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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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Schreck.
    Niemand hat je behauptet, dass Jeremiah Ratchet ein attraktiver Mann sei. Er hatte viel Ähnlichkeit mit einer zum Platzen aufgeblähten Kröte. Daran hatte sich im Tod nicht viel geändert, nur dass er weniger beweglich war, sondern starr in seinem Sessel hing. In den steif gewordenen Fingern hielt er noch die lose Seite. Polly interessierte es nicht, was er gelesen hatte (obwohl sie das schöne Bild beeindruckte), sie war eher fasziniert von Jeremiahs Gesichtsausdruck. Sein Mund stand wie zu einem verzerrten Gähnen offen, und seine Augen waren unnatürlich weit aufgerissen. Er sah aus, als habe er gerade etwas Furchtbares erfahren.
    Die arme Polly hatte noch nie eine Leiche aus solcher Nähe gesehen, und es dauerte eine Weile, bis sie ihre fünf Sinne wieder beisammenhatte. Dann aber erwies sie sich als praktisch denkendes Mädchen. Mit zitternden Fingern tastete sie inJeremiahs Westentasche, fand seinen Geldbeutel und steckte ihn in ihre Schürze. Ein letztes Mal betrachtete sie den armen Jeremiah. Dann wich sie zurück und stieß dabei mit dem Fuß gegen etwas Hartes. Sie sah nach unten: Es war der Kohleneimer.
    »Nur das Höllenfeuer wird jetzt deine kalte Seele wärmen«, murmelte sie, bevor sie auf die Straße lief und mit ihrer gellenden Stimme dem ganzen Dorf verkündete:
    »Ratchet ist tot! Jeremiah Ratchet ist tot!«

Kapitel 38

    Diagnose
    S olange er lebte, hatte sich Jeremiah die Dorfbewohner erfolgreich vom Leibe gehalten; wenige Minuten nach seinem Tod jedoch wimmelte es in seinem Haus von Leuten. Sie liefen treppauf und treppab, öffneten und schlossen Türen und steckten ein, was sie unter ihren Umhängen verbergen konnten. Jeder glaubte den einen oder anderen Grund zu haben, dass ihm etwas zustehe.
    »Ich hab mal gehört, dass seine Badewanne aus purem Gold ist«, tuschelte einer, während er einen glänzend polierten Spucknapf in seiner Brusttasche verstaute.
    »Und dass er nur von silbernen Tellern gegessen und aus feinsten Kristallgläsern getrunken hat«, sagte sein Begleiter und riss einen prächtigen Messingleuchter von der Wand.
    Ein Dritter war damit beschäftigt, mit den Fingerknöcheln die Bretter der Treppenstufen abzuklopfen. Er suchte nach Geheimgängen zu unterirdischen Kellerräumen, in denen Schmuck, Schätze und, weit wichtiger, Bier und Wein lagern sollten.
    »Da isser«, kam von unten der Schrei des jüngsten Sourdough-Jungen. »Iiiih, ganz schwarz und blau!«
    Lärmend fiel die Menge im Arbeitszimmer ein und verteilte sich um Ratchets Sessel wie Wasser, das einen Felsen im Strom umspült. Es stimmte, was der kleine Sourdough sagte, Jeremiahs Haut hatte ein seltsam fleckiges Aussehen angenommen. Diese Verfärbung, der gelbliche Schaum in den Mundwinkeln und dazu die abstoßende Grimasse, das war zu viel für Lily Weaver. Mit einem tiefen Seufzer sank sie in Ohnmacht. Sie wäre zu Boden gestürzt, aber weil so viele Leute im Zimmer waren, blieb sie aufrecht stehen, und als sie nach wenigen Minuten wieder zu sich kam, sah sie sich von allen Seiten gestützt von ihren Mitbürgern aus Pagus Parvus. Sie wurde hochgehoben, über das Meer der Köpfe gereicht wie eine von der Flut ergriffene Flasche und unsanft im Flur abgelegt.
    Dann übertönte eine Stimme den Tumult, und mit Ellbogenstößen, Schubsen und Schieben gelang es Dr. Samuel Mouldered, sich Zutritt zu verschaffen.
    »Gott sei Dank, dass Ihr da seid«, sagte Elias Sourdough. »Ratchet hat endlich ins Gras gebissen.«
    Im Zimmer wurde es still, weil alle gespannt auf Dr. Mouldereds Beurteilung des Falls warteten. Einige der Dorfbewohner waren mit der Selbstdiagnose vertraut, einer Modeerscheinung der Zeit. Sie hielten sich dabei an Dr. Moriartis Medizinisches Wörterbuch für jedermann , das preisgünstig in Perigoe Leafbinders Buchhandlung erhältlich war. Nun wollten sie die Diagnose vom Fachmann hören.
    Mouldered umrundete ein paarmal den Sessel und strich sich dabei über das spärlich behaarte Kinn. Es kam nicht oft vor, dass er so im Mittelpunkt stand, deshalb gewann seineNervosität, die sich in den letzten Tagen immer mehr gesteigert hatte, die Oberhand. Schweiß sammelte sich in seinen Stirnfalten, und mit der blassrosa Zunge befeuchtete er seine trockenen Lippen. Endlich räusperte er sich und erklärte heiser: »Ich glaube, dass Jeremiah Ratchet eine Art Anfall erlitten hat, einen Herzanfall, der seinen vorzeitigen Tod verursachte.«
    Die Menge stöhnte auf, und die allgemeine Enttäuschung war deutlich

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