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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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Kehr dich an nichts und mach dir nichts draus!«
    Trudi schwieg und ging etwas verstört davon, während Ammerie den Tisch mit einem Tuche trocknete. –
    Spät erst trennte man sich. Der letzte Trunk, den die Alten hoben, galt dem künftigen Herbst, daß er so gut werden möge wie der vorige.
    Als die beiden Mädchen oben in ihrer Kammer waren und Trudi schon im Bette lag, seufzte sie einmal schwer auf.
    »Was ist dir?« fragte Ammerie.
    »Das Wort deines Paten Hebenstreit will mir nicht aus dem Sinn,« erwiderte Trudi.
    »Du bist nicht recht gescheit,« sagte Ammerie. »Das war weiter nichts als eine seiner beliebten Uzereien.«
    »Nein, nein, so klang es nicht; er machte ein ganz ernstes Gesicht dazu, und niemand lachte, als wenn es ein Witz gewesen wäre. Dein Vater aber verwies ihm streng sein trübseliges Prophezeien.«
    »Und die anderen auch; sie kennen alle des alten Hagestolzen loses Mundwerk, das oft kaum zu bändigen ist und wieder einmal mit ihm durchging. Davor brauchst du dich nicht zu graulen.«
    »Du redest mir meine Furcht nicht aus. Ich glaube an Vorbedeutungen, hab's mit der Muttermilch eingesogen,« sprach Trudi. »Mir droht Unheil.«
    »Schlaf deinen Rausch aus!« spottete Ammerie und löschte das Licht.

Siebentes Kapitel.
    Das Osterfest fiel dieses Jahr spät, und die Pfalz hatte schon herrliche Frühlingstage mit warmem Sonnenschein gesehen, die das Wachstum der Reben so gefördert hatten, daß die Augen an den Weinstöcken bereits zu Knospen schwollen. In der letzten Woche war das Wetter aber umgeschlagen und sehr veränderlich geworden. Regenschauer wechselten mit rauhen Winden, die über den Rhein herüberwehten und die Winzer in dieser für die Reben gefährlichsten Zeit mit Sorgen erfüllten. Fast jeder trat spät abends, ehe er sich zur Ruhe begab, noch einmal vor die Haustür, um nach dem Himmel zu sehen, ob Sterne blinkten, und zu spüren, aus welcher Richtung der Wind kam.
    Sie hatten in Wachenheim einen Wetterpropheten, den die meisten zwar über die Achsel ansahen, von dem es aber hieß, daß er sich auch auf mancherlei übernatürliche Dinge verstehe und das Gras wachsen höre. Ihn forschten sie aus und folgten seinem Rat, denn seine Voraussagungen des Wetters hatten sich stets besser bewährt als die des weisesten Laubfrosches. Das war Hammichel von Gimmeldingen, von dem allerdings einige behaupteten, daß er seine Prophezeiungen nach Gunst und Belieben verteile und dem einen Richtiges, dem andern Falsches sage, je nachdem er mit dem Fragenden auf einem einträchtigen oder auf einem gespannten Fuße stehe.
    Aber Hammichel befand sich auf einem Osterausfluge, dessen Weg und Ziel niemand kannte, selbst nicht sein Freund Merten Fachendag, bei dem er wohnte.
    Die Freundschaft war freilich nicht weit her. Schelsüchtige Neidhämmel waren sie beide, gönnten sich gegenseitig nichts Gutes und zankten sich häufig, konnten aber trotzdem nicht voneinander lassen. Fachendag war in Wachenheim der erste gewesen, dem Hammichel seine Künste angeboten, der sie mit einträglichem Ergebnis angewandt und dadurch den Ruf seines Einliegers begründet hatte. Dafür bediente ihn Hammichel stets mit besonderer Sorgfalt, wie eine Hand die andere wäscht, und das war es, was dieses noble Paar von Biedermännern aneinander gebunden hielt.
    Fachendag, ein schon betagter Witwer, dem eine weitläufige Verwandte die Wirtschaft führte, hatte Hammichel im Erdgeschosse seines Hauses zwei dürftig eingerichtete Stübchen als Gegenleistung für die Panscharbeit überlassen. In dem einen der beiden Stübchen stand ein kleiner Herd, auf dem der Alte seine Mixturen kochte; er nannte es deshalb sein Laboratorium. In dem anderen, wo er ein kärgliches Bett zu seiner Verfügung hatte, schlief er. Kaspar aber hauste in einem abseits gelegenen Kämmerlein und hatte dort zu seiner Nachtruhe einen Strohsack auf dem Fußboden mit einer zerlumpten Pferdedecke. Die gleichfalls unentgeltlich gelieferte Beköstigung der beiden war äußerst knapp bemessen und wäre für Kaspar durchaus unzureichend gewesen, wenn sich die mitleidige Wirtschafterin des armen Jungen nicht erbarmt und ihm manchmal ein paar heimliche Bissen zugesteckt hätte.
    Einige Tage nach Ostern kehrte Hammichel von seinem Ausfluge zurück und das in merkwürdig guter Laune. Seine ersten Fragen an Kaspar waren: »Was habt ihr hier für Wetter gehabt? wie sieht es in den Wingerten des Bürgermeisters aus? hat kein Nachtfrost seinen Reben den Garaus

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