Das Schwarze Weib
rüstige Arme, und keine Arbeit soll mir zu schwer sein.«
»Schon gut!« sprach Madlen und drückte dem Mädchen die Hand. »Müßig sollst du nicht sein und kannst uns schon bei der Lese wacker helfen. Im übrigen sieh zu, was du der Ammerie an häuslichen Verrichtungen abnehmen kannst, aber zankt euch nicht um die Arbeit.«
»Wir uns zanken?« rief eine fröhliche Stimme hinter dem dichten Gerank der Laube. Es war Ammerie, die unbemerkt herangekommen war und die Worte der Mutter gehört hatte. »Wer sich mit mir zanken will, der muß es schon hübsch grob anfangen, denn ich bin doch das sanftmütigste und verträglichste Geschöpf zwischen Rhein und Haardt. Aber kommt! der Vater ist da und sieht kirschrot aus im Gesicht. Er ist gewiß wieder mit dem Freiherrn zusammengeraten, der vielleicht die Elfuhrmesse mit seiner hohen Gegenwart beehrt hat.«
»Und wie steht's mit dem Mittagessen?« fragte Madlen.
»Alles bereit! riecht ihr denn nicht, wie der Sonntagsschweinsbraten duftet?« lachte der Kobold.
Da erhoben sich die zwei und gingen mit Ammerie zum Hause, in dessen Tür groß und breit Christoph Armbruster in seiner ganzen Bürgermeisterwürde, aber auch in seiner rosigsten Laune stand.
Drittes Kapitel.
Während der nächsten Wochen wurden auf dem Abtshofe die nötigen Vorbereitungen für die Lese getroffen. Im Kelterhause wurden sämtliche Geräte einer genauen Prüfung auf ihre Brauchbarkeit und Sauberkeit unterzogen und im Keller die Lager für die Lotten, jene Tonnen, in die der ausgepreßte Traubensaft zuerst gegossen wird, sowie für die Fässer und Trubfäßle hergerichtet. Bei diesen Arbeiten hatten die Frauen weniger zu tun als die Männer, und Madlen benutzte diese letzte Frist vor dem alle Kräfte in Anspruch nehmenden Werke des Herbstens dazu, Trudi nach und nach in die Wirtschaft einzuführen, wobei sich zu ihrer Freude herausstellte, daß ihre junge Verwandte in den mancherlei Hantierungen des Hauswesens wohlbewandert war.
Ohne einige kleine Zwiste ging das indessen nicht ab. Ammerie, die bei den mütterlichen Unterweisungen zugegen war, wollte bald diese, bald jene Obliegenheit nicht gutwillig abtreten und behauptete, durch solche, ihrerseits nicht gewünschte Entlastung von ihr zuständigen Geschäften eine Einbuße an Wirksamkeit zu erleiden, die sie sich nicht gefallen zu lassen brauchte. Wozu sie denn überhaupt hier auf dem Hofe noch nütze wäre, fragte sie, die Nase rümpfend, wenn man ihre sich stets als tadellos erwiesene Leistungsfähigkeit brachlegen wollte; sie verlangte keine Erleichterung und Ablösung. Trudi sollte tun und treiben, was sie Lust hätte, aber zu nichts angehalten und gezwungen werden. Das gefiel nun aber Trudi wieder nicht; im Gegenteil, sie konnte gar nicht genug kriegen an ihr zu übertragender Tätigkeit und schien alle Mühen auf sich laden und an sich reißen zu wollen.
So entspann sich zwischen den Mädchen ein edler Wettstreit, den die Bürgermeisterin nur durch ein entschiedenes Machtwort schlichten oder dadurch zu einem beide befriedigenden Ausgleich bringen konnte, daß sie sich dazu verstand, auf manche ihrer eigenen hausfraulichen Anrechte zu verzichten und diese unter die jungen Ehrgeizigen zu verteilen. Bei der praktischen Ausführung der endgültig getroffenen Maßregeln gestalteten sich die Dinge allerdings weit friedlicher als bei ihrer Abmessung. Die Mädchen fanden sich schnell in die übernommenen Pflichten, arbeiteten einander in die Hände und hatten bei gemeinsamem Tun Gelegenheit zu lustiger Unterhaltung, so daß ihr Plaudern, Singen und Lachen oft durch das ganze Haus erscholl.
Trudi empfand das ihr auf dem Abtshofe beschiedene Glück in tiefster Seele, nicht nur durch die liebevolle Behandlung, die sie von allen Insassen erfuhr, sondern auch in dem Gefühl, daß sie die ihr erwiesenen Wohltaten durch Gegenleistungen einigermaßen vergelten konnte und sich sozusagen ihr täglich Brot ehrlich verdiente.
Ihr Aussehen besserte sich von Tag zu Tag. Ihre Wangen strafften und röteten, ihre Schultern ründeten sich, und ihre blauen Augen blickten freudig und hoffnungsvoll. In dieser durch Fleiß und Ordnung geregelten Häuslichkeit, inmitten einer einträchtigen Familie, deren Glieder sich stets rücksichtsvoll und freundlich begegneten, lebte sie von neuem auf, und die schmerzlichen Erinnerungen an ihr von Leiden verdüstertes, von Feindseligkeiten vergälltes Dasein in Gamburg fielen eine nach der anderen wie schwer drückende, nun sich
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