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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Moi war ein sehr guter Arzt, und er kannte sich mit Tropenkrankheiten vermutlich besser aus als der Tscheche. Er untersuchte den Kleinen gründlich und richtete sich dann lächelnd auf.
    »Plasmodium falciparum«, verkündete er. Der Vater beugte sich mit verständnislosem Stirnrunzeln nach vorn. Sein Englisch war gut, aber doch nicht so gut. »Eine Malariavariante, die leider gegen alle Mittel auf Chloroquinbasis, wie sie mein geschätzter Kollege Dr. Swoboda verschrieben hat, resistent ist.«
    Dr. Moi injizierte dem Kleinen intravenös ein sehr wirksames Breitbandantibiotikum. Es schien zu helfen. Zumindest anfangs. Aber als nach einer Woche die Wirkung des Antibiotikums abklang, zeigte sich wieder das alte Krankheitsbild. Unterdessen war die Mutter nahezu hysterisch. Sie lehnte alle Formen ausländischer Medizin ab und bestand darauf, mit ihrem Sohn nach Moskau zurückzufliegen. Der Botschafter war einverstanden.
    In Moskau wurde der Junge in eine der exklusiven KGB-Kliniken eingeliefert. Das war möglich, weil der Zweite Sekretär (Handel) Nikolai Turkin in Wirklichkeit KGB-Major Turkin von der Ersten Hauptverwaltung war.
    Die Klinik war gut, und da KGB-Offiziere überall auf der Welt im Einsatz sein können, hatte sie eine erstklassige Abteilung für Tropenmedizin. Wegen der ungeklärten Erkrankung des Kleinen nahm der Chefarzt, Professor Glasunow, sich seines Falls persönlich an. Er studierte beide Krankenakten aus Nairobi und ordnete eine Reihe von Computertomographien und Ultraschalluntersuchungen an, die damals der medizintechnisch letzte Schrei und anderswo in der UdSSR praktisch nicht erhältlich waren.
    Die Schnittbilder machten Glasunow große Sorgen. Sie ließen eine Serie von Abszessen erkennen, die sich im Körper des Jungen an verschiedenen Organen bildeten. Als er die Mutter des Kleinen in sein Arbeitszimmer bat, war sein Gesichtsausdruck ernst.
    »Ich weiß, welche Erkrankung vorliegt, zumindest bin ich mir meiner Sache ziemlich sicher, aber sie kann nicht behandelt werden. Mit massiven Antibiotikadosen hat Ihr Sohn vielleicht noch einen Monat zu leben. Wahrscheinlich nicht länger. Ich bedaure sehr, Ihnen keine andere Auskunft geben zu können.«
    Die weinende Mutter wurde hinausgeführt. Eine mitfühlende Assistenzärztin erklärte ihr, was diagnostiziert worden war. Ihr Junge hatte Melioidose, eine in Afrika höchst seltene, aber in Südostasien häufiger vorkommende ungewöhnliche Krankheit.
    Sie war von den Amerikanern während des Vietnamkriegs identifiziert worden.
    Amerikanische Hubschrauberpiloten waren die ersten Opfer dieser neuartigen und meist tödlichen Krankheit geworden. Untersuchungen zeigten, daß ihre Rotorblätter im Schwebeflug über Reisfelder dünne Wasserschleier aufwirbelten, die einige Piloten eingeatmet hatten. Der gegen alle bekannten Antibiotika resistente Bazillus befand sich im Wasser. Das wußten die Russen, denn obwohl sie damals nichts von ihren eigenen Forschungsergebnissen preisgaben, saugten sie wie ein Schwamm alles Wissen aus dem Westen auf. Professor Glasunow erhielt automatisch sämtliche medizinischen Fachzeitschriften aus dem Westen.
    In einem langen Telefongespräch, das von Weinkrämpfen unterbrochen wurde, teilte Gosposcha ihrem Mann mit, ihr Sohn werde sterben. An Melioidose sterben. Major Turkin notierte sich diesen Namen. Dann ging er zu Oberst Kuljow, der als KGB-Resident in Nairobi sein Vorgesetzter war. Der Oberst ließ Mitgefühl erkennen, blieb aber knallhart.
    »Wir sollen uns an die Amerikaner wenden? Sind Sie übergeschnappt?«
    »Genosse Oberst, wenn die Yankees die Krankheit identifiziert haben, und noch dazu vor sieben Jahren, haben sie vielleicht etwas dagegen.«
    »Aber wir können sie nicht danach fragen«, widersprach der Oberst. »Hier geht's um unser nationales Prestige.«
    »Hier geht's um das Leben meines Sohns!« rief der Major.
    »So, das reicht. Sie können abtreten.«
    Obwohl Turkin wußte, daß er damit seine Karriere gefährdete, suchte er den Botschafter auf. Der Diplomat war nicht grausam, aber auch er ließ sich nicht umstimmen.
    »Interventionen unseres Außenministeriums beim State Department sind selten und immer auf Staatsangelegenheiten beschränkt«, erklärte er dem jungen Offizier. »Weiß Oberst Kuljow übrigens, daß Sie hier sind?«
    »Nein, Genosse Botschafter.«
    »Dann werde ich es ihm um Ihrer Zukunftsaussichten willen nicht erzählen. Und auch Sie halten den Mund. Aber die Antwort lautet trotzdem

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