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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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weg! Hammichel, hupp! auf die Tonne!«
    Im Nu war alles beiseite geräumt, vier starke Arme packten Hammichel und hoben ihn auf die Tonne, die zu dem Zwecke schon bereit gestellt war. Dann, sobald seine Fiedel erklang, umfaßte Gustel ihren Schatz und wirbelte mit ihm herum, während andere Paare den Spuren des ersten folgten.
    Jakobine hatte sich sofort Franzens bemächtigt und ihn, er mochte wollen oder nicht, in den Strudel hineingezogen. Als er dreimal die Runde mit ihr gemacht hatte, trennte er sich von ihr und forderte Trudi auf.
    »Ich danke dir, Franz!« sprach sie, »aber ich tanze nicht.«
    »Du tanzt nicht?« fragte er verwundert, »warum denn nicht?«
    »Ich kann nicht tanzen, hab's nicht gelernt.«
    »Was ist da groß zu lernen? Unterricht von einem Tanzmeister haben wir alle nicht gehabt, das gibt sich von selbst.«
    »Bei mir nicht,« erwiderte sie, »ich habe nie getanzt, habe keine tanzfrohe Jugend gehabt.«
    Sie sagte das mit so ernstem Ton und einem so traurigen Blick, daß er wohl ahnte, wie es daheim in ihrem Leben ausgesehen haben mochte. »Laß mich's dir beibringen, Trudi!« bat er inständig, »es ist nicht schwer, und ich tät es so gern.«
    »Vielleicht nimmt sich Ammerie meiner an und lehrt es mich,« entgegnete sie lächelnd, »und sobald ich's kann, sollst du der erste sein, mit dem ich's versuchen will.«
    »Soll ein Wort sein, Trudi! In der Weihnachtsrockenstube bei uns tanzen wir zwei miteinander, gelt?«
    Sie drückte ihm die Hand, und er verließ sie. Nun klopfte ihm das Herz doch.
    Auch anderen Burschen versagte sie sich, und darum fühlte sich keiner beleidigt, zumal sie den Grund ihrer Weigerung errieten.
    Steffen tanzte am meisten mit Ammerie und flüsterte ihr dabei beständig etwas zu, was ihr zu gefallen schien, denn sie lächelte glücklich.
    Die Freude dauerte noch so lange, bis Adam Steinecker aus der Trinkstube beim Kronenwirt nach Hause kam, denn dies war das Zeichen, daß es mit der Spinnstube für heute ein Ende hatte, denn die Mitternacht war nahe.
    Alle brachen auf und begaben sich, meist zu zweien gesellt, auf den Heimweg. Franz geleitete Trudi und Ammerie, weil er nicht wollte, daß sich ein anderer an Trudi heranmachte. Jakobine war mit den sich verabschiedenden Gästen vor das Tor getreten, um auszuspionieren, mit wem er gehen würde. Und richtig! dachte sie's doch! mit der Würzburgischen ging er, – mit der, die noch nicht einmal tanzen konnte! »Na warte! das will ich dir anstreichen,« grollte sie.
    Aber auch Trudi sah, wie die einzelnen Pärchen, zärtlich umschlungen, sich im Dunkel der Nacht verloren, und dachte: nun küssen sich die, und im nächsten Winter tun es wieder andere.
    Als Franz die beiden Mädchen nach dem Abtshofe gebracht hatte und sie sich oben in ihrer Kammer entkleideten, fragte Trudi: »Kannst du schon schlafen, Ammerie?«
    »Ich? und wie!« lachte Ammerie, »wenn ich alles so gut könnte wie schlafen, würde meine Mutter sehr zufrieden mit mir sein. Willst du noch was?«
    »O nichts Besonderes,« sagte Trudi, »ich möchte nur wissen, warum der garstige Mensch, der Hammichel, deinen Vater haßt.«
    »Das – erzähl ich dir morgen,« erwiderte Ammerie gähnend, »jetzt gute Nacht! schlaf wohl!«
    Aber Trudi konnte noch lange nicht einschlafen; ihr kam einer nicht aus den Gedanken, mit dem sie so gern getanzt hätte.

Sechstes Kapitel.
    Anderen Tages saßen Ammerie und Trudi bei einer Näharbeit, während Frau Madlen ein paar notwendige Gänge im Städtchen zu tun hatte, und sprachen über den gestrigen Spinnstubenabend.
    »Du wolltest näheres über den alten Schubiack, den Hammichel wissen,« brachte Ammerie die Rede auf diesen »also laß dir erzählen.
    Er ist früher ein Spielmann gewesen, was er ja so nebenbei noch ist, und hat mit einer Bande Fahrender, Männer und Weiber, vieler Herren Länder durchschweift. Auch verheiratet ist er gewesen und hat nach dem Tode seiner Frau seine einzige Tochter auf seine Kreuz- und Querzüge mitgenommen. Diese hat ihm, als sie starb, ein kleines Kind hinterlassen, unsern Schneckenkaschper, von dessen Vater man nichts weiß. Da hat der Alte sich des armen verwaisen Wurmes angenommen, ist in Gimmeldingen hängen geblieben und hat den Jungen notdürftig aufgezogen, und dies ist das einzige Lobenswerte, das man ihm nachsagen kann. In Gimmeldingen, wo er bis vor etwa acht Jahren wohnte, hatte er seinen Unterhalt durch Aufspielen zum Tanz, weit mehr aber auf eine andere Weise erworben, von der du

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