Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
vorbeizutragen, weil der jetzt mit seiner Spule Markierband hinter dem Gebäude verschwunden ist.
»Geh rein«, sagt Dale halb laut zu Jack. »Sieh dich um, und lass das Ding drinnen zurück, falls du … na ja, falls du … sie findest. Ich muss noch mal mit Tom reden.«
Jack tritt durch den windschiefen, türlosen Eingang in den stärker werdenden Gestank. Von außen dringt Dales Stimme herein, der Tom anweist, Pam Stevens und Danny Tcheda zur Einmündung zurückzuschicken, sobald sie ankommen, damit sie Unbefugte fern halten.
Das Innere von Ed’s Eats dürfte nachmittags recht gut beleuchtet sein, aber um diese Tageszeit wird es nur von einigen sich willkürlich kreuzenden Sonnenstrahlen erhellt, in denen Galaxien von Sonnenstäubchen träge kreisen. Jack tritt vorsichtig auf, wünscht sich, er hätte eine Taschenlampe, will aber
nicht zum Streifenwagen zurückgehen, um sich eine zu holen, bevor er den Fuß deponiert hat. (Er betrachtet das als »Zurückverlegung«.) Im Staub und Gerümpel auf dem Fußboden sieht er Fußabdrücke und dazwischen verstreut ein paar alte graue Federn. Die Abdrücke haben die Größe von Männerschuhen und sind teilweise von einer Hundefährte überlagert. Linker Hand von sich sieht Jack ein sauberes kleines Häufchen Hundekot. Er geht um die verrosteten Überreste eines umgestürzten Gasgrills herum und folgt beiden Spuren um die schmutzige Theke. Draußen fährt der zweite aus French Landing kommende Streifenwagen vor. Hier drinnen, in dieser dunkleren Welt, ist das Summen der Fliegen zu einem lauten Brausen geworden, und der Gestank … der Gestank …
Jack zieht ein Taschentuch hervor und hält es sich vor die Nase, während er den Spuren weiter in die Küche folgt. Dort vervielfältigen sich die Pfotenspuren, während die Schuhabdrücke ganz verschwinden. Jack denkt grimmig an den Kreis aus niedergetretenem Gras, den er in jener anderen Welt hinterlassen hat – einen Kreis aus zertrampeltem Gras, zu dem keine Spur hin- oder wegführte.
An der Rückwand des Raums liegen Irma Freneaus sterbliche Überreste neben einer angetrockneten Blutlache. Ihre schmutzigen rotblonden Haare verdeckt barmherzigerweise ihr Gesicht. Über ihr stehen auf einer rostigen Blechtafel, mit der früher vermutlich die Fritteusen abgedeckt waren, zwei Wörter, die jemand Jacks Überzeugung nach mit schwarzem Filzschreiber dorthin gekritzelt hat:
Hallo, Boys
»Ah, Scheiße «, sagt Dale Gilbertson dicht hinter ihm, und Jack schreit beinahe auf.
Draußen beginnt fast augenblicklich das Chaos loszubrechen.
Auf halber Strecke der Zufahrt haben Danny und Pam (die nicht im Geringsten enttäuscht sind, als Wachposten eingeteilt worden zu sein, seit sie die verfallene Ruine von Ed’s selbst gesehen und etwas von dem aus ihr dringenden Gestank abbekommen
haben) beinahe einen Frontalzusammenstoß mit einem alten International-Harvester-Pickup, der mit gut vierzig Meilen in der Stunde in Richtung Ed’s rast. Zum Glück weicht Pam mit dem Streifenwagen nach rechts aus, und auch der Fahrer des Pickups – Teddy Runkleman – reißt das Steuer nach rechts. Die Fahrzeuge verfehlen sich nur um eine Handbreit und kommen dann im Gras auf beiden Seiten dieser erbärmlichen so genannten Straße zum Stehen. Die rostige Stoßstange des Pickups prallt gegen eine junge Birke.
Pam und Danny steigen mit Herzjagen und überhöhtem Adrenalinspiegel aus ihrem Streifenwagen. Aus dem Fahrerhaus des Pickups quellen vier Männer wie Clowns aus einem kleinen Zirkusauto. Mrs. Morton würde alle vier als Stammgäste aus Roy’s Store erkennen. Tagediebe, so würde sie diese Kerle bezeichnen.
»Verdammt noch mal, was macht ihr denn hier?«, brüllt Danny Tcheda. Er lässt die Hand auf den Griff seiner Pistole fallen, hebt sie dann aber mit leichtem Widerstreben wieder hoch. Er merkt, dass er Kopfschmerzen bekommt.
Die Männer (Runkleman ist der Einzige, den die Polizeibeamten namentlich kennen, obwohl ihnen auch die anderen drei vom Sehen her bekannt sind) haben vor Aufregung Glupschaugen.
»Wie viele habt ihr gefunden?«, sprudelt es aus einem von ihnen heraus. Pam kann sehen, wie seine Spucke durch die Morgenluft fliegt – ein Anblick, auf den sie gut hätte verzichten können. »Wie viele hat der Scheißkerl umgebracht?«
Pam und Danny wechseln einen einzigen bestürzten Blick. Und bevor sie antworten können, kommt – großer Gott! – ein mit weiteren vier oder fünf Männern besetzter alter Chevrolet Bel Air
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