Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
die Countess und den Earl sehen und nicht mich.«
»Aye, Rory ist schon nach Dunottar unterwegs, um sie zu holen. Aber bis sie eintreffen, bist du die Einzige im Haus, die ihn empfangen kann. Komm, ich helf dir beim Anziehen.«
Sophia schlüpfte hastig in ihr Kleid und warf einen Blick in den Spiegel. Sie war immer noch blass und wirkte nervös.
Es graute ihr davor, dem Duke of Hamilton allein gegenüberzutreten. Morays Ansicht nach wusste er zu viel und neigte zu verräterischen Handlungen.
Die Countess wäre in der Lage gewesen, seine Manöver zu durchschauen und ihn vielleicht sogar geschickter zu manipulieren als er sie.
Sophia würde sich, da so viel auf dem Spiel stand, ganz auf diese Aufgabe konzentrieren müssen.
Allerdings dachte sie nicht an das Leben des Königs und seine Zukunft, als sie über ihren Bauch strich.
»Man sieht noch nichts«, sagte Kirsty. »Du brauchst keine Angst zu haben, dass der Duke etwas merkt.«
Sophia ließ die Hände sinken.
»Aber den wird er sehen«, warnte Kirsty mit einem Blick auf den schweren Silberring, den Sophia verborgen unter der Kleidung immer an einer Kette um den Hals trug. »Es wäre sicherer, wenn du ihn abnimmst.«
Sie hatte recht. Von Moray wusste Sophia, dass sein Vater und die Familie des Duke gut miteinander bekannt gewesen waren, und somit hatte der Duke den Ring wahrscheinlich an dessen Hand gesehen.
Er darf nicht erfahren, dass du mir gehörst , vernahm sie Morays Warnung, streifte widerstrebend die Kette ab und reichte sie Kirsty.
»Ich werde gut darauf aufpassen«, versicherte diese ihr.
Sophia hätte viel darum gegeben, das tröstende Gewicht des Rings an ihrem Busen zu spüren, als sie den Salon betrat, um den Duke of Hamilton zu empfangen.
»Welche Ehre, dass Sie uns besuchen, Duke«, begrüßte sie ihn.
Er hatte sich seit ihrer letzten Begegnung nicht verändert und trug immer noch die elegante Kleidung und die schwarze, schulterlange Lockenperücke nach der derzeitigen Mode. Doch in seinem Gesicht entdeckte sie nun maskenhafte Züge, und seine Augen musterten sie aufmerksam. Er verneigte sich und hob ihre Hand an seine Lippen.
»Mistress Paterson. Die Ehre ist ganz meinerseits.« Mit seinem Lächeln wollte er ihr helfen, die Nervosität abzulegen, das merkte sie. »Das Leben hier in Slains scheint Ihnen zu bekommen. Sie sind noch hübscher, als ich Sie in Erinnerung hatte.«
»Zu freundlich.« Sie setzte sich, damit auch er Platz nehmen konnte.
»Die Countess und ihr Sohn sind nicht zu Hause?«, erkundigte er sich im Plauderton.
»Wir erwarten sie jeden Augenblick zurück. Sie bleiben doch hoffentlich, bis sie eintreffen? Sie würden es sehr bedauern, wenn sie nicht persönlich mit Ihnen sprechen könnten, und wären bestimmt nicht fortgegangen, wenn sie von Ihrem Besuch gewusst hätten.«
Sollte er sein unangekündigtes Auftauchen doch erklären, dachte sie. Vermutlich wollte er die Errolls ausspionieren und sich ein Bild über die Vorgänge in Slains machen. Da kam es ihm wahrscheinlich gerade recht, dass ihn nicht die kluge Countess mit ihrem Sohn empfing, sondern ein einfaches Mädchen.
»Es tut mir leid, dass ich ohne Vorwarnung komme, aber bis heute ahnte ich selbst nicht, dass meine Geschäfte mich so weit nach Norden führen würden. Ich möchte der Familie keine Umstände machen und werde nicht lange bleiben. Sicher haben in letzter Zeit schon genug Gäste hier übernachtet.«
Sie bemerkte das kurze Aufblitzen in seinen Augen. »Keiner so vornehm wie Sie selbst«, sagte sie und erkundigte sich, wie jedes junge Mädchen es getan hätte, was es Neues gebe in Edinburgh und bei Hof und wie die neueste Mode aussehe.
Ihre Unterhaltung war eine Art Tanz, dachte sie, mit komplizierten Schrittfolgen, die sie jedoch schnell erlernte.
Was er nicht merkte, denn der Duke traute jemandem wie ihr keine solchen Fähigkeiten zu. Nach einer Weile begann eine gewisse Frustration in seiner Stimme mitzuschwingen, doch er machte keine Anstalten, sich zu verabschieden, auch nicht nach der üblichen kleinen Zwischenmahlzeit mit Wein und Ale und kleinen Kuchen um vier Uhr. Im Gegenteil: Er bemühte sich, den Tanzschritten noch mehr Komplexität zu verleihen.
Als Sophia Schritte und Stimmen am Eingang hörte, war sie der Erschöpfung nahe.
Voller Dankbarkeit sah Sophia die Countess mit ihrem üblichen Temperament ins Zimmer rauschen. »Was für ein unverhofftes Vergnügen«, begrüßte sie den Duke mit einem reizenden Lächeln. »Fast hätte
Weitere Kostenlose Bücher