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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Spionagetätigkeit für den KGB wiederaufzunehmen.
    Er war bereits um zwei Millionen Dollar reicher.
    Vor dem Abflug hatte er einen neunseitigen Brief mit den neuesten Instruktionen aus Moskau auswendig gelernt und verbrannt. Hauptaufgabe war die Enttarnung der von der CIA angeworbenen KGB- oder GRU-Agenten, hochrangigen Beamten oder Wissenschaftlern. Ein Postskriptum war auch dabeigewesen: Konzentrieren Sie sich auf den Mann, den wir unter dem Namen Jason Monk kennen.
    Der August ist kein guter Monat für die Gentlemenclubs von St. James, Piccadilly und Pall Mall. Er fällt in die Zeit, in der die Angestellten mit ihren Familien Urlaub machen und die Hälfte der Mitglieder sich auf ihrem Landsitz oder im Ausland befindet.
    Viele Clubs sind darum im August geschlossen, so daß die Mitglieder, die, aus welchen Gründen auch immer, in London bleiben, mit einer ungewohnten Umgebung vorliebnehmen müssen. Zwar haben in den exklusiven Clubs nur die jeweiligen Mitglieder Zutritt, doch besteht eine Übereinkunft, die es den Zuhausegebliebenen erlaubt, in der Sauregurkenzeit ihr Dinner in einem der wenigen geöffneten Etablissements einzunehmen.
    Am letzten Tag des Monats hatte der »Winter's« jedoch wieder geöffnet. Und dorthin lud Sir Henry Coombs einen Mann zum Lunch ein, fünfzehn Jahre älter als er und lange vor ihm Chef des Secret Intelligence Service.
    Fünfzehn Jahre war es her, daß der mittlerweile vierundsiebzigjährige Sir Nigel Irvine seinen Beruf an den Nagel gehängt hatte. Die ersten zehn davon hatte er als »graue Eminenz in der City« verbracht, was bedeutete, daß seine Erfahrung, seine Vertrautheit mit den Mächtigen und sein Scharfsinn ihm eine Reihe von Posten in diversen Aufsichtsräten eingebracht hatten, so daß er sich ein Polster fürs Alter hatte schaffen können.
    Vier Jahre vor diesem Treffen hatte er sich schließlich endgültig in sein Landhaus auf der Insel Purbeck bei Swanage in Dorset zurückgezogen. Dort schrieb er, las viel, ging an der unberührten Küste spazieren und fuhr gelegentlich mit dem Zug nach London, um alte Freunde zu besuchen. Für diese wie auch einige sehr viel Jüngere zählte er noch nicht zum alten Eisen. Vielmehr stand für sie fest, daß sich hinter den freundlichen blauen Augen ein messerscharfer Verstand verbarg.
    Und die, die ihn gut kannten, wußten genau, daß die altmodische Höflichkeit, mit der er jeden behandelte, über einen eisernen Willen hinwegtäuschte, und daß er notfalls bis zum Äußersten ging. Trotz des Altersunterschieds kannte Henry Coombs diesen Mann sehr gut.
    Beide standen in der Tradition der Rußlandspezialisten. Nach Irvines Weggang hatten zunächst zwei Experten für Fernost und ein Arabist den SIS geführt, bis schließlich mit Sir Henry wieder ein Vertreter der im Kampf gegen die UdSSR gestählten alten Schule das oberste Amt übernahm. Zu Nigel Irvines Zeiten hatte sich Coombs als brillanter Agent in Berlin bewährt, der dem KGB innerhalb Ostdeutschlands und dessen Spionagechef, Markus Wolf, mehr als einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.
    Irvine störte nicht im geringsten, daß ihr Gespräch im gedrängt vollen Souterrain des Clubs kaum über das Niveau von Smalltalk hinausging. Freilich war er nicht so naiv zu glauben, sein ehemaliger Protege hätte ihn bloß wegen eines Mittagessens gebeten, die Mühe einer Zugreise von Dorset ins hektische London auf sich zu nehmen. Aber er hatte Geduld. Als Coombs schließlich auf den eigentlichen Grund seiner Einladung zu sprechen kam, waren die beiden Männer bereits nach oben gegangen und sahen von ihrem Fensterplatz aus auf die St. James's Street hinab.
    »In Rußland ist etwas passiert«, fing Coombs an.
    »Ziemlich viel sogar, wenn es nach den Zeitungen geht, und alles ist schlecht«, erwiderte Irvine.
    Coombs lächelte. Er wußte, daß sein früherer Chef über weit bessere Quellen verfügte als die Morgenzeitungen. »Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen«, fuhr er fort, »sondern Ihnen nur die Umrisse skizzieren.«
    Irvine nickte. »Selbstverständlich.«
    Coombs schilderte in groben Zügen die Ereignisse in Moskau und in London. Vor allem die in London.
    »Sie wollen nichts unternehmen«, schloß er. »Das ist ihr letztes Wort. Die Ereignisse sollen ihren Lauf nehmen, so bedauerlich das auch sein mag. So hat es mir zumindest unser hochgeschätzter Außenminister vor zwei Tagen erklärt.«
    »Ich fürchte, Sie überschätzen meine Fähigkeiten, wenn Sie glauben, ich

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