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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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beziehungsweise eigentlich seine Stellvertreterin, diese Rebecca Vilas, die bestimmt so hinreißend ist, wie ihre Stimme klingt, hat mich engagiert, damit ich als Knalleffekt und Höhepunkt des großen Erdbeerfests im Maxton einen Schallplattenschwof veranstalte. Na ja, nicht ich, sondern eine alte, lange vernachlässigte Rolle meiner selbst: Symphonic Stan, der Big-Band-Man.«
    »Soll ich dich hinfahren?«
    »Danke, nicht nötig. Die wundersame Miss Vilas hat sich um meine Bedürfnisse in Form eines Wagens gekümmert, den sie mir schicken wird – mit einem bequemen Rücksitz für meinen Plattenspieler und einem Kofferraum, der Platz genug für die Lautsprecher und Plattenkartons bietet. Aber trotzdem vielen Dank.«
    »Symphonic Stan?«, sagt Jack.
    »Eine umwerfende, temperamentvolle, affektierte Verkörperung der Big-Band-Ära, außerdem ein charmanter Gentleman mit einschmeichelnder Stimme. Für die Bewohner und Bewohnerinnen von Maxton eine Heraufbeschwörung ihrer Jugend und in seinem altväterlichen ›Zoot Suit‹ eine Augenweide.«
    »So einen Anzug hast du wirklich?«
    Henry wendet ihm langsam sein fabelhaft ausdrucksloses Gesicht zu.
    »Sorry. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Um das Thema zu wechseln, was du … ich meine, was George
Rathbun heute Morgen über den Fisherman gesagt hat, hat bestimmt viel Gutes bewirkt. Mich hat’s gefreut, das zu hören.«
    Henry öffnet den Mund und zitiert George Rathbun in all dessen onkelhafter Herrlichkeit. »Der originale Fisherman, Boys und Girls, ist seit siebenundsechzig Jahren tot und vermodert …« Es ist fast unheimlich, die Stimme dieses cholerischen Fettsacks aus Henry Leydens schlanker Kehle kommen zu hören. Wieder mit der eigenen Stimme sagt Henry: »Ich hoffe, es hat etwas genützt. Nachdem ich den Unsinn deines Kumpels Wendell Green in der heutigen Zeitung gelesen habe, fand ich, George müsste irgendwas sagen.«
    Henry Leyden benützt gern Ausdrücke wie ich lese, ich habe gelesen, ich sehe, als ich das gesehen habe. Er weiß, dass solche Redewendungen seine Zuhörer verwirren. Und er hat vom »Kumpel« Wendell Green gesprochen, weil Henry der einzige Mensch ist, dem Jack jemals gestanden hat, dass er den Reporter auf die von Albert Fish verübten Verbrechen aufmerksam gemacht hat. Inzwischen wünscht Jack sich, er hätte das nie jemandem gebeichtet. Der händeschüttelnde Wendell Green ist wirklich nicht sein Kumpel.
    »Nachdem du schon der Presse behilflich gewesen bist«, sagt Henry, »könnte man vernünftigerweise annehmen, du seist auch in der Lage, etwas für unsere Jungs in Blau zu tun. Entschuldige, dass ich das anspreche, Jack, du hast die ganze Sache immerhin ins Rollen gebracht, aber ich werde mich nicht wiederholen. Es ist nur so, schließlich ist Dale mein Neffe.«
    »Ich kann nicht glauben, dass du mir das antust«, sagt Jack.
    »Das ich was tue, meine Meinung sage? Dale ist mein Neffe, schon vergessen? Er könnte deine Erfahrung brauchen, außerdem ist er der festen Überzeugung, dass du ihm einen Gefallen schuldig bist. Ist dir noch gar nicht die Idee gekommen, dass du ihm helfen könntest, seinen Job zu behalten? Oder dass du diesen Leuten etwas von deiner Zeit und deinem Talent schuldest, wenn du French Landing und das Norway Valley so liebst, wie du’s zu tun behauptest?«
    »Bist du noch nicht auf die Idee gekommen, Henry, dass ich im Ruhestand lebe?«, sagt Jack mit zusammengebissenen Zähnen. »Dass Mordermittlungen das Letzte, das wirklich Allerletzte
auf der Welt sind, womit ich mich beschäftigen möchte?«
    »Natürlich bin ich darauf gekommen«, sagt Henry. »Aber – und ich hoffe wieder, dass du das entschuldigst, Jack -, du bist nun einmal du, der Mann, als den ich dich kenne, mit deinen Fähigkeiten, die bestimmt meilenweit über Dales und vermutlich weit über die all dieser anderen Kerle hinausgehen, und da frage ich mich doch unwillkürlich, was zum Teufel dein Problem ist.«
    »Ich habe kein Problem«, sagt Jack. »Ich bin Zivilist.«
    »Wie du meinst. Dann können wir uns eigentlich ebenso gut den Barenboim zu Ende anhören.« Henry lässt seine Finger über die Konsole gleiten und drückt den Einschaltknopf des Autoradios.
    In der nun folgenden Viertelstunde ist im Fahrerhaus des Pickups nur die Stimme des Steinway-Konzertflügels zu hören, der im Teatro Colón in Buenos Aires über die Goldberg-Variationen meditiert. Wirklich eine prachtvolle Intonation, denkt Jack, und man muss schon ein Ignorant

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