Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
draußen«, sagt Beezer dann. »Aber danke, Mann, vielen Dank. Dafür bin ich dir was schuldig.« Kurz bevor der Hörer auf die Gabel geknallt wird, glaubt Richie noch zu hören, wie Beezer einen weiteren Satz beginnt, der in heißen Tränen untergeht.
Und in dem kleinen Haus in der Nailhouse Row wischt Beezer St. Pierre sich tatsächlich Tränen in den Bart. Er schiebt das Telefon behutsam ein Stück von sich weg und dreht sich nach Bear Girl um, seiner Lebensgefährtin, seiner Alten, Amys Mutter, die in Wirklichkeit Susan Osgood heißt und jetzt unter ihren dicken blonden Zöpfen zu ihm aufsieht, während sie einen Finger in ihr Buch geklemmt hält, um die Seite zu markieren, bei der sie gerade war.
»Sie haben die kleine Freneau gefunden«, sagt er. »Ich muss hin.«
»Also los«, sagt Bear Girl beherzt. »Nimm das Handy mit, und ruf mich dann so schnell wie möglich an.«
»Yeah«, sagt er, reißt das Handy aus dem Ladegerät und rammt es in eine Vordertasche seiner Jeans, geht aber nicht gleich zur Haustür. Er steckt eine Hand ins rotbraune Gewirr seines Vollbarts und kämmt ihn geistesabwesend mit den Fingern. Seine Füße scheinen am Boden zu kleben; sein Blick wirkt unkonzentriert. »Der Fisherman hat die Notrufnummer angerufen«, sagt er. »Ist dieser Scheiß zu fassen? Sie konnten die kleine Freneau nicht selbst finden; sie mussten sich von ihm erzählen lassen, wo die Leiche liegt.«
»Hör zu, Beezer«, sagt Bear Girl. Sie steht auf und legt die Entfernung zwischen den beiden weit schneller zurück, als es den Anschein hat. Sie kuschelt ihren kompakten kleinen Körper an seine massige Gestalt. Beezer atmet ihren sauberen,
beruhigenden Duft – eine Mischung aus Seife und frischem Brot – tief ein. »Wenn ihr dort draußen ankommt, musst du dafür sorgen, dass die Jungs sich beherrschen. Deshalb musst erst mal du dich beherrschen, Beezer. Auch wenn du noch so zornig bist, darfst du nicht durchdrehen und einfach Leute verprügeln. Vor allem keine Cops.«
»Du denkst wahrscheinlich, ich sollte lieber nicht hinfahren.«
»Du musst. Ich will nur nicht, dass du im Gefängnis landest.«
»He«, sagt er, »ich bin ein Brauer, kein Raufer.«
»Vergiss das nicht«, sagt sie und tätschelt seine Schulter. »Willst du die Jungs nicht von hier aus anrufen?«
»Ich benutze die Buschtrommel.« Beezer geht zur Haustür, bückt sich dort, um seinen Helm aufzuheben, und marschiert dann hinaus. Schweiß läuft ihm über die Stirn und sickert durch seinen Bart. Mit zwei großen Schritten ist er bei seiner Harley. Er legt eine Hand auf den Sattel, wischt sich mit dem Handrücken über seine Stirn und brüllt: »Der gottverdammte Fisherman hat dem verdammten ungarischen Cop gesagt, wo Irma Freneaus Leiche zu finden ist. Wer fährt mit mir hin?«
Auf beiden Seiten der Nailhouse Row werden bärtige Köpfe aus Fenstern gestreckt, und laute Stimmen rufen: »Wart auf mich!«, »Heiliger Scheiß!«, »Komme sofort!« und »Yo!«. Aus vier Haustüren kommen vier große Kerle in Lederjacken und Stiefeln gestürmt. Beezer muss fast lächeln – er mag diese Kerle, aber manchmal erinnern sie ihn irgendwie an Cartoongestalten. Noch bevor sie ihn erreicht haben, berichtet er von Richie Bumstead und dem Anruf unter der Notrufnummer, und nachdem er damit fertig ist, sitzen Mouse, Doc, Sonny und Kaiser Bill auf ihren Bikes und warten auf das Zeichen zur Abfahrt.
»Aber der Deal sieht folgendermaßen aus«, sagt Beezer. »Zwei Dinge sind wichtig. Wir fahren dort für Amy und Irma Freneau und Johnny Irkenham hin, nicht für uns selbst. Wir wollen sicherstellen, dass alles richtig läuft, und wir schlagen niemandem den Schädel ein, außer er will’s nicht anders. Ist das klar?«
Die anderen brummeln, grollen und knurren, was offenbar Zustimmung signalisieren soll. Vier verfilzte Bärte wippen auf und ab.
»Und der zweite Punkt: Falls wir jemandem den Schädel einschlagen, ist’s der Fisherman. Weil wir uns hier mit genug Scheiß haben abspeisen lassen und ich mir jetzt verdammt sicher bin, dass wir selbst Jagd auf diesen Scheißkerl machen müssen, der mein kleines Mädchen ermordet …« Beezer versagt für einen Augenblick die Stimme. Er reckt eine Faust in die Höhe, bevor er fortfährt: »… und die andere Kleine in diesem beschissenen Schuppen an der 35 zurückgelassen hat. Weil ich keine Ruhe gebe, bis ich diesen Scheißkerl in die Finger bekomme, und wenn’s soweit ist, schlage ich ihm den Schädel ein!«
Seine
Weitere Kostenlose Bücher