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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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blind.«
    Gemälde kamen an die Wände im Wohnzimmer, zogen sich das Treppenhaus hinauf, gelangten in die Schlafzimmer. Einige kleinere Bilder hängte Jack ins Bad im ersten Stock und in die Dusche im Erdgeschoss. Dales Arme begannen unter dem Gewicht der Rahmen, die er hochhielt, zu schmerzen, während Jack die Stellen markierte, wo die Nägel eingeschlagen werden sollten. Bereits nach dem dritten Gemälde hatte er die Krawatte abgenommen und die Ärmel hochgekrempelt. Er spürte, wie ihm der Schweiß aus dem Haar sickerte und übers Gesicht lief. Auch der aufgeknöpfte Hemdkragen war bald durchgeschwitzt. Jack Saywer dagegen, der ebenso schwer oder sogar noch schwerer geschuftet hatte, sah aus, als hätte er nichts Anstrengenderes getan, als übers Abendessen nachzudenken.
    »Du bist sozusagen ein Kunstsammler, was?«, sagte Dale. »Hat’s lange gedauert, die ganzen Bilder zusammenzubekommen?«

    »Ich weiß viel zu wenig, um ein echter Sammler zu sein«, sagte Jack. »Die meisten der Arbeiten hier hat mein Vater schon in den Fünfziger- und Sechzigerjahren zusammengekauft. Wenn es sie angetörnt hat, hat auch meine Mutter manchmal etwas gekauft. Wie den kleinen Fairfield Potter dort drüben mit der Veranda, dem Rasen und den Blumen.«
    Der kleine Fairfield Potter – Dale nahm an, dass das der Name des Künstlers war – hatte ihm gleich gefallen, schon als Jack und er ihn aus der Kiste gezogen hatten. Solch ein Gemälde konnte man sich problemlos ins Wohnzimmer hängen. In so ein Bild konnte man fast hineingehen. Das Komische war nur, fand Dale, dass die meisten Leute es niemals wirklich wahrnehmen würden, wenn man es in seinem Wohnzimmer hängen hätte.
    Jack hatte irgendetwas darüber gesagt, wie froh er sei, dass er die Bilder jetzt nicht mehr einlagern müsse. »Also«, sagte Dale, »deine Eltern haben dir das wohl alles geschenkt, oder?«
    »Ich habe sie nach dem Tod meiner Mutter geerbt«, sagte Jack. »Mein Vater ist schon gestorben, als ich noch klein war.«
    »Oh, verflixt, das tut mir Leid«, sagte Dale, der abrupt wieder aus der Welt gerissen wurde, in der Mr. Fairfield Potter ihn willkommen geheißen hatte. »War bestimmt taff für dich, so jung deinen Dad zu verlieren.« Ihm war, als hätte Jack ihm damit endlich die Erklärung für die Aura aus Einzelgängertum und Isolation geliefert, die jenen stets zu umgeben schien. Kurz bevor Jack antworten konnte, sagte sich Dale aber, dass das natürlich Blödsinn war. Er hatte in Wirklichkeit keine Ahnung, wie jemand letzten Endes wie Jack Sawyer wurde.
    »Yeah«, sagte Jack. »Zum Glück war meine Mutter noch taffer.«
    Dale ergriff die Gelegenheit mit beiden Händen. »Was haben deine Leute eigentlich gemacht? Bist du in Kalifornien aufgewachsen?«
    »In Los Angeles geboren und aufgewachsen«, sagte Jack. »Meine Eltern waren in der Unterhaltungsindustrie, aber das darf man ihnen nicht zum Vorwurf machen. Sie waren großartige Leute.«
    Jack lud ihn später dann nicht ein, etwa zum Abendessen
zu bleiben – was Dale etwas zu schaffen machte. In den eineinhalb Stunden, die sie noch brauchten, um die restlichen Bilder aufzuhängen, blieb Jack Sawyer weiter freundlich und gut gelaunt, aber Dale, der nicht umsonst ein Cop war, spürte in der Liebenswürdigkeit seines Freundes jetzt etwas Ausweichendes und Unnachgiebiges: Eine Tür war einen winzigen Spalt weit geöffnet und dann zugeschlagen worden. Der Ausdruck »großartige Leute« hatte Jacks Eltern unantastbar gemacht. Als die beiden Männer noch einmal eine Pause einlegten, um sich ein weiteres Bier zu gönnen, sah Dale neben der Mikrowelle zwei Einkaufstüten aus dem Lebensmittelgeschäft in Centralia stehen. Inzwischen war es fast acht Uhr, mindestens zwei Stunden nach der üblichen abendlichen Essenszeit in French County. Jack hätte selbstverständlich annehmen können, Dale habe bereits gegessen, hätte seine Uniform nicht das Gegenteil bewiesen.
    Dale lenkte Jack mit einer Frage nach dem schwierigsten Fall ab, den dieser je aufgeklärt habe, und näherte sich unauffällig der Küchentheke. Aus der ersten Tüte ragten die marmorierten Enden zweier Rumpsteaks. Bei diesem Anblick knurrte sein Magen vernehmlich laut. Jack ignorierte das Donnergrollen und sagte: »Thornberg Kinderling konnte mit allem mithalten, was ich bislang in L. A. zu bearbeiten gehabt habe. Ich bin dir für deine Hilfe wirklich dankbar gewesen.« Dale war im Bilde. Er stand vor einer weiteren abgesperrten Tür, aber diese hatte

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