Das schwarze Manifest
die für Teenager in Südvirginia ungewöhnlich waren: Er sprach ausgezeichnet Französisch und war ein sehr guter Liebhaber. Mit achtzehn meldete er sich freiwillig zum Militär.
Im Jahr 1968 war der Vietnamkrieg voll entbrannt. Viele junge Amerikaner versuchten, sich vor einem Einsatz in Südostasien zu drücken. Wer sich als Freiwilliger für drei Jahre verpflichtete, wurde mit offenen Armen empfangen.
Monk absolvierte die Grundausbildung und füllte dabei irgendwann einen detaillierten Personalfragebogen aus. In die recht optimistische Spalte »Fremdsprachen« schrieb er »Französisch«. Daraufhin wurde er ins Dienstzimmer des Lageradjutanten gerufen.
»Sprechen Sie wirklich französisch?« fragte der Offizier. Monk berichtete, wo er die Sprache gelernt hatte. Der Adjutant rief die High-School an und sprach mit der Schulsekretärin, die bei Mrs. Brady nachfragte und dann zurückrief. Das dauerte einen ganzen Tag. Monk wurde erneut zum Lageradjutanten gerufen. Diesmal war ein Major von G2, dem militärischen Nachrichtendienst, anwesend.
Außer vietnamesisch sprachen die meisten älteren Bewohner dieser ehemals französischen Kolonie auch französisch. Monk wurde nach Saigon geflogen. Er war dort zwei Jahre im Einsatz und tat zwischendurch ein Jahr Dienst in der Heimat.
An seinem Entlassungstag ließ sein Kommandeur ihn zu sich rufen. In seinem Dienstzimmer saßen zwei Zivilisten. Nachdem der Oberst ihnen Monk vorgestellt hatte, verließ er den Raum.
»Nehmen Sie bitte Platz, Sergeant«, sagte der ältere und umgänglichere der beiden Männer. Er spielte mit seiner Bruyerepfeife, während sein ernsthafter Begleiter in einen Französischschwall ausbrach. Monk antwortete ebenso fließend. So ging es zehn Minuten lang weiter. Dann wandte der Mann, der französisch gesprochen hatte, sich mit einem Grinsen an seinen Kolle gen.
»Er ist gut, Carey, er ist verdammt gut.« Er verließ ebenfalls den Raum.
»Also, was halten Sie von Vietnam?« fragte der Zurückbleibende. Er war etwa vierzig und hatte ein faltiges Gesicht mit amüsiertem Ausdruck. Man schrieb das Jahr 1971.
»Es ist ein Kartenhaus, Sir«, sagte Monk. »Und es ist dabei einzufallen. In spätestens zwei Jahren müssen wir hier raus.«
Carey schien seiner Meinung zu sein. Er nickte mehrmals.
»Sie haben recht, aber das dürfen Sie der Army nicht erzählen. Was haben Sie jetzt vor?«
»Das weiß ich noch nicht genau, Sir.«
»Nun, Ihre Entscheidungen müssen Sie selbst treffen. Aber Sie besitzen eine Gabe, die mir beispielsweise fehlt. Mein Freund dort draußen ist Amerikaner wie Sie und ich, aber er ist bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr in Frankreich aufgewachsen. Wenn er sagt, daß Sie gut sind, genügt mir das. Warum wollen Sie also nicht weitermachen?«
»Sie meinen, mit einem Studium, Sir?«
»Allerdings. Die Kosten werden größtenteils von der G.I. Bill übernommen. Onkel Sam findet, daß Sie das verdient haben. Nutzen Sie diese Möglichkeit.«
Während seiner Dienstzeit hatte Monk den größten Teil seines Soldes heimgeschickt, um zum Unterhalt seiner jüngeren Geschwister beizutragen.
»Auch für die G. I. Bill muß man tausend Dollar in bar haben«, stellte er fest.
Carey zuckte mit den Schultern. »Die tausend Dollar ließen sich aufbringen, vermute ich. Wenn Sie als Hauptfach Russisch wählen.«
»Und wenn ich's tue?«
»Dann sollten Sie mich anrufen. Die Organisation, für die ich arbeite, kann Ihnen vielleicht etwas anbieten.«
»Das würde vier Jahre dauern, Sir.«
»Oh, wir sind geduldige Leute, wo ich arbeite.«
»Wie haben Sie von mir erfahren, Sir?«
»Drüben in Vietnam sind einige unserer Leute aus dem Phoenix Programm auf Sie und Ihre Arbeit aufmerksam geworden. Ihre Informanten haben mehrmals gute Tips über den Vietcong geliefert. Das hat ihnen gefallen.«
»Sie kommen aus Langley, stimmt's, Sir? Sie sind die CIA.«
»Oh, nicht die ganze. Nur ein kleines Rädchen.« Tatsächlich war Carey Jordan weit mehr als bloß ein kleines Rädchen. Er sollte später zum stellvertretenden Direktor (Beschaffung) aufsteigen – zum Leiter der gesamten Auslandsspionage.
Monk befolgte seinen Rat und schrieb sich daheim in Charlottesville an der University von Virginia ein. Er trank wieder Tee mit Mrs. Brady, aber nur noch als Freund. Er studierte slawische Sprachen und lernte akzentfrei Russisch, so daß sein Professor, selbst ein Russe, ihn als »bilingual« bezeichnete. Im Jahr 1975 schloß er sein Studium als
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