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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Gaumen. Das Zeug war stark, besser als russisches Bier, und schmeckte gut, aber er mußte davon husten. Karottenkopf lachte.
    »Go on, then. 'Ave a beer!«
sagte er. Weitere für Saizew unverständliche Laute. Zu seiner Verblüffung kehrte der ausländische Soldat ihm den Rücken zu und schlenderte die wenigen Meter zu seinem Fahrzeug zurück. Der Mann hatte nicht mal Angst vor ihm. Er war bewaffnet, er vertrat hier die Rote Armee, und diese Ausländer schienen grinsend Witze zu reißen.
    Er stand unter den Bäumen, trank das kalte Bier und fragte sich, was Oberst Nikolajew davon halten würde. Der Oberst war Saizews Brigadekommandeur. Er war erst ungefähr dreißig, aber ein vielfach ausgezeichneter Kriegsheld. Einmal war er bei Saizew stehengeblieben und hatte ihn nach seinen Angehörigen, nach seiner Herkunft gefragt. Der Gefreite hatte geantwortet, er komme aus dem Waisenhaus. Der Oberst hatte ihm auf den Rücken geklopft und ihm versichert, jetzt habe er ein Heim gefunden. Er verehrte Oberst Nikolajew.
    Er hatte zuviel Angst, um ihnen ihr Bier vor die Füße zu kippen, und außerdem schmeckte es sehr gut, auch wenn es vergiftet war. Also leerte er die Flasche ganz. Kurze Zeit später kletterten die beiden ausgestiegenen Soldaten hinten in den Jeep und setzten ihre Barette auf. Der Fahrer ließ den Motor an, und sie fuhren davon.
    Ohne Hast, ohne Angst vor ihm. Der Rothaarige drehte sich noch einmal um und winkte ihm zu. Sie waren der Feind, sie hatten vor, in Rußland einzufallen, aber sie winkten ihm zu.
    Als sie außer Sicht waren, warf er die leere Flasche möglichst weit in den Wald und stapfte auf dem Weg weiter, bis er schließlich einen russischen Militärlaster anhalten konnte, der ihn in die Kaserne zurückbrachte. Der Sergeant verdonnerte ihn zu einer Woche Küchendienst, weil er sich verlaufen hatte, aber Leonid erzähle niemandem von den Ausländern oder dem Bier.
    Bevor der ausländische Jeep davonfuhr, fiel ihm auf, daß er am vorderen rechten Kotflügel eine Art Regimentsabzeichen trug, während über dem Reserverad am Heck eine Peitschenantenne wippte. An der Antenne war eine etwa dreißig mal dreißig Zentimeter große Flagge angebracht. Sie wies drei Kreuze auf ein stehendes in Rot und zwei diagonale in Rot und Weiß – alles auf blauem Untergrund. Eine komische Flagge in Rot, Weiß und Blau.
    Vierundvierzig Jahre später hatte er sie plötzlich wieder vor sich – über dem Dach eines Gebäudes jenseits des Flusses. Damit war das Problem des Hasen gelöst. Er wußte, daß er Akopow das Schriftstück nicht hätte stehlen dürfen, aber jetzt konnte er's nicht mehr zurückbringen. Aber vielleicht würde niemand merken, daß es fehlte. Also würde er's den Leuten mit der komischen Flagge geben, die einem Bier schenkten. Sie würden wissen, was damit zu tun war.
    Er stand von seiner Bank auf und machte sich am Fluß entlang auf den Weg zur Großen Steinbrücke, die über die Moskwa zum Sofiskaja-Kai hinüberführt.
Nairobi 1983
    Als der kleine Junge Kopfschmerzen und leichtes Fieber bekam, dachte seine Mutter zuerst an eine Sommergrippe. Gegen Abend schrie der Fünfjährige jedoch vor Kopfschmerzen und hielt seine Eltern die ganze Nacht wach. Morgens fragten ihre Nachbarn in der sowjetischen Diplomatenwohnsiedlung, die auch kaum geschlafen hatten, weil die Wände dünn und ihre Fenster wegen der Hitze offen waren, was dem Kleinen fehle. An diesem Morgen fuhr die Mutter mit ihrem Sohn zum Arzt.
    Keine der Ostblockbotschaften hatte einen eigenen Arzt, sondern alle teilten sich einen. Dr. Swoboda gehörte zum Personal der tschechoslowakischen Botschaft, aber er betreute die gesamte kommunistische Gemeinschaft. Er war ein guter und gewissenhafter Arzt, der nur wenige Minuten brauchte, um der russischen Mutter zu versichern, ihr Sohn habe lediglich einen leichten Malariaanfall. Er verabreichte die entsprechende Dosis eines der Noviquin/Paludrin-Derivate, die für russische Ärzte damals das Mittel der Wahl waren, und gab ihr weitere Tabletten mit, die täglich eingenommen werden sollten.
    Das Mittel schlug nicht an. Zwei Tage lang verschlechterte sich der Zustand des Kleinen weiter. Fieber und Schüttelfrost nahmen zu, und das Kind schrie vor Kopfschmerzen. Der sowjetische Botschafter zögerte nicht, einen Besuch im Nairobi General Hospital zu gestatten. Da die Mutter kein Englisch sprach, wurde sie von ihrem Mann, dem Zweiten Sekretär (Handel) Nikolai Iljitsch Turkin, begleitet.
    Auch Dr. Winston

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