Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
sich aber. Er musste sich an die Regel halten. Die Strategie des Meisters.
    Mit leerem Bauch und fiebrigem Kopf kam er um zwei Uhr nachmittags im Krankenhaus an. Die Beschaffung einer Spritze erwies sich als völlig unproblematisch, es gab weder Fragen noch mussten Formulare ausgefüllt werden. Das Personal war den Umgang mit einer heruntergekommenen Klientel gewöhnt. Und Marks Erscheinung passte ins Bild. Allerdings wollte ein Arzt ihn abhorchen. Mark lehnte dankend ab und bat stattdessen um » something for a headache «. Tatsächlich quälte ihn ein Kopfweh, das ihm fast den Schädel spaltete.
    Mark schluckte zwei Aspirin und steckte die Schachtel als Reserve ein. Auf dem Krankenhausparkplatz las er den zweiten Anhang.
    Nimm wieder die Straße zum Festland Richtung Takua Pa, an dem du diesmal vorbei- und weiter in Richtung Ranong, nahe der Grenze zu Birma, fährst. Die Strecke beträgt rund vierhundert Kilometer. Das sind zehn Stunden Fahrt. Leg ruhig eine Pause zum Schlafen ein, denn du musst bei Tageslicht in Ranong eintreffen, damit du das Zeichen am Straßenrand erkennst. Such den Kreis, meine Süße. Das Auge in der Erde. Sobald du fündig geworden bist, öffne den nächsten Anhang.
Hab Geduld: Du kommst mir mit jedem Schritt näher …Mark fuhr schnurstracks nach Norden.
Halb von Sinnen, zitterig, mit der in Plastik verschweißten Spritze auf dem Beifahrersitz.
Bei Einbruch der Dunkelheit hatte er noch nicht einmal Takua Pa erreicht. Er hielt vor einem »resort«, einer Anzahl kleiner Bungalows auf einer Anhöhe mit Blick aufs Meer. Um acht Uhr abends schlief er bereits, ohne zuvor einen Blick in seine Mailbox getan zu haben.
Um fünf Uhr morgens war er wieder unterwegs.
In stockfinsterer Nacht führte ihn die Straße mitten durch den Dschungel. Nach und nach färbte sich die Vegetation grau undnahm mit zunehmender Helligkeit eine blaue Tönung an. Lianen, Bäume, Blätter kamen ihm vor wie ein Nadelwald. Aus dem Dickicht des Laubs stiegen träge Nebelschwaden auf- der Dschungel erwachte. Endlich obsiegten Frische, Fruchtbarkeit, üppiges Grün über die letzten Reste der Nacht. Ein Feuerwerk von Blättern und Wipfeln …Mark starrte stur auf die Fahrbahn, behielt aber die Uhr im Auge. Um zehn ließ er Takua Pa hinter sich. Gegen Mittag erreichte er Khuraburi. Die Wegweiser nach Ranong wurden zahlreicher. Wenn er sein Tempo hielt, wäre er noch vor sechzehn Uhr an der Grenze.
    Fünfzig Kilometer vor Ranong nahm der Verkehr auffällig ab. Keine Reisebusse oder Touristenautos mehr, hier fand die Landschaft zu ihrer ursprünglichen Erhabenheit zurück. Um diese Zeit schien der zur Weißglut erhitzte Wald nahe daran, in Flammen aufzugehen. Alles Harz, alle Pflanzensäfte verdunsteten zu Düften, Essenzen, entflammbaren Gasen. Mark indes schlotterte in seinem Wagen, in dem die Klimaanlage auf Hochtouren lief. Der Schweiß, den er sich von der Stirn wischte, fühlte sich an wie Eis. »Such den Kreis«, sagte er vor sich hin. »Das Auge in der Erde.« Sein Blick glitt über die Täler hin, die sich zu beiden Seiten der Straße dehnten. Wonach musste er Ausschau halten? Einem Schild? Einem Bauwerk? Einer Straße?
    Zwanzig Kilometer vor Ranong entdeckte er weit unter sich an einem Hang ein klaffendes Kanalrohr. Er fuhr langsamer. Die Betonröhre ähnelte einem geborstenen Organ, das aus einem aufgeschlitzten Bauch quoll. Mark merkte bald, dass er sich im Maßstab verschätzt hatte: Das Ding war viel weiter entfernt, als er zuerst gedacht hatte – am Grund einer Schlucht tief unterhalb der Straße. Es war eine riesige Baustelle.
    Die erste riesige, kreisrunde Öffnung überragte Metallpfosten und Röhren, die im Schlamm feststeckten. Im Schatten der Wände erkannte er jetzt ameisenkleine Menschen mit Stirnlampen. Bergarbeiter. Mark begriff, dass er am Ziel war. Das Auge in der Erde war eine Mine. Er hielt am Straßenrand an und öffnete den dritten Anhang.
Nach dem Kreis biegst du bei der ersten Gelegenheit nach links ab. Nach etwa fünf Kilometern findest du eine Anlegestelle. Halte nicht nach Wegweisern Ausschau, es gibt keine. Es gibt auch keinen Hafen, nur einen Steg, von dem die Ambra-Fischer ablegen, die sich in birmanische Gewässer vorwagen. Dort suchst du dir einen Bootsführer und bittest ihn, dich nach Koh Rawa-Ta zu bringen. Er wird dich verstehen, auch mit deinem Akzent: Es ist eine der Inseln vor der Küste. Sei großzügig: Wegen der Korallen vor der Küste lässt es sich in Koh Rawa-Ta nur schwer

Weitere Kostenlose Bücher