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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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konnte mit einem Male tanzen, und wie tanzte sie! Da fiel es Madlen wie Schuppen von den Äugen; nun wußte sie, was oben auf ihrem Boden so oft gerauscht, geschleift und getrappt hatte. Franz und ihr spitzbübischer Nesthaken, die Ammerie, hatten Trudi Tanzstunde gegeben, und der Erfolg war ein großartiger. Alle, die sie in der Spinnstube bei Steinecker hatten sitzen und die Achseln zucken sehen, wenn einer der Burschen sie aufforderte, waren höchst erstaunt und riefen dem schönen Paare, das sich so stolz und sicher im Kreise schwang, lauten Beifall zu, nur eine nicht. Jakobine wurde rot und weiß vor Ärger, und ihre Augen schossen lodernde Blitze auf die beiden.
    Den ganzen Abend blieb Trudi die von Franz auffällig Bevorzugte, was Jakobine dermaßen aus den Fugen brachte, daß sie fort wollte und nur mit Mühe zum Bleiben zu bewegen war, um Aufsehen zu vermeiden. Nun aber wollte sie dem Abtrünnigen auch zeigen, daß ihr sein verletzendes Betragen durchaus gleichgültig wäre, tanzte wie rasend, lachte und kreischte und war die Übermütigste und Ausgelassenste von allen.
    Frau Agnete billigte zwar das Verhalten ihres Sohnes gegen die so sichtlich von ihm Vernachlässigte nicht, aber die Entdeckung, die sie dabei machte, war ihr doch keineswegs unlieb, denn Jakobine hatte nicht erst heute, sondern schon öfter das Mißfallen der klugen Frau erregt, der das schlecht erzogene, sich unschicklich benehmende Mädchen keine willkommene künftige Schwiegertochter war. Nun erkannte sie, daß auch Franz nichts mehr von Jakobine wissen wollte, und um zu erkunden, ob die Armbruster'sche Verwandte seiner unverhohlenen Neigung würdig wäre, knüpfte sie in den Tanzpausen mehrmals eine Unterhaltung mit ihr an. Auch bei der ihr befreundeten Madlen streckte sie leise tastende Fühlfäden nach deren Nichte aus, und die Ergebnisse dieser Erforschungsversuche fielen durchaus zu Agnetens Zufriedenheit aus.
    Als der Tanz schon flott im Gange war, erschien Junker Ulrich von Remchingen, der Sohn des Reichsfreiherrn, der sich öfter zu den Spinnstuben einfand, wie dies einst auch sein Vater getan hatte. Der sich frei in diesem Kreise Bewegende, ein junger Kavalier mit ansprechenden Zügen und dunkeln, feurigen Augen, war kein Spielverderber, ein gewandter Plauderer und vorzüglicher Tänzer. Bei allen Mädchen hatte er einen Stein im Brett, und sie ließen sich je toller je lieber den Hof von ihm machen. Die Mütter aber verdoppelten dann ihre Wachsamkeit über die für seine Huldigungen sehr empfänglichen Töchter, denn er stand in dem Rufe, ein gefährlicher Herzensfänger zu sein, dem für ein lustiges Abenteuer unter vier Augen auch eine hübsche Bauerndirn durchaus nicht zu gering deuchte.
    Er wurde von allen Seiten höflich begrüßt und von den beim Weine sitzenden älteren Männern mit einem Zutrunke geehrt, auf den er ihnen dankend Bescheid tat. Aber zum Trinken war er nicht gekommen, tanzen wollte er. Nach einer flüchtigen Musterung der hier vertretenen weiblichen Jugend schritt er sofort auf Trudi zu und begann ein leichtes Gespräch mit ihr. Aber seine Ausdrucksweise, sein Ton, sein Blick und die unerlaubte Kühnheit, womit er sie dann beim Tanzen umfaßte, erweckten das Gefühl in ihr, daß sie vor diesem jungen Herrn auf ihrer Hut sein müsse.
    Keinem der Mädchen kam er heute so gelegen wie Jakobinen, die mit ihm nun ihrem ungetreuen Franz die Spitze bieten wollte, um diesen zur Eifersucht zu spornen. Darum tat sie, was sie konnte, den Junker für diesen Abend an sich zu fesseln, stellte sich ihm in den Weg, wenn er sich eine Partnerin suchte, lockte ihn mit verlangenden Blicken und drückte sich schmiegsam fest an ihn, wenn er mit ihr tanzte.
    Franz durchschaute ihre Absicht und sah ihr zuchtloses Gebaren kühl und gelassen mit an. Für ihn war nur Trudi da, die in seinem Herzen schon hoch über jener Zudringlichen stand. Was sie, die in ihrem ganzen Wesen so Bescheidene und doch so Sichere, von ihm hielt, war ihm noch verborgen, nur daß sie ihm freundschaftlich zugetan wäre, nahm er für gewiß an, und Junker Ulrichs dreistes Werben um ihre Gunst machte ihm keine Sorge.
    In Trudi regten sich ihr bisher völlig unbekannte Empfindungen. Bei dem heimlichen Tanzunterricht hatte Franz ihr noch deutlicher als in den Spinnstuben gezeigt, daß er sie gern, sehr gern hatte, und sie selber fühlte sich von einer tiefen Neigung zu ihm ergriffen, gegen die sie jedoch ehrlich anzukämpfen suchte. Denn sie konnte und wollte

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