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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Esteban Martinez Llorca.«
    Er streckte seine Hand aus. Der Russe zögerte, dann schüttelte er die angebotene Hand. »Pjotr«, sagte er. »Oder Peter. Peter Solomin.«
    Am übernächsten Abend kam der russische Major wieder einmal in die Bar des Rock Hotels. Dieses ehemalige Kolonialhotel ist buchstäblich auf Fels und in den Fels hineingebaut. Von der Straße führt eine Treppe in den kleinen Empfangsbereich hinauf, und im obersten Stock liegt die Bar mit Panoramablick über den Hafen. Monk hatte sich einen Fenstertisch gesichert und starrte nach draußen. In der spiegelnden Fensterscheibe konnte er beobachten, wie Solomin hereinkam, aber er wartete ab, bis der Mann sein Bier vor sich stehen hatte, bevor er sich umdrehte.
    »Ah, Peter, so trifft man sich wieder. Wollen Sie mir Gesellschaft leisten?«
    Er deutete auf den freien Stuhl an seinem Tisch. Der Russe zögerte kurz, nahm dann aber Platz. Er hob sein Glas.
    »Na sdorowje!«
    Monk prostete ihm ebenfalls zu.
    »Pesetas, faena y amor!«
Solomin runzelte die Stirn. Monk grinste. »Geld, Arbeit und Liebe – in beliebiger Reihenfolge.« Der Russe lächelte zum erstenmal. Er hatte ein sympathisches Lächeln.
    Sie unterhielten sich. Über dieses und jenes. Darüber, wie unmöglich es war, mit den Jemeniten zusammenzuarbeiten, wie ärgerlich, sie ihre Maschinen demolieren zu sehen, und wie frustrierend, eine Aufgabe zu haben, an der man selbst zweifelte. Und wie es Männer in der Fremde oft tun, sprachen sie über ihre Heimat.
    Monk erzählte von seiner Heimat Andalusien, wo man in der Gipfelregion der Sierra Nevada skilaufen und noch am selben Tag im warmen Meer vor Sotogrande schwimmen konnte. Solomin erzählte von tiefverschneiten Urwäldern, durch die noch Sibirische Tiger streiften und in denen ein geschickter Jäger Füchse, Wölfe und Rotwild erlegen konnte.
    Sie trafen sich an vier aufeinanderfolgenden Abenden und hatten Spaß an ihren endlosen Gesprächen. Am dritten Tag mußte Monk den holländischen Direktor des hiesigen FAO-Programms aufsuchen und eine Inspektionstour mitmachen. Die CIA-Außenstelle Rom hatte von der dortigen FAO-Zentrale detaillierte Informationen über das Programm im Jemen beschafft, und Monk hatte sie sich eingeprägt. Seine Herkunft aus einer Farmgegend half ihm, die Probleme zu verstehen, und er sparte nicht mit Lob. Der Holländer war beeindruckt.
    Allabendlich und bis tief in die Nächte hinein erfuhr er immer mehr über Major Pjotr Wassiljewitsch Solomin, und was er hörte, gefiel ihm.
    Der Mann war 1945 auf dem schmalen sowjetischen Streifen Land zur Welt gekommen, der zwischen der nordöstlichen Mandschurei und dem Japanischen Meer liegt, während er im äußersten Südwesten an Nordkorea angrenzt. Er heißt Primorski Krai, und sein Geburtsort war die Stadt Ussurisk.
    Sein Vater war vom Land in die Stadt gekommen, um Arbeit zu suchen, zog aber seinen Sohn in der Sprache seines Stamms – des Volks der Udegei – auf. Und er nahm den Heranwachsenden möglichst oft in die Wälder mit, so daß der Junge eine tiefe Affinität zu den Elementen seiner Heimat entwickelte: Wald, Berge, Wasser und Tiere.
    Bevor die Udegei im neunzehnten Jahrhundert endgültig von den Russen unterjocht wurden, hatte der Dichter Arsenjew die Enklave besucht und ein in Rußland noch immer berühmtes Buch über diese Menschen geschrieben. Es trug den Titel
Fernöstliche Tiger.
    Im Gegensatz zu den kleinen, flachnasigen Asiaten im Westen und Süden waren die Udegei groß und hatten Adlernasen. Vor vielen, vielen Jahrhunderten waren einige ihrer Vorfahren nach Norden gezogen, hatten die Beringstraße ins heutige Alaska überquert und sich nach Süden gewandt, um sich durch Kanada hindurch auszubreiten und die Indianerstämme Sioux und Cheyenne zu werden.
    Betrachtete Monk den großen Sibirer, der ihm am Tisch gegenübersaß, konnte er sich die Gesichter längst toter Büffeljäger am Platte River und Powder River vorstellen.
    Der junge Solomin hatte nur die Wahl zwischen Fabrik und Militär. Er fuhr mit dem Zug nach Norden und meldete sich in Chabarowsk als Freiwilliger. Die allgemeine Wehrpflicht dauerte ohnehin drei Jahre, und nach zwei Jahren wurden die Besten für Unteroffizierslehrgänge ausgewählt. Dank seiner natürlichen soldatischen Begabung kam er auf die Offiziersschule, die er nach weiteren zwei Jahren als junger Leutnant verließ.
    Er diente lange als Leutnant, Oberleutnant und Hauptmann, bevor er mit dreiunddreißig Jahren zum Major

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