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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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könnte die Mandarine in der King Charles Street auf Trab bringen. Ich bin ein alter Mann. Wie sagt der Dichter? Meine Rennen habe ich gelaufen, meine Leidenschaften bis zur Neige ausgekostet.«
    »Ich habe zwei Dokumente für Sie und wäre froh, wenn Sie einen Blick darauf werfen könnten«, entgegnete Coombs. »Eines ist der vollständige Bericht über alles, was sich unseres Wissens ereignet hat, seit ein tapferer, wenn auch beschränkter Mann eine Akte vom Schreibtisch des persönlichen Sekretärs von Komarow gestohlen hat. Danach können Sie selbst entscheiden, ob Sie unserer Schlußfolgerung, daß das Schwarze Manifest authentisch ist, zustimmen können.«
    »Und das andere?«
    »Das Manifest selbst.«
    »Danke für Ihr Vertrauen. Was soll ich mit den Dokumenten tun?«
    »Sie mit nach Hause nehmen, sie lesen und sich Ihr eigenes Urteil bilden.«
    Als die leeren Schalen, aus denen sie Reispudding mit Marmelade gegessen hatten, abgeräumt wurden, bestellte Sir Henry Coombs Kaffee und zwei Gläser Portwein der Hausmarke, eines edlen Fonseca.
    »Und wenn ich Ihre Ansicht über dieses Manifest teile, was wahrscheinlich der Fall sein wird, was weiter?«
    »Ich dachte da an etwas, Nigel. Treffen Sie nächste Woche nicht bestimmte Leute in Amerika.«
    »Du lieber Himmel, Henry, darüber sollten doch nicht einmal Sie Bescheid wissen!«
    »Der altbewährte Spruch hat nach wie vor Gültigkeit: Meine Spione sind überall«, meinte Coombs mit einem unschuldigen Achselzucken. Insgeheim freute er sich allerdings, daß sein Gefühl ihn nicht getäuscht hatte. Der Rat trat also tatsächlich zusammen, und Irvine nahm daran teil.
    »Schön zu hören, daß sich seit meiner Zeit nicht allzuviel geändert hat«, bemerkte Irvine. »Also gut, angenommen, ich treffe bestimmte Leute in Amerika. Was dann?«
    »Das überlasse ich ganz Ihnen. Und Ihrem Urteil. Sollten Sie zu dem Schluß kommen, daß die Dokumente in den Müll gehören, tun Sie sich keinen Zwang an. Wenn Sie meinen, sie sollten den Atlantik überqueren, liegt es ganz bei Ihnen, was weiter daraus wird.«
    »O Gott, wie aufregend!«
    Coombs zog einen versiegelten Umschlag aus seiner Tasche und reichte ihn über den Tisch. Irvine verstaute ihn in seiner Tasche, in der bereits seine Einkäufe vom Vormittag lagen. Im John Lewis' hatte er Stickgarn für Lady Irvine erstanden, die an Winterabenden gerne Kissenbezüge bestickte.
    Nachdem die zwei Männer sich in der Vorhalle verabschiedet hatten, nahm Sir Nigel ein Taxi zum Bahnhof und bestieg dort den nächsten Zug nach Dorset.
Langley, September 1989
    Als Aldrich Ames nach Washington zurückkehrte, hatte er immer noch die zweite Hälfte seiner erstaunlichen neunjährigen Karriere als Spion für den KGB vor sich. Der Mann schwamm in Geld. Als Einstand in sein neues Leben erwarb er für eine halbe Million in bar ein Haus und brauste mit einem nagelneuen Jaguar zur Arbeit. Und das alles bei einem Jahreseinkommen von fünfzigtausend Dollar. Doch niemand schöpfte Verdacht.
    Weil Ames auch in Rom für die Sowjetunion zuständig gewesen war, blieb er in der Abteilung SO – woran der KGB natürlich größtes Interesse hatte, denn nur dort war der Zugang zur Akte 301 möglich.
    Dem stand aber der neue Abteilungsleiter Milton Bearden im Weg, der gerade von einem Einsatz im verdeckten Krieg gegen die Sowjets in Afghanistan zurückgekehrt war. Voller Elan versuchte er auch sofort, Ames loszuwerden, scheiterte jedoch, wie auch schon seine Vorgänger. Schuld daran war Ken Mulgrew – die Verkörperung der Bürokratie schlechthin. Er war als Vertreter des nichtoperativen Zweigs an die Spitze der Hierarchie gelangt und hatte nun das ganze Personalwesen unter sich. Das bedeutete: Er hatte bei der Vergabe von Posten ein entscheidendes Wort mitzureden.
    Sehr bald frischten Mulgrew und sein alter Zechkumpan Ames ihre Freundschaft auf, was für den Doppelagenten praktisch totale Narrenfreiheit und vor allem den Verbleib in der Abteilung SO bedeutete.
    Mittlerweile hatte die CIA die Unmengen von geheimen Daten elektronisch erfaßt und so ihre brisantesten Interna dem unsichersten aller von Menschenhand geschaffenen Werkzeuge, dem Computer, anvertraut. In Rom hatte sich Ames bereits die nötigen EDV-Kenntnisse angeeignet. Jetzt mußte er nur noch den Code für die Akte 301 in Erfahrung bringen, dann kam er von seinem Schreibtisch aus bequem an sie heran. Mit Plastiktüten voller Papier brauchte er sich dann nicht mehr herumzuschlagen. Genausowenig

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