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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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liegenden Dokumente besiegelt worden war.
    Im Juli war der Professor für Nuklearphysik hinter Gitter gewandert. Insgesamt hatten sechs Wissenschaftler seines Kalibers in Kalifornien Vorlesungen gehalten, doch hatte man den Kreis der Verdächtigen schnell auf vier einschränken können. Bei einer Blitzdurchsuchung von Blinows Wohnung in Arzamas-16 hatte man dann eine dilettantisch in einem Paar Socken versteckte Phiole mit unsichtbarer Tinte gefunden.
    Auch er hatte sehr schnell gestanden. Der bloße Anblick Grischins und seiner Verhörspezialisten mit ihren Werkzeugen hatte genügt, um ihm die Zunge zu lösen Sogar die Ostberliner Adresse, an die er seine Briefe geschickt hatte, hatte er preisgegeben.
    Grischin hatte das Direktorat K in Ostberlin sofort mit einer Razzia in dieser Wohnung beauftragt, doch war der Mieter eine Stunde vor dem Anrücken seiner Leute im Westteil der Stadt untergetaucht.
    Und schließlich war ihm Ende Juli auch der Soldat aus Sibirien in die Hände gefallen. Sie hatten ihn dank seines Rangs in der GRU, seines Postens im Verteidigungsministerium, seines Einsatzes in Aden und nicht zuletzt dank einer Hausdurchsuchung identifizieren können, bei der sie herausfanden, daß eines seiner Kinder beim Stöbern nach Weihnachtsgeschenken zufällig Papas kleine Kamera entdeckt hatte.
    Pjotr Solomin war anders gewesen. Selbst den grausamsten Qualen hatte er getrotzt. Aber auch ihn hatte Grischin zu guter Letzt gebrochen – es gelang ihm ja immer. Er hatte ihm einfach damit gedroht, seine Frau und seine Kinder in eines der gefürchtetsten Arbeitslager abtransportieren zu lassen.
    Sie alle hatten geschildert, wie dieser lächelnde Amerikaner, der sich ihre Probleme so geduldig angehört und ihnen so vernünftige Vorschläge unterbreitet hatte, an sie herangetreten war. Und das war der Grund für Grischins zwiespältige Gefühle in diesem Moment: In den Triumph mischte sich eine gräßliche Wut auf diesen aalglatten Kerl, dessen Namen er jetzt kannte – Jason Monk.
    Nicht einmal, nicht zweimal, sondern dreimal war dieser dreiste Schurke fröhlich in die UdSSR eingereist, hatte mit seinen Spionen gesprochen und war wieder davonspaziert. Und das unter den Augen des KGB! Je mehr er über diesen Mann erfuhr, desto unversöhnlicher wurde sein Haß.
    Selbstverständlich hatte er alles überprüfen lassen. Seine Leute hatten die Passagierliste der
Armenia
durchgesehen, doch kein Pseudonym war ihnen aufgefallen. Allerdings erinnerte sich die Mannschaft vage an einen Texaner in typisch texanischer Kleidung, der dem Mann, den Solomin ihr beschrieben hatte, ähnelte. Wahrscheinlich war Monk also in die Rolle dieses Norman Kelson geschlüpft, aber beweisen ließ sich das nicht.
    In Moskau hatten seine Detektive mehr Glück gehabt. Jeder amerikanische Tourist, der sich am fraglichen Tag in der Hauptstadt aufhielt, war wegen seines Antrags auf ein Visum behördlich registriert und stand außerdem in den Akten des Intouristbüros. So hatten sie am Ende das Metropol herausgefiltert und dort den Mann, der wegen eines angeblich verdorbenen Magens nicht an der Busfahrt nach Zagorsk teilgenommen hatte. Rein zufällig hatte Monk ausgerechnet an diesem Tag Professor Blinow in der Kathedrale von Wladimir getroffen. Dr. Philip Peters war der Name dieses Mannes gewesen. Grischin würde ihn sich merken.
    Als die drei Verräter gestanden hatten, was sie alles diesem Amerikaner preisgegeben hatten, waren die KGB-Offiziere vor Schreck kreidebleich geworden.
    Grischin legte die drei Dokumente aufeinander und tätigte noch einen Anruf. Todesurteile waren ihm immer ein besonderer Genuß.
    General Wladimir Krjutschkow war mittlerweile vom Leiter der Ersten Hauptverwaltung zum Vorsitzenden des gesamten KGB befördert worden und unterstand darum direkt dem Präsidenten Am Vormittag hatte er ihn in dessen Büro im Haus des Zentralkomitees am Nowajaplatz aufgesucht und ihm die drei Todesurteile zur Unterschrift vorgelegt. Danach hatte er sie mit dem Vermerk: »Sofort erledigen!« ins Lefortowo-Gefängnis geschickt.
    Der Oberst ließ die zum Tode Verurteilten eine halbe Stunde lang schmoren. Nur nicht zu schnell vollstrecken, hatte er seinen Schülern immer wieder eingeschärft, damit sie auch wirklich die Todesangst spürten. Als er sich dann endlich nach unten begab, knieten die drei Männer auf dem Kies im von hohen Mauern umgebenen Hof, den nie ein Sonnenstrahl erreichte.
    Der Diplomat kam als erster an die Reihe. Er schien unter

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