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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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werde ihn am neunzehnten Juli um zwölf Uhr mittags unter der Westempore der Uspenski-Kathedrale treffen.
    Zwei Wochen lang bereitete sich M)nk auf Wladimir vor. Die im Mittelalter erbaute Stadt war berühmt für ihre zwei prächtigen Kathedralen mit Fresken von Andrei Rubljow, dem Ikonenmaler aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Die Uspenski-Kathedrale war die größere von beiden, die kleinere war dem heiligen Demetrios geweiht.
    Trotz aufwendiger Recherchen gelang es den Experten von Langley nicht, eine Reisegruppe aufzutreiben, die am fraglichen Tag Wladimir besuchte. Allein wollten sie Monk aber nicht losschicken, denn geschützt war er nur in einer größeren Gruppe. Schließlich kam man auf die Idee, einen Verein von Liebhabern alter russischer Sakralarchitektur zu gründen, auf dessen Programm für den neunzehnten Juli eine Busfahrt zum Kloster von Zagorsk stand. Dr. Peters schloß sich ihnen an.
    Die Haare wieder zu einer dichten grauen Lockenpracht aufgetürmt, und mit einem Führer unter der Nase, streifte Dr. Peters drei Tage lang durch die mächtigen Kathedralen des Kreml. Am Abend des dritten Tages forderte der Reiseleiter von Intourist seine Gruppe auf, sich zur Busfahrt zum Dreifaltigkeitskloster in Zagorsk am nächsten Morgen um halb acht in der Lobby einzufinden. Um Viertel nach sieben ließ Dr. Peters ausrichten, daß er wegen Magenkrämpfen nicht mitfahren könne und den Tag lieber im Bett verbringen wolle. Um acht Uhr verließ er das Metropol und ging zu Fuß zum Kazan-Bahnhof, wo er den nächsten Zug nach Wladimir bestieg. Kurz vor elf kam er in der Kathedralenstadt an.
    Dank seiner Recherchen hatte er es schon geahnt: Es wimmelte von Reisegruppen, denn Wladimir barg keine Staatsgeheimnisse, und auf die Überwachung der Touristen wurde weitestgehend verzichtet.
    Dr. Peters kaufte einen Stadtführer und schlenderte in der St.-Demetrios-Kathedrale umher, bewunderte die Mauern mit ihren dreizehnhundert Basreliefs von wilden Tieren, Vögeln, Blumen, Fabeltieren, Heiligen und Propheten. Um zehn vor zwölf spazierte er zur dreihundert Meter entfernten Uspenski-Kathedrale und stellte sich sofort unter die Westempore. Dort bestaunte er ausgiebigst die Rubljow-Gemälde, bis sich hinter ihm jemand räusperte. Wenn sie ihm gefolgt sind, bin ich jetzt tot, dachte er.
    »Hallo, Professor, wie geht es Ihnen?« fragte er leise, ohne den Blick von der Malerei zu wenden.
    »Gut, aber ich bin etwas nervös«, antwortete Blinow.
    »Sind wir das nicht alle?«
    »Ich habe etwas für Sie?«
    »Und ich habe etwas für Sie. Einen langen Brief von Zenia und einen vom kleinen Iwan mit ein paar Zeichnungen. Ein intelligentes Bürschchen. Ich glaube, den Verstand hat er von Ihnen geerbt. Sein Mathematiklehrer sagt, er sei seinen Alterskameraden weit voraus.«
    Obwohl ihm der Angstschweiß auf der Stirn stand, strahlte der Professor vor Stolz.
    »Folgen Sie mir langsam«, beschied ihn Monk, »und schauen Sie immer die Wandmalereien an.«
    Er entfernte sich ein paar Schritte, bis er den gesamten Raum überblicken konnte. Als eine französische Reisegruppe die Kirche verließ, waren sie ganz allein. Peters händigte dem Professor das Päckchen mit den Briefen aus Amerika und eine Liste mit neuen Aufträgen aus. Beides verschwand in der Innentasche von Blinows Jackett. Was er dagegen Monk übergab, war ungleich sperriger. Die Dokumente, die er heimlich in Arzamas-16 kopiert hatte, waren zusammen mehrere Zentimeter dick.
    Die Sache gefiel Monk ganz und gar nicht. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Packen unter sein Hemd zu stecken und über das Gesäß zu schieben.
    Dann verabschiedete er sich lächelnd mit einem Händedruck. »Nur Mut, Iwan Jewdokimowitsch. Ein Jahr noch, dann haben Sie es geschafft.«
    Die zwei Männer trennten sich. Blinow mußte wieder nach Gorki und dort den Zug zurück in den goldenen Käfig nehmen, während Monk unverzüglich nach Moskau fuhr und als erstes den Packen bei der amerikanischen Botschaft ablieferte. Als seine Gruppe aus Zagorsk zurückkehrte, lag er bereits wieder im Bett. Alle bedauerten ihn zutiefst und erzählten ihm, er hätte den aufregendsten Teil der Reise verpaßt.
    Am zwanzigsten Juli flog die Gruppe von Moskau über den Nordpol nach New York. In derselben Nacht traf im John F. Kennedy Airport noch ein weiterer Jet aus Europa ein. Dieser war in Rom gestartet. An Bord befand sich Aldrich Ames. Nach drei Jahren in Italien kehrte er nach Langley zurück, um dort seine

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