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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gemeinsam von unten heraufgearbeitet, Jahre in abgelegenen Außenposten verbracht, Informanten angeworben und das große Spiel gegen den feindlichen KGB gespielt. Jordan und er vertrauten einander wie Brüder.
    Das war das eigentliche Problem: In der Abteilung SO hatten alle Vertrauen zueinander. Das mußten sie. Sie waren der innerste Kern, der exklusivste Klub, die Angriffsspitze im Geheimdienstkrieg. Trotzdem hegte jeder Mann einen schrecklichen Verdacht. Howard, geknackte Codes und clevere Ermittlungsarbeit der KGB-Verwaltung K konnten dazu geführt haben, daß fünf, sechs, sieben Agenten enttarnt wurden. Aber vierzehn? Die ganze gottverdammte Bande? Und trotzdem konnte es keinen Verräter geben. Es
durfte
keinen geben. Nicht in der Abteilung Sowjetunion/Osteuropa. Dann klopfte jemand an. Die Stimmung der beiden besserte sich. Der einzige Mann, der noch Erfolge vorzuweisen hatte, wartete darauf, hereingebeten zu werden.
    »Nehmen Sie Platz, Jason«, sagte der stellvertretende Direktor.
    »Harry und ich wollten Sie nur kurz sprechen, um Ihnen unsere Anerkennung auszudrücken. Ihr Mann Orion liefert wirklich erstklassiges Material. Unsere Auswerter sind ganz begeistert. Deshalb finden wir, daß der Agent, der ihn angeworben hat, eine Besoldung nach G15 wert ist.«
    Eine Beförderung von G14 nach G15. Er bedankte sich.
    »Wie geht's Ihrem Mann Lysander in Madrid?«
    »Danke, gut, Sir. Er schickt regelmäßig Berichte. Nichts Sensationelles, aber immer nützlich. Seine Dienstzeit läuft demnächst ab. Er wird bald nach Moskau zurückkehren.«
    »Er ist nicht vorzeitig zurückgerufen worden?«
    »Nein, Sir. Warum auch?«
    »Natürlich nicht, Jason.«
    »Darf ich etwas sagen, ganz offen sprechen?«
    »Schießen Sie los.«
    »In der Abteilung wird darüber geredet, daß wir in diesem letzten halben Jahr in ziemliche Turbulenzen geraten sind.«
    »Wirklich?« fragte Gaunt. »Nun, die Leute tratschen eben gern.«
    In diesem Augenblick kannten nur zehn Männer an der Spitze der CIA-Hierarchie das ganze Ausmaß der Katastrophe. Aber obwohl die Hauptabteilung Beschaffung sechstausend Mitarbeiter hatte, von denen tausend zur Abteilung SO gehörten – jedoch nur hundert mit Monks Dienstgrad –, war sie trotzdem ein Dorf, und in einem Dorf machen Gerüchte die Runde. Monk holte tief Luft und sprach weiter.
    »Geredet wird davon, daß wir Agenten verloren haben. Ich habe von bis zu zehn Mann gehört.«
    »Sie kennen die Vorschrift, daß jeder nur erfahren darf, was er wissen muß, Jason.«
    »Ja, Sir.«
    »Also gut, wir haben vielleicht ein paar Probleme gehabt. Das passiert in allen Diensten. Glückssträhnen und Pechsträhnen. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Sollte die Zahl zehn annähernd stimmen, gibt es nur einen einzigen Ort, an dem alle einschlägigen Informanten gesammelt sind: die Akte 301.«
    »Ich denke, wir wissen, wie die Agency funktioniert, Soldat«, knurrte Gaunt.
    »Wie kommt's dann, daß Lysander und Orion noch frei herumlaufen?« fragte Monk.
    »Hören Sie, Jason«, antwortete der stellvertretende Direktor geduldig. »Ich habe Ihnen einmal gesagt, daß Sie sonderbar sind – unkonventionell, ein Mann, der sich nicht an Vorschriften hält. Aber jemand, der Glück hat. Okay, wir haben einige Verluste zu beklagen, aber Sie dürfen nicht vergessen, daß die Akte 301 auch alle Angaben über Ihre beiden Quellen enthält.«
    »Nein, das tut sie nicht.«
    Danach war es plötzlich so still, daß man eine Erdnuß auf den hochflorigen Teppichboden hätte fallen hören können. Carey Jordan spielte nicht mehr mit seiner Pfeife, die er nie in geschlossenen Räumen rauchte, sondern wie ein Schauspieler als Requisit benutzte.
    »Irgendwie bin ich nie dazu gekommen, ihre Unterlagen bei der Zentralregistratur abzugeben. Ein bedauerliches Versehen. Tut mir leid.«
    »Aber wo sind die Originale? Ihre eigenen Berichte mit allen Details der Anwerbung, der bisherigen Treffs, der getroffenen Vereinbarungen?« fragte Gaunt schließlich.
    »In meinem Safe. Den haben sie nie verlassen.«
    »Und die operativen Details Ihrer Führungsarbeit?«
    »In meinem Kopf.«
    Nun folgte eine noch längere Pause.
    »Danke, Jason«, sagte der stellvertretende Direktor endlich. »Sie hören noch von uns.«
    Vierzehn Tage später fand auf der Führungsebene der Hauptabteilung Beschaffung eine große Strategiedebatte statt. Gemeinsam mit nur zwei weiteren Analytikern hatte Carey Jordan die hundertachtundneunzig Mitarbeiter, die in den letzten

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