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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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anmelden und um Akkreditierung nachsuchen. Wir erfahren die Einzelheiten. Vor ihrer Ankunft bekommen wir einen Tip, damit wir uns mit einem Teleobjektiv auf die Lauer legen können. Ist er das?«
    »Ja. Was wissen Sie über ihn?«
    Per Stationsleiter suchte eine Karteikarte heraus.
    »Ah, da haben wir ihn. Wenn nicht alles gelogen ist, ist er Dritter Sekretär, Alter achtundzwanzig. Er heißt Umar Gunajew. Klingt irgendwie tatarisch.«
    »Nein«, sagte Monk nachdenklich, »er ist Tschetschene, ein moslemischer Tschetschene.«
    »Sie glauben, daß er beim KGB ist?« fragte der Brite.
    »O ja, er ist ein Geheimdienstmann, das steht fest.«
    »Danke, das hilft uns weiter. Sollen wir irgendwas gegen ihn unternehmen? Uns beim Außenministerium über ihn beschweren?«
    »Nein«, antwortete Monk. »Schließlich müssen wir uns alle unseren Lebensunterhalt verdienen. So wissen Sie wenigstens, wer er ist. Die Russen würden bloß einen Ersatzmann für ihn schicken.«
    Als sie in ihre Botschaft zurückschlenderten, fragte der CIA-Agent Monk neugierig: »Woher hast du das gewußt?«
    »Bloß so 'ne Ahnung.«
    Tatsächlich steckte mehr dahinter. Letztes Jahr hatte Gunajew an der Bar des Frontel in Aden einen Orangensaft getrunken. Monk war nicht der einzige gewesen, der ihn an diesem Tag wiedererkannt hatte. Auch die beiden Jemeniten hatten ihn erkannt und beschlossen, die Demütigung ihrer Heimat zu rächen.
    Mark Jefferson traf am achten August mit der Nachmittagsmaschine auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo ein und wurde vom Bürochef des
Daily Telegraph
abgeholt.
    Der auf Politik spezialisierte Starkolumnist war ein kleiner, adretter Mann mit rotblondem Haar, das bereits schütter wurde, und ebenfalls rötlichblondem kurzem Bart. Seine Langmütigkeit, so hieß es, entsprach exakt der Länge seines Körpers und seines Barts.
    Ohne übermäßig Zeit zu verlieren, lehnte Jefferson es ab, mit seinem Kollegen und dessen Frau zu Abend zu essen, und verlangte nur, ins Luxushotel National am Manegeplatz gefahren zu werden.
    Dort erklärte er seinem Kollegen, er ziehe es vor, Mr. Komarow allein zu interviewen, und werde im Bedarfsfall durch Vermittlung des Hotels eine Limousine mit Chauffeur mieten. Sein Kollege fuhr gründlich abgeblitzt davon.
    Als Jefferson sein Zimmer verlangte, bemühte sich der Hoteldirektor, ein großer, sehr zuvorkommender Schwede, persönlich um ihn. Sein Reisepaß wurde am Empfang einbehalten, damit die vorgeschriebenen Angaben herauskopiert und ans Tourismusministerium übermittelt werden konnten. Vor dem Abflug aus London hatte Jefferson seine Sekretärin angewiesen, dem National mitzuteilen, wer er war und wie wichtig er war.
    Vom Zimmer aus rief er die Nummer an, die Boris Kusnezow in seinem Antwortfax angegeben hatte.
    »Willkommen in Moskau, Mr. Jefferson«, sagte Kusnezow in fließendem Englisch mit leichtem amerikanischen Akzent. »Mr. Komarow freut sich sehr auf das Gespräch mit Ihnen.«
    Das war gelogen, aber Jefferson glaubte es trotzdem. Weil der russische Politiker tagsüber nicht in Moskau sein würde, vereinbarten sie einen Termin für neunzehn Uhr am nächsten Abend. Ein Wagen mit Fahrer würde ihn im National abholen. Mark Jefferson speiste zufrieden allein im Hotelrestaurant und ging dann früh schlafen.
    Nachdem Jefferson Rührei mit Schinken gefrühstückt hatte, beschloß er am nächsten Morgen, das seiner Überzeugung nach unveräußerliche Recht eines Engländers in jedem Land der Erde wahrzunehmen: einen Spaziergang zu machen.
    »Einen Spaziergang?« fragte der schwedische Hoteldirektor mit erstauntem Stirnrunzeln. »Wohin wollen Sie denn?«
    »Irgendwohin. Etwas frische Luft schnappen. Die Beine vertreten. Vielleicht zum Kreml hinüber und mich ein bißchen umsehen.«
    »Wir können Ihnen unsere Limousine zur Verfügung stellen«, schlug der Hoteldirektor vor. »Die ist viel bequemer. Und sicherer.«
    Aber darauf ließ Jefferson sich nicht ein. Er wollte einen Spaziergang machen, und er würde einen machen. Der Hoteldirektor konnte ihn wenigstens dazu bewegen, Armbanduhr und Brieftasche dazulassen und ein Bündel Millionrubelscheine für die Bettler mitzunehmen. Genug, um die Bedürftigen zufriedenzustellen, aber nicht genug, um einen Raubüberfall zu provozieren. Hoffentlich.
    Der englische Journalist mittleren Alters, der trotz seiner Bekanntheit als Starkolumnist ausschließlich im Londoner politischen Journalismus Karriere gemacht hatte und nie als Auslandskorrespondent an

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