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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Folge eines Verkehrsunfalls im Krankenhaus liegen. Bleiben sie
alle
aus, liegt ein riesiges Problem vor.
    Genau das passierte im Herbst 1985 und im Winter 1985/86 bis ins Frühjahr hinein. Nur Gordiewski meldete verzweifelt: »Bin in höchster Gefahr!« und wurde von den Briten in Sicherheit gebracht. Major Bochan in Athen schöpfte Verdacht und rettete sich in die USA. Die übrigen zwölf verstummten einfach.
    Jeder einzelne Führungsoffizier in Langley oder im Ausland würde wissen, daß sein Agent offenbar geschnappt worden war, und diese Tatsache melden. Aber Carey Jordan und der Leiter der Abteilung SO hatten den Gesamtüberblick. Sie wußten, daß hier etwas ganz und gar faul war.
    Eine Ironie des Schicksals wollte es, daß Ames eben durch die unprofessionelle Reaktion des KGB gerettet wurde. Niemand würde sich einfallen lassen, sagte die CIA sich, in so kurzer Zeit solche Massenverhaftungen von Agenten vorzunehmen, wenn der Verräter noch mitten in Langley säße. So konnten die Verantwortlichen sich einreden, was sie ohnehin glauben wollten: Sie, die Elite aller Eliten, konnten unmöglich einen Verräter in ihrer Mitte haben. Trotzdem mußte verzweifelt gefahndet werden, und das geschah auch – aber anderswo.
    Der erste Verdächtige war Edward Lee Howard, die jetzt in Moskau sicher versteckte Hauptperson eines früheren Fiaskos. Howard hatte als CIA-Agent in der Abteilung SO gearbeitet und war auf die Übernahme eines Postens in der Moskauer US-Botschaft vorbereitet worden. Dabei hatte er sogar Einzelheiten laufender Unternehmen erfahren. Unmittelbar vor seiner Versetzung wurde entdeckt, daß Howard finanzielle Schwierigkeiten hatte und Drogen nahm.
    Ohne Machiavellis goldene Regel zu beachten, entließ die CIA ihn fristlos, ließ ihn aber unbewacht herumlaufen. Zwei Jahre lang. Ohne jemanden davon zu benachrichtigen. In dieser ganzen Zeit saß Howard auf Parkbänken und überlegte, ob er zu den Russen gehen solle. Schließlich informierte die CIA doch das FBI, das empört reagierte und Howard unter Beobachtung stellte. Dann machten die FBI-Agenten einen Fehler. Sie verloren ihn aus den Augen, aber Howard hatte sie gesehen. Im September 1985 gelangte er binnen zwei Tagen in die sowjetische Botschaft in Mexico City, die ihn über Havanna nach Moskau weiterleitete.
    Eine Überprüfung zeigte, daß Howard drei der verschwundenen Agenten hätte verraten können – vielleicht sogar sechs. Tatsächlich verriet er die einzigen drei, von denen er wußte, aber sie waren schon im August von Ames verraten worden. Diese drei wurden zweifach verraten.
    Einen weiteren Hinweis lieferten die Russen selbst. In dem verzweifelten Bemühen, seinen Maulwurf zu schützen, ließ der KGB eine riesige Ablenkungs- und Desinformationskampagne anlaufen, um die CIA auf eine falsche Fährte zu locken. Damit hatte er Erfolg. Ein scheinbar echtes Leck in Ostberlin »enthüllte«, einige Codes seien geknackt und der Funkverkehr sei abgehört worden.
    Benutzt wurden diese Codes von dem wichtigen CIA-Geheimsender in Warrenton, Virginia. Ein Jahr lang wurden Warrenton und das dortige Personal genau unter die Lupe genommen. Nichts, kein Hinweis auf geknackte Codes. Wären welche geknackt worden, hätte der KGB auch weitere Geheimnisse erfahren – aber in bezug auf diese Dinge hatte er nichts unternommen. Folglich waren die Codes intakt.
    Eine dritte vom KGB eifrig gelegte falsche Fährte suggerierte, die Russen hätten brillante Ermittlungsarbeit geleistet. Diese Möglichkeit wurde in Langley, wo ein Bericht die Feststellung enthielt, »jedes Unternehmen trägt den Keim zu seiner eigenen Vernichtung in sich«, erstaunlich gleichmütig aufgenommen. Mit anderen Worten hatten alle vierzehn Agenten plötzlich beschlossen, sich wie Idioten zu benehmen.
    Manche in Langley fielen nicht auf diesen Gleichmut herein. Einer davon war Carey Jordan, ein weiterer Gus Hathaway. Auf niedrigerer Ebene gehörte Jason Monk dazu, der durch interne Gerüchte von den Problemen erfuhr, die seine Abteilung zerrissen.
    Die Akte 301, die sämtliche Informationen enthielt, wurde überprüft. Das Ergebnis war erschreckend. Zugang zu der Akte hatten insgesamt hundertachtundneunzig Personen. Das war eine beängstigend hohe Zahl. Befindet man sich im Herzen der UdSSR unter Lebensgefahr im Einsatz, kann man nichts weniger brauchen, als daß hundertachtundneunzig völlig Fremde Zugang zur eigenen Akte haben.
    Professor Georgi Kusmin schrubbte sich im Untersuchungsraum

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