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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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draufgekommen. Lily Cavanaugh. Du wirst mir doch nicht verübeln, dass ich herausfinden wollte, ob ich Recht habe, oder?«
    »Verübeln?«, sagte Jack. »Ich bin zu platt, um jemandem etwas zu verübeln, aber lass mir ein paar Minuten Zeit.«
    »Bei mir ist dein Geheimnis sicher. Wenn dich jemand kennen lernt, willst du wahrscheinlich nicht, dass er als Erstes denkt: He, da ist ja Lily Cavanaughs Sohn! Das kann ich gut verstehen.«
    Henry Leyden hat wirklich großartige Ohren.
     
    Während der Pickup durch French Landing rollt, macht der ohrenbetäubende Krach im Fahrerhaus eine Unterhaltung unmöglich. Dirtysperm brennt ein Loch durchs Marzipanherz von »Where Did Our Love Go« und verübt gleichzeitig schaurige Gräueltaten an all diesen niedlichen kleinen Supremes. Henry, der dieses Zeug zu hassen behauptet, flegelt auf seinem Sitz, stemmt die Knie ans Handschuhfach, legt die senkrecht gehaltenen Hände unter dem Kinn aneinander und grinst vor Vergnügen. Die Geschäfte in der Chase Street haben inzwischen geöffnet, und ein halbes Dutzend Autohecks ragen schräg aus den Parklücken auf die Fahrbahn.
    Vor Schmitt’s Allsorts machen vier Jungen auf Fahrrädern keine zehn Meter vor dem herankommenden Pickup einen Schlenker vom Gehsteig auf die Straße. Jack tritt auf die Bremse; die Jungen machen abrupt Halt, reihen sich nebeneinander auf und warten darauf, dass er vorbeifährt. Jack rollt langsam weiter. Henry setzt sich auf, lässt seine geheimnisvollen Sensoren arbeiten und sinkt wieder zurück. Für Henry ist alles in Ordnung. Die Jungen hingegen scheinen jedoch nicht zu wissen,
was sie aus dem Krach machen sollen, der immer lauter wird, je näher der Pickup heranrollt. Sie starren Jacks Windschutzscheibe mit einer Verwirrung – in die sich auch Abscheu mischt – an, wie ihre Urgroßväter einst die siamesischen Zwillinge und den Alligatormann in der Kuriositätenschau im hintersten Winkel des Jahrmarkts angestarrt haben. Jeder weiß, dass Pickupfahrer nur zwei Arten von Musik hören – Heavy Metal oder Country -, was ist also mit diesem komischen Kerl los?
    Als Jack an den Jungen vorbeifährt, zeigt der erste, ein mürrischer Schwergewichtler mit dem pickeligen Gesicht eines Schulhofschlägers, ihm einen hochgereckten Mittelfinger. Die beiden nächsten imitieren weiter ihre Urgroßväter, die sich im Jahr 1921 einen tollen Abend machen, und starren den Pickup an, wobei ihre schlaffen Münder idiotisch offen stehen. Der vierte Junge, dessen dunkelblondes Haar unter der Brewers-Mütze, dessen glänzende Augen und allgemein unschuldige Ausstrahlung ihn als Nettesten der Gruppe erscheinen lassen, sieht Jack unverhohlen ins Gesicht und schenkt ihm ein freundliches, zaghaftes Lächeln. Es handelt sich um Tyler Marshall, der – obgleich er davon nicht das Geringste ahnt – zu einem Ausflug ins Niemandsland unterwegs ist.
    Die Jungen bleiben hinter dem Wagen zurück, und als Jack einen Blick in den Rückspiegel wirft, sieht er sie wie wild die Straße hinaufstrampeln – Sluggo voraus, der kleinste, ansprechendste Junge an letzter Stelle, mit Schwierigkeiten hinterherzukommen.
    »Eine Gehsteigkommission aus Experten hat eben ihr Urteil über Dirtysperm abgegeben«, sagt Jack. »Vier Kids auf Fahrrädern.« Da er selbst kaum hören kann, was er sagt, glaubt er nicht, dass Henry seine Worte verstehen wird.
    Henry scheint ihn jedoch tadellos verstanden zu haben und reagiert mit einer Frage, die aber im Tumult untergeht. Da Jack sich recht gut vorstellen kann, wie sie gelautet haben muss, antwortet er trotzdem. »Einer entschieden ablehnend, zwei unschlüssig, aber zur Ablehnung tendierend, und einer vorsichtig zustimmend.« Henry nickt.
    In der Eleventh Street kracht und scheppert die gewalttätige
Marzipanvernichtung ihrem Ende zu. Als ob Dunst aus dem Fahrerhaus abgezogen wäre, als ob jemand die Windschutzscheibe frisch geputzt hätte, erscheint die Luft nun klarer, wirken die Farben lebhafter. »Interessant«, sagt Henry. Er greift unfehlbar nach der Auswurftaste, zieht die CD aus dem Gerät und legt sie in ihre Hülle zurück. »Das war sehr aufschlussreich, findest du nicht auch? Nackten, egozentrischen Hass sollte man niemals automatisch verwerfen. Morris Rosen hat Recht. Ein idealer Titel für die Wisconsin Rat.«
    »He, ich glaube, die Band könnte größer als Glen Miller werden.«
    »Da fällt mir etwas ein«, sagt Henry. »Du errätst nie, was ich nachher noch vorhabe. Ich hab einen Gig! Chipper Maxton,

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