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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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über Westberliner Gebiet.
    Auf diesem Transit vom Osten über ein Stück Westen und in den Osten zurück blieben alle Türen und Fenster verriegelt. Die Ostberliner Fahrgäste konnten dasitzen und auf ein Stück Westberlin hinabschauen, aber es war für sie unerreichbar.
    Heinrich, der vorn im Führerstand ganz allein war, öffnete sein Fenster und schoß an einer bestimmten Stelle mit einer Steinschleuder ein Projektil, das wie ein kleiner Golfball aussah, auf ein Trümmergrundstück. Ein Mann mittleren Alters, der Heinrichs Dienstplan kannte, führte dort seinen Hund spazieren. Sobald der Zug ratternd außer Sichtweite war, hob er den »Golfball« auf und brachte ihn seinen Kollegen in der riesigen CIA-Außenstelle Westberlin. Wurde der Behälter aufgeschraubt, zeigte sich, daß er einen eng zusammengefalteten Luftpostbrief enthielt.
    Solomin hatte Neuigkeiten zu berichten, lauter gute Neuigkeiten. Nach seiner unfreiwilligen Heimkehr aus dem Jemen war er intensiv befragt worden und hatte anschließend eine Woche Sonderurlaub erhalten. Danach hatte er sich zur Wiederverwendung im Verteidigungsministerium gemeldet.
    In der Eingangshalle hatte ihn der stellvertretende Verteidigungsminister erkannt, für den Solomin vor drei Jahren die Datscha gebaut hatte. Dieser Mann hatte es inzwischen zum Ersten Stellvertreter des Ministers gebracht.
    Obwohl er die Uniform eines Generaloberst und genügend Orden trug, um ein Kanonenboot zu versenken, war der Mann in Wirklichkeit ein Produkt des Apparats und hatte eine politische Karriere gemacht. Ihm gefiel die Idee, einen eisenharten Frontsoldaten aus Sibirien in seinem Gefolge zu haben. Er hatte Freude an seiner Datscha, die vorzeitig fertiggestellt worden war, und sein Adjutant war soeben aus Gesundheitsgründen (übermäßiger Wodkagenuß) in den Ruhestand getreten. Der Minister beförderte Solomin zum Oberstleutnant und machte ihn zu seinem neuen Adjutanten.
    Zuletzt gab Solomin, was höchst riskant war, seine Privatadresse in Moskau an und bat um Anweisungen. Hätte der KGB seinen Brief abgefangen und entziffert, wäre er erledigt gewesen. Aber da Solomin sich nicht an die US-Botschaft wenden konnte, mußte Langley wissen, wo er zu erreichen war. Normalerweise hätte er vor seiner Abreise aus dem Jemen weit modernere Nachrichtenmittel erhalten, aber der Bürgerkrieg war dazwischengekommen.
    Zehn Tage später erhielt er eine »letzte Zahlungsaufforderung« wegen eines Verkehrsvergehens. Der in Moskau abgestempelte Umschlag trug den aufgedruckten Absender des Zentralen Verkehrsamts. Die Mahnung und der Umschlag waren so gut gefälscht, daß er beinahe beim Zentralen Verkehrsamt angerufen hätte, um ganz energisch klarzustellen, er sei noch nie bei Rot über eine Kreuzung gefahren. Dann sah er die aus dem Umschlag rieselnden Sandkörner.
    Er verabschiedete seine Frau, die ihre Kinder in die Schule fuhr, mit einem Kuß, und als er dann allein war, bestrich er die Zahlungsaufforderung mit dem Entwickler aus der kleinen Flasche, die er in seinem Rasierzeug aus Aden in die Heimat geschmuggelt hatte. Die Mitteilung war kurz: Am kommenden Sonntag. Zwischen zehn und elf Uhr. In einem Cafe am Leninskiprospekt.
    Er war beim zweiten Kaffee, als ein Unbekannter, der sich in seinen Mantel zwängte, um gegen den draußen wehenden eisigen Wind geschützt zu sein, an ihm vorbeikam. Aus dem leeren Mantelärmel fiel eine Packung russischer Zigaretten auf seinen Tisch.
    Solomin bedeckte sie mit seiner Zeitung. Der Mann im Mantel verließ das Cafe, ohne sich umzusehen.
    Die Packung schien voll zu sein, aber die zwanzig Filter waren zu einem Block zusammengeklebt, unter dem sich nichts Rauchbares befand. In dem Hohlraum steckten eine winzige Kamera, zehn Filmpatronen für den Anfang, ein Blatt Reispapier, auf dem drei tote Briefkästen beschrieben und sechs verschiedene Kreidezeichen mit genauen Ortsangaben erläutert waren, damit er angeben konnte, ob die Briefkästen leer waren oder geleert werden mußten. Außerdem steckte darin ein persönliches Schreiben Jason Monks, das mit den Worten: »So, mein Jägerfreund, jetzt werden wir die Welt verändern!« begann.
    Einen Monat später hinterlegte Orion seine erste Lieferung in einem toten Briefkasten und holte sich weitere Filmpatronen ab. Sein Material stammte tief aus dem Innersten des sowjetischen militärischindustriellen Komplexes und war unbezahlbar.
    Professor Kusmin las die Transkription seiner Komme ntare zur Obduktion von Leiche Nummer

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