Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
zögerte, weil er zwischen zwei Feuer geraten war, und griff dann Monk an. Er sah die blitzende Klinge hoch in der Luft, duckte sich unter den Arm, blockierte ihn und traf den schmuddeligen Dischdasch des Angreifers mit einem Fausthieb in Höhe des Solarplexus.
    Der Mann war zäh. Er grunzte, ohne seinen Dolch fallen zu lassen, und entschloß sich zur Flucht. Sein Komplize rappelte sich auf, rannte hinter ihm her und ließ seinen Dolch auf dem Pflaster liegen.
    Der Europäer hatte sich umgedreht und diesen kurzen Kampf wortlos verfolgt. Er mußte wissen, daß er ohne das Eingreifen des zehn Meter von ihm entfernten blonden Unbekannten ermordet worden wäre. Monk sah einen schlanken jungen Mann mit dunklem Teint und schwarzen Augen, der jedoch kein Einheimischer war und einen dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd trug. Er wollte ihn eben ansprechen, als der andere ihm kurz dankend zunickte und in dem Durchgang vor ihnen verschwand.
    Monk bückte sich, um den Dolch aufzuheben. Er hielt keine omanische
Kunja
in der Hand, wie überhaupt von Omanern verübte Raubüberfälle so gut wie unbekannt waren. Der Dolch war ein jemenitischer
Gambiah
mit viel schlichterem und fast geradem Griff. Monk glaubte, die Herkunft der beiden Attentäter zu kennen. Sie gehörten den Stämmen Audhali oder Aulaqi im Innern des Jemen an. Was zum Teufel, dachte er, haben sie so weit entlang der Küste in Oman zu suchen – und warum hassen sie diesen jungen Europäer so sehr?
    Er folgte seinem Instinkt, fuhr in die amerikanische Botschaft zurück und suchte seinen CIA-Kollegen auf.
    »Hast du zufällig eine Steckbriefsammlung unserer Freunde in der sowjetischen Botschaft?«
    Seit dem Bürgerkriegsfiasko im Januar 1986 hatte die Sowjetunion sich bekanntlich völlig aus dem Jemen zurückgezogen und die moskautreue jemenitische Regierung verarmt und verbittert zurückgelassen. Um überleben zu können, hatte Aden, das vor Wut über seine vermeintliche Demütigung kochte, sich im Westen um Wirtschaftshilfe und Handelskredite bemühen müssen. Seit damals hing das Leben jedes Russen im Jemen an einem seidenen Faden. Der Himmel kennt keinen größeren Zorn als Liebe, die in Haß sich wandelt.
    Ende 1987 hatte die UdSSR in dem entschiedenen antikommunistischen Golfstaat Oman eine reguläre Botschaft eröffnet und umwarb den probritischen Sultan.
    »Ich nicht«, sagte Monks Kollege, »aber die Briten haben bestimmt eine.«
    Von dem Labyrinth aus engen und feuchten Korridoren, aus denen die amerikanische Botschaft bestand, waren es nur wenige Schritte zur luxuriöseren britischen Botschaft hinüber. Sie gingen durch das reichgeschnitzte Holzportal, nickten dem Pförtner zu und überquerten den Innenhof. Dieser gesamte geschichtsträchtige Komplex war früher die Villa eines reichen Handelsherrn gewesen.
    In eine Mauer des Innenhofs war ein Gedenkstein eingelassen den eine römische Legion errichtet hatte, bevor sie in die Wüste davonmarschierte, um nie wieder zurückzukehren. In seiner Mitte stand der britische Fahnenmast, der einst jedem Sklaven, der ihn erreichte, die Freiheit gebracht hatte. Die beiden Amerikaner bogen nach links zum Botschaftsgebäude ab, wo der SIS-Stationsleiter sie erwartete. Sie schüttelten sich die Hand.
    »Was ist das Problem, alter Junge?« fragte der Engländer.
    »Das Problem ist«, antwortete Monk, »daß mir vorhin im Suk ein Kerl begegnet ist, der ein Russe gewesen sein könnte.«
    Seine Vermutung basierte nur auf einer Kleinigkeit, aber der Unbekannte im Suk hatte den Kragen seines offenen weißen Hemdes über dem Jackenkragen getragen, wie es Russen im Gegensatz zu westlichen Ausländern oft taten.
    »Schön, sehen wir uns mal unser Album an«, schlug der Brite vor.
    Er führte sie durch die schmiedeeiserne Tür, einen kühlen Säulengang entlang und die Treppe hinauf. Der britische SIS residierte im obersten Stock des Botschaftsgebäudes. Der Engländer nahm ein Fotoalbum aus seinem Safe, und sie blätterten es gemeinsam durch.
    Alle neu in Oman eingetroffenen Angehörigen der sowjetischen Botschaft waren darin versammelt – auf dem Flughafen, beim Überqueren einer Straße oder auf einer Cafeterrasse unter freiem Himmel fotografiert. Die letzte Aufnahme zeigte den schwarzhaarigen jungen Mann, wie er bei der Ankunft das Empfangsgebäude des Flughafens durchquerte.
    »Was solche Dinge betrifft, sind unsere hiesigen Freunde sehr hilfsbereit«, sagte der SIS-Offizier. »Die Russen müssen sich beim Außenministerium

Weitere Kostenlose Bücher