Herzen«, sagte er. »In ihren Augen wäre ein Soldat, auf den eine Belohnung ausgesetzt ist und der bald zurück nach Frankreich und aufs Schlachtfeld muss, kaum eine so gute Partie wie … zum Beispiel der Kommodore unserer schottischen Marine.«
»Jetzt der britischen«, berichtigte sie ihn. »Ihr mag Captain Gordon lieber sein, mir nicht.«
Er schloss lächelnd die Augen. »Das freut mich zu hören. Es wäre doch schade, wenn ich mich für nichts und wieder nichts um dich bemüht hätte.«
Sie schlug ihm spielerisch gegen die Brust. »›Bemüht‹ nennst du das?«
»Ja, durchaus«, antwortete er in neckendem Tonfall und öffnete die Augen wieder, um die Hand auszustrecken und sie zu sich herunterzuziehen. Noch immer raubten ihr seine Küsse den Atem, obwohl sie inzwischen gelernt hatte, sie zu erwidern.
Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, drückte Moray sie fest an sich, und sie legte den Kopf an seine Brust, in der sie sein Herz klopfen hörte. Der Schatten einer Möwe glitt über den Sand neben ihnen.
Sophia, die wusste, dass ihr Glück nicht währen konnte, fragte: »Glaubst du, du wirst bald aufbrechen müssen?«
Er zuckte mit den Achseln. »Seinem letzten Brief nach zu urteilen, ist Hooke bereits unterwegs nach Slains, und auch Captain Ligondez von unserer französischen Fregatte, der instruiert wurde, sich drei Wochen lang von der Küste fernzuhalten, kann jeden Tag zurückkehren.«
»Und dann gehst du weg?«
Er drückte sie wortlos noch fester an sich, und Sophia versuchte, sich ebenfalls schweigend ganz dem Augenblick hinzugeben.
»Was ist denn das?«
»Was?«
»Das hier.« Seine Hand glitt über ihren Hals zu ihrem Ausschnitt, bis seine Finger den kleinen schwarzen Stein erreichten, den ihr Körper erwärmt hatte.
»Ob er funktioniert?«, fragte er.
»Gut möglich«, antwortete Sophia und zeigte ihm ihre Finger. »Heute Nachmittag hab ich mich zum ersten Mal beim Nähen nicht gestochen.«
Er ergriff ihre Hand und legte sie flach gegen die seine, wie um ihre Größe zu überprüfen. Sie spürte den kühlen Ring, den er immer am kleinen Finger der Rechten trug – ein breiter Silberreif mit rotem Stein in der Mitte, der einst seinem Vater gehört hatte –, als er ihre Hand zu seinem Herzen führte.
Die Dämmerung brach herein, und da sie wusste, dass nicht mehr viel Zeit bis zum Abendessen blieb, fragte sie: »Wollen wir noch einmal nach Ardendraught gehen?«
»Nein, heute nicht.« Plötzlich wirkte er nachdenklich. »Was wirst du tun, wenn ich weg bin?«
»Mich Rory an den Hals werfen«, neckte sie ihn.
Moray lachte. »Im Ernst: Die Countess möchte dich sicher gut verheiratet sehen. Wirst du einen Mann nehmen?«
»John …«
»Nun?«
Sie richtete sich auf und wandte ihm den Rücken zu. »Wie kannst du mich so etwas fragen?«
»Ich denke, ich habe ein Recht dazu.«
»Nein, wenn du weg bist, werde ich keinen anderen heiraten«, antwortete sie mit gesenktem Blick.
»Warum nicht?«
Wieder ließ sie Sand durch ihre Finger rieseln. »Weil meine Schwester mir das Versprechen abgenommen hat, dass ich nur jemandem meine Hand gebe, dem ich auch mein Herz schenken kann. Und das hast du.«
Moray stützte sich auf einen Ellbogen, um ihre Hand noch einmal zu ergreifen.
»Du gibst mir mehr, als ich verdiene«, sagte er.
»Dann hast du aber eine schlechte Meinung von dir selbst.«
»Nein, nur eine ehrliche.« Er half ihr auf. »Komm.«
Er lenkte sie nicht durch den Wald mit den Krähen zurück, sondern am Strand entlang und den Hügel hinauf. Von hier aus konnte sie Slains und
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