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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Anzeige in der Zeitschrift des russischen Hundezüchterverbands ausgeblieben waren.
    Weil die strengen Sicherheitsvorkehrungen in Arzamas-16 zunehmend gelockert wurden und der Professor kleinere Fahrten in die Umgebung unternehmen durfte, hatte Monk ihm vorgeschlagen, er solle einmal pro Monat einen völlig harmlosen Brief nach Ostberlin schicken. Mit unsichtbarer Tinte geschriebene Botschaften waren nicht nötig, sondern nur die Unterschrift Juri. Er konnte den Brief in jeden Briefkasten außerhalb des abgeschotteten Komplexes werfen, so daß er selbst in dem Fall, daß er abgefangen wurde, nie bis zu ihm zurückzuverfolgen war. Ein Kinderspiel also, zumal es seit dem Fall der Mauer nicht mehr nötig war, die Briefe nach Westberlin zu schmuggeln.
    Überdies hatte Monk Blinow geraten, sich ein Paar reinrassige Cockerspaniels zuzulegen. Das war ihm auch ohne weiteres von den Behörden in Arzamas-16 bewilligt worden. Was war denn auch schon dabei, wenn sich ein verwitweter Wissenschaftler der Hundezucht widmete? So fiel es nicht weiter auf, als der Professor jeden Monat per Annonce im
Hundezüchterjournal
stubenreine, neugeborene oder demnächst erwartete Welpen zum Verkauf anbot. Aber nun war im Juli auch dieses Lebenszeichen ausgeblieben.
    Monk war zutiefst beunruhigt. Er meldete an die oberste Stelle, daß etwas nicht stimmte, mußte sich aber vorhalten lassen, er sei zu ungeduldig; statt in Panik zu geraten, solle er lieber noch etwas warten; der Kontakt werde sicher bald wieder hergestellt. Doch Monk gab keine Ruhe. Er ging davon aus, daß im Innersten von Langley ein Maulwurf saß, und wurde nicht müde, seine Vorgesetzten mit Memoranden darauf hinzuweisen.
    Die zwei Männer, die ihn ernst genommen hätten – Carey Jordan und Gus Hathaway –, waren pensioniert. Die neuen Direktoren, die seit dem Winter 1985 nach und nach aus fremden Behörden geholt worden waren, reagierten zunehmend ärgerlich. Im Frühling 1986 war die Jagd auf einen Maulwurf zwar offiziell eröffnet worden, doch dümpelte sie in einer anderen Abteilung vor sich hin.
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben«, meinte ein vormaliger Generalstaatsanwalt, als nach dem Frühstück die Plenumsdiskussion eröffnet wurde.
    »Mein Problem ist, daß es mir schwerfällt, das nicht zu glauben«, entgegnete der frühere amerikanische Außenminister James Baker. »Haben beide Regierungen das bekommen, Nigel?«
    »Ja.«
    »Und sie wollen nichts unternehmen?«
    Siebenunddreißig Augenpaare hefteten sich auf den früheren Spionagechef, als erwarteten sie von ihm eine Versicherung, daß alles nur ein Alptraum sei, eine düstere Vision, die sich in Wohlgefallen auflösen würde.
    »Übereinstimmend kam man zu dem Schluß, daß eine offizielle Reaktion ausbleiben muß«, fuhr Irvine fort. »Die Hälfte des Inhalts des Schwarzen Manifests spiegle wahrscheinlich ohnehin die Stimmung weiter Teile der Bevölkerung wider. Außerdem stamme es nicht aus offiziellen Quellen. Komarow könne es als Fälschung brandmarken, mit der Folge, daß seine Position möglicherweise noch gestärkt werde.«
    Bedrücktes Schweigen breitete sich aus.
    »Darf ich etwas sagen?« meldete sich schließlich Saul Nathanson zu Wort. »Diesmal nicht in meiner Eigenschaft als Gastgeber, sondern als Mitglied. Vor acht Jahren hatte ich noch einen Sohn. Er fiel im Golfkrieg.«
    Einige nickten. Zwölf der Teilnehmer hatten damals bei der Schaffung der multinationalen Allianz eine entscheidende Rolle gespielt. Der am anderen Ende sitzende General Powell sah den Finanzier aufmerksam an. Wegen des hohen Ansehens des Vaters war ihm die Nachricht vom Tod des Lieutenant Tim Nathanson persönlich überbracht worden. Der junge Pilot der Air Force war kurz vor Kriegsende abgeschossen worden.
    »Wenn dieser Verlust mir einen Trost bietet«, fuhr Nathanson fort, »dann das Wissen, daß er im Kampf gegen die Verkörperung des Bösen gestorben ist.«
    Er hielt inne, suchte nach Worten. »Ich bin alt genug, um an den Begriff des Bösen zu glauben. Und an die Vorstellung, daß das Böse immer wieder in Menschengestalt auftreten kann. Während des Zweiten Weltkriegs war ich nicht alt genug, um mitzukämpfen. An seinem Ende war ich gerade acht. Ich weiß, daß einige von Ihnen an diesem Krieg teilgenommen haben. Aber das erfuhr ich natürlich erst später. Ich glaube, daß Adolf Hitler das Böse verkörperte. Und seine Taten nicht minder.«
    Erneut herrschte Stille. Staatsmänner, Politiker, Bankiers, Finanziers,

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