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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Interviews in wichtige europäische und nordamerikanische Zeitungen garantieren.
    Obwohl Kusnezow, dessen Vater jahrelang als Diplomat bei den Vereinten Nationen akkreditiert gewesen war und seine Position dazu benutzt hatte, seinen Sohn die Cornell University absolvieren zu lassen, die USA besser als Europa kannte, war ihm natürlich auch London ein Begriff.
    Er wußte auch, daß die amerikanische Presse, die zu einer liberalen Haltung neigte, in den Fällen, in denen sein Chef ihr Interviews gewährt hatte, überwiegend kritisch über ihn berichtet hatte. Das letzte dieser Interviews hatte vor einem Jahr stattgefunden, und die gestellten Fragen waren ausgesprochen feindselig gewesen. Deshalb war Gospodin Komarow nicht zu weiteren Gesprächen mit amerikanische n Journalisten bereit.
    Aber London war etwas anderes. Mehrere wichtige Zeitungen und die beiden britischen Nachrichtenmagazine waren entschieden konservativ, allerdings bei weitem nicht so rechtsradikal wie Igor Komarow in seinen öffentlichen Äußerungen.
    »Ich möchte vorschlagen, für Mark Jefferson eine Ausnahme zu machen, Gospodin Präsident«, sagte er am nächsten Tag bei ihrer wöchentlichen Besprechung zu Igor Komarow.
    »Wer ist dieser Mann?« fragte Komarow, dem alle Journalisten, auch russische, zuwider waren. Sie stellten Fragen, von denen er nicht einsah, warum er sie beantworten sollte.
    »Ich habe ein kleines Dossier über ihn zusammengestellt, Gospodin Präsident«, antwortete Kusnezow und legte ihm einen Plastikordner auf den Tisch. »Wie Sie sehen werden, tritt er in seiner Heimat für die Wiedereinführung der Todesstrafe für Mord ein. Und er ist ein strikter Gegner der britischen Mitgliedschaft in der sich auflösenden Europäischen Union. Ein strammer Konservativer. Bei Ihrer letzten Erwähnung hat er geschrieben, Sie seien der Typ des russischen Spitzenpolitikers, den London unterstützen und mit dem es verhandeln solle.«
    Komarow grunzte, dann gab er seine Zustimmung. Ein Motorradkurier überbrachte dem Moskauer Büro des
Daily Telegraph
seine Antwort noch am selben Tag. Mr. Jefferson wurde mitgeteilt, Mr. Komarow sei bereit, ihm am neunten August ein Interview zu geben.
Jemen, Januar 1986
    Weder Jason Monk noch Pjotr Solomin hatten voraussehen können, daß der Aufenthalt des Majors in Aden ein Dreivierteljahr früher als geplant enden würde. Aber am dreizehnten Januar brach zwischen den beiden rivalisierenden Fraktionen des regierenden jemenitischen Klüngels ein erbitterter Bürgerkrieg aus. Die Kämpfe waren so heftig, daß beschlossen wurde, alle Ausländer – auch die Russen – zu evakuieren. Diese Evakuierung fand ab dem fünfzehnten Januar in einer sechstägigen Aktion statt. Solomin gehörte zu denen, die in die Boote gingen.
    Der Flughafen lag unter Beschuß, deshalb bot die See den einzigen Fluchtweg. Der Zufall wollte es, daß die Jacht
Britannia
der englischen Königin eben das Rote Meer nach Süden verlassen hatte, um Kurs auf Australien zu nehmen, damit Königin Elisabeth II. sie dort bei ihrem Staatsbesuch zur Verfügung hatte.
    Nach einer Anfrage der britischen Botschaft aus Aden wurde die Admiralität in London alarmiert und setzte sich mit dem Privatsekretär der Königin in Verbindung. Er konsultierte die Monarchin, und Königin Elisabeth II. entschied, die
Britannia
    sollte zu jeder nur möglichen Hilfeleistung eingesetzt werden.
    Zwei Tage später verließen Major Solomin und eine Gruppe weiterer russischer Offiziere ihre Deckung und spurteten über die Abyan Beach, wo die Beiboote der
Britannia
in der Brandung rollten. Englische Matrosen zogen sie aus dem hüfttiefen Wasser, und innerhalb einer Stunde breiteten die verwirrten Russen ihre geliehenen Schlafsäcke auf dem freigeräumten Boden des Privatsalons der Königin aus.
    Beim ersten Einsatz nahm die
Britannia
vierhunderteinunddreißig Flüchtlinge an Bord; insgesamt rettete sie bei mehreren Fahrten zum Strand tausendundachtundsechzig Menschen aus fünfundfünfzig Nationen. Zwischen den einzelnen Evakuierungen nahm sie Kurs auf Dschibuti am Horn von Afrika, um dort ihre jeweilige menschliche Fracht an Land zu setzen. Solomin und seine russischen Landsleute wurden über Damaskus nach Moskau geflogen.
    Niemand konnte damals ahnen, daß für Solomin, der eigentlich noch unschlüssig war, der Unterschied zwischen der legeren Kameradschaft der Briten, Franzosen und Italiener mit den Matrosen der Royal Navy und der düsteren Paranoia seiner Befragungen in

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