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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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anderen Hauses geöffnet. Das große Wohnzimmer zwischen Haustür und Küche hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem Raum, an den er sich aus seiner Kindheit erinnerte, oder der sauberen, kahlen Leere aus jüngster Vergangenheit. Jack hatte das Haus mit einem Zauberstab berührt, so erschien es Dale, und in etwas völlig anderes verwandelt – eine Villa an der Riviera, ein Apartment in der Park Avenue. (Dale war allerdings noch nie in New York, geschweige denn in Südfrankreich gewesen.) Dann fiel ihm auf, dass Jack das alte Haus ja nicht in etwas verwandelt hatte, was es gar nicht war, sondern einfach nur mehr in ihm gesehen hatte, als Dale jemals wahrzunehmen imstande gewesen war. Die Ledersitzgruppe, die Webteppiche in den leuchtenden Farben, die niedrigen Tische und dezenten Lampen stammten aus einer anderen Welt, aber sie passten so perfekt hierher, als wären sie eigens für dieses Haus angefertigt worden. Was Dale auch sah, es lockte ihn hinein, und er merkte, dass er sich wieder bewegen konnte.
    »Wow!«, sagte er. »Ich hab das Haus echt dem Richtigen verkauft.«
    »Freut mich, dass es dir gefällt«, sagte Jack. »Mir gefällt’s
auch, wie ich zugeben muss. Es sieht noch besser aus, als ich erwartet hätte.«
    »Wozu brauchst du mich eigentlich noch? Hier ist’s schon wohnlich genug.«
    »Wir müssen ein paar Bilder aufhängen«, sagte Jack. »Dann ist’s erst richtig wohnlich.«
    Dale ging davon aus, dass Jack von Familienfotos sprach. Er verstand nicht, weshalb jemand Hilfe brauchte, um ein paar gerahmte Fotos aufzuhängen, aber wenn Jack seine Hilfe verlangte, nur zu. Außerdem würden die Bilder ihm viel über Jacks Familie erzählen, die ihn weiterhin sehr interessierte. Als Jack ihn dann zu einem Stapel flacher Kisten führte, die an der Küchentheke lehnten, überkam Dale jedoch wieder das Gefühl, hier überfordert zu sein, eine unbekannte Welt betreten zu haben. Es waren handgefertigte Kisten: solide Konstruktionen, die profimäßigen Schutz gewähren sollten. Einige davon waren eineinhalb bis knapp zwei Meter hoch und fast ebenso breit. Diese Monstren enthielten bestimmt keine Fotos von Mama und Papa. Jack und er mussten die Ecken hochstemmen und die Nägel entlang den Seiten lockern, bevor sie die Deckel abnehmen konnten, was einen erstaunlichen Kraftaufwand erforderte. Dale bedauerte jetzt, dass er zuvor nicht zu Hause vorbeigefahren war, um sich umzuziehen. Bis Jack und er fünf dick mit Seidenpapier umhüllte, schwere rechteckige Gegenstände aus ihren Kokons gezogen hatten, war seine Uniform völlig durchgeschwitzt. Dabei waren noch längst nicht alle Kisten geöffnet.
    Eine Stunde später trugen sie die leeren Kisten in den Keller hinunter. Nachdem das erledigt war, genehmigten sie sich erst mal ein Bier. Dann schlitzten sie die Seidenpapierlagen auf und legten Gemälde und Grafiken frei, die mit den unterschiedlichsten Rahmen versehen waren – darunter einige, die aussahen, als hätte der Künstler sie eigenhändig aus den Brettern einer alten Scheune zusammengezimmert. Jacks Bilder fielen in eine Kategorie, die Dale vage als »moderne Kunst« bezeichnet hätte. Er verstand nicht, was manche von ihnen aussagen sollten, obwohl ihm fast alle gefielen, vor allem einige der Landschaften. Er wusste, dass er bestimmt noch nie von
diesen Künstlern gehört hatte, aber er vermutete, dass Leute, die in Großstädten lebten und in Museen und Galerien herumhingen, ihre Namen kennen würden. All diese Kunst – alle diese großen und kleinen Bilder, die jetzt auf dem Küchenfußboden auslagen – verwirrte ihn auf nicht ganz angenehme Weise. Er war wirklich in eine andere Welt eingetreten, eine Welt, in der er keine Orientierungspunkte hatte. Dann vergegenwärtigte er sich wieder, dass Jack Sawyer und er diese Bilder ja nirgends anders als an die Wände seines alten Elternhauses hängen wollten. Augenblicklich strömte unerwartete Wärme in diese Vorstellung und füllte sie randvoll. Weshalb sollten benachbarte Welten sich nicht gelegentlich durchdringen? Und war diese andere nicht Jacks Welt?
    »Okay«, sagte er. »Ich wollte, Henry … also der Onkel, von dem ich dir erzählt habe. Du weißt schon, der, der weiter unten an der Straße wohnt. Also, wenn der nur diese Sachen alle sehen könnte. Henry, der könnte sie bestimmt würdigen.«
    »Weshalb soll er sie nicht sehen können? Ich lade ihn einfach demnächst mal ein.«
    »Ach, hab ich dir das nicht erzählt?«, sagte Dale. »Henry ist

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