Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
der Tschechoslowakei ernannt. Den Code für das im Computer gespeicherte Geheimnis um die innerhalb des Ostblocks tätigen Agenten verriet man ihm jedoch nicht. Darüber beschwerte sich Ames aufs heftigste bei Mulgrew. Das sei doch ein Unding, klagte er. Immerhin sei er jetzt für die Gegenspionage in genau diesem Bereich zuständig. Er müsse die Möglichkeit haben, die von der CIA angeworbenen Russen zu überprüfen, die momentan in der Tschechoslowakei tätig seien. Mulgrew versprach Abhilfe.
    Im Mai gab er Ames schließlich den Code für die Datei, woraufhin der Maulwurf sämtliche Akten durchforstete, bis er auf »Monk – Agenten« stieß.
    Im Juni 1990 flog Ames zu einem zweiten Treffen mit »Wlad« alias Oberst Wladimir Metschulajew nach Wien. Man hatte sich für die österreichische Hauptstadt entschieden, weil Treffen mit sowjetischen Diplomaten direkt in den USA als höchst riskant galten.
    Beim Vereinbaren der ersten Begegnung, die im Oktober hätte stattfinden sollen, war Ames so betrunken gewesen, daß er alles durcheinandergebracht hatte und nach Zürich geflogen war. Diesmal blieb er lange genug nüchtern, um Metschulajew zu beglücken und seinerseits einen Koffer voll Geld entgegenzunehmen. Der Russe bekam von ihm drei Lebensläufe.
    Bei einem handelte es sich um einen Offizier, wahrscheinlich Angehöriger des GRU und jetzt im Verteidigungsministerium tätig, den Monk Ende 1985 im Nahen Osten angeworben hatte. Der nächste war ein Wissenschaftler, der in einer absolut geheimgehaltenen Stadt lebte, aber in Kalifornien von Monk angesprochen worden war. Den dritten schließlich, einen KGB-Oberst, hatte Monk vor sechs Jahren ebenfalls außerhalb der UdSSR rekrutiert. Dieser Mann, der spanisch sprach, war jetzt irgendwo im Warschauer Pakt, aber nicht in seinem Heimatland tätig.
    Binnen drei Tagen wurde in der Zentrale der Ersten Hauptverwaltung in Jasenewo die Jagd eröffnet.
    »Hört ihr nicht ihre Stimme sich über den Nachtwind erheben, meine Brüder und Schwestern? Hört ihr sie nicht nach euch rufen? Könnt ihr wirklich die Stimme eurer geliebten Mutter Rußland nicht hören?
    Ich aber höre sie, meine Freunde. Ich höre sie in den Wäldern seufzen. Ich höre sie über den schneebedeckten Weiten schluchzen. ›Warum tut ihr mir das an?‹ fragt sie. ›Bin ich nicht genug verraten worden? Habe ich nicht genug für euch geblutet? Habe ich nicht genug für euch gelitten, daß ihr immer noch kein Einsehen mit mir habt? Warum verkauft ihr mich wie eine Hure an Ausländer und Fremde, die wie Krähen auf meinen geschundenen Leib einhacken?‹«
    An der Kopfseite des Gemeinschaftsraums war eine große Leinwand aufgestellt worden. Am anderen Ende lief ein Projektor. Vierzig Augenpaare folgten gebannt den Bildern von einer Massenkundgebung, die Anfang des Sommers in Tuchowo stattgefunden hatte. Beschwörend hob und senkte sich dazu die sonore Stimme des Redners. Ganz im Kontrast dazu stand die mit gedämpften Worten eingesprochene Übersetzung.
    »Jawohl, meine Brüder und Schwestern, wir können sie hören! Die Männer in Moskau in ihren Pelzmänteln, die hören sie nicht! Die Ausländer und der Abschaum von Verbrechern, die sich an ihrem Körper sattfressen, die hören sie nicht! Aber wir hören ihre Schmerzensschreie, denn wir sind das Volk in diesem großen Land.«
    Der junge Regisseur Litwinow hatte hervorragende Arbeit geleistet. In seinen Film hatte er herzbewegende Szenen eingefügt: eine junge blonde Mutter, die ihr Baby an die Brust drückte und bewundernd zum Mann auf dem Podest aufsah; ein kräftiger Soldat, dem Tränen über die Wangen liefen; ein armselig gekleideter Landarbeiter mit einer Sense über der Schulter, in dessen Gesicht sich tiefe Furchen als Preis für ein von harter Arbeit geprägtes Leben gegraben hatten.
    Niemand konnte ahnen, daß die Schnitte aus Filmen mit richtigen Schauspielern stammten. Die Menge war jedoch authentisch. Hoch über den Leuten aufgenommene Bilder zeigten Reihe für Reihe an die zehntausend Anhänger, eingerahmt von Uniformierten, die die Leute immer wieder zum Jubeln animierten.
    Igor Komarow senkte den Ton zu einem kaum noch vernehmbaren Flüstern, das jedoch von Mikrofonen eingefangen und von Lautsprechern ins ganze Stadion übertragen wurde.
    »Kommt denn niemand? Tritt niemand vor und sagt: ›Es reicht! Das darf nicht passieren!‹? Geduld, ihr Söhne Rußlands. Wartet nur noch ein wenig, ihr Töchter Rodinas…« Die Stimme schwoll wieder an,

Weitere Kostenlose Bücher