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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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treffende Los, hörig und leibeigen werden zu müssen.
    Franz hatte von einem Wildfangrechte noch niemals etwas gehört, wollte Trudi kaum Glauben schenken und war geneigt, das alles für einen unbegreiflichen Irrtum zu halten. Fragen auf Fragen stellte er an sie, aber ihre Antworten liefen immer auf das gleiche hinaus: es ist so, und nichts ist daran zu ändern.
    Da stand er auf. Langsam und bestimmt wie einer, der weiß, was er will, und seinen Entschluß gefaßt hat, sprach er: »Wenn dem so ist, so zieh ich mit dir fort, in ein anderes Land, wo dieses verwünschte Recht keine Geltung hat.«
    Auch Trudi erhob sich. Ein traumhaft seliges Gefühl durchrieselte sie. Er wollte fortziehen mit ihr, mit ihr! Dennoch sagte sie unsicher noch und schüchtern: »Du kannst doch um meinetwillen nicht Heimat, Eltern, Haus und Hof verlassen.«
    »Alles in der Welt verlaß ich um deinetwillen, nur dich selber nicht!« rief er und umschlang die Geliebte so fest, als wäre schon jemand da, der sie ihm entreißen wollte.
    »Franz, mein Franz! das ist mir Himmelsbotschaft!« jubelte sie mit strahlenden Augen. »Aber Franz, besinne dich doch: warum denn fortgehen? wir können ja auch hier bleiben; meine Hörigkeit hat nicht viel auf sich und soll uns nicht hindern, uns lieb zu haben und miteinander glücklich zu sein.«
    Er machte sich von ihr los, trat einen Schritt zurück und sprach mit dumpfem Ton, der ihm aus schwerem Herzen kam: »Hier bleiben können wir nicht; mein Vater duldet keine Hörige auf dem Gersbacherhofe.«
    Trudi erbebte; die Arme hingen ihr schlaff am Leibe nieder, und wie gelähmt flüsterte sie: »Ich hab's ihnen doch vorausgesagt. Wir müssen scheiden, Franz! scheiden für immer.«
    Stolz hob er den Kopf. »Scheiden? wer spricht von Scheiden? Wir bleiben zusammen, hier oder dort, wo es auch sei. Können wir uns in Wachenheim den Herd nicht bauen, so gibt's auch anderswo Steine, und Stroh zum Dache finden wir überall. Wir haben ja jeder ein Paar gesunde Arme; nicht wahr, mein Herzenslieb?«
    Sie drückte ihm die Hand, daß er ihre Kraft fühlte. Er zog sie wieder an sich und küßte sie lange, lange auf den zuckenden Mund. Das war wie ein stummer Treuschwur, der keines Wortes mehr bedurfte.
    »Ich gehe jetzt, um mit meinem Vater zu reden,« sagte er, »tu den Deinigen kund, was wir uns gelobt haben.«
    Noch ein kurzer, stürmischer Abschied, dann ging er festen, dröhnenden Schrittes hinaus. –
    Das war nun das Ende vom Liede, das traurige Nachspiel zu dem freudigen Einklang zweier Herzen, die untrennbar aneinander festhalten wollten. Das Bekenntnis Franzens von dem bestimmt zu erwartenden, heftigen Widerspruch seines Vaters fiel auf Trudis kaum wieder aufgelebte Hoffnung wie ein scharfer Nachtfrost im Frühling auf die Reben, der ihnen erbarmungslos die zarten Knospen tötet. –
    Jetzt steckte Ammerie den Kopf zur Tür herein und fragte vergnügt: »Na, hab' ich's recht gemacht? Aber du weinst ja! Trudi! was ist denn?« rief sie und warf sich über die Freundin her. »Sprich doch! läßt Franz dich im Stich?«
    »Nein, er bleibt mir treu.«
    »Siehst du? ich wußte es ja. Aber –?«
    »Aber sein Vater leidet nicht –« Tränen erstickten ihre Stimme.
    »Sein Vater! wenn's weiter nichts ist! Den Alten wollen wir schon zur Vernunft bringen, den krieg' ich auch noch herum und mach' ihm die Hölle heiß wie der Deibel einer armen Seele,« sprach mit beneidenswertem Selbstvertrauen die in keiner Lage um einen trutzigen Scherz verlegene junge Bürgermeisterstochter. Sie hockte sich vor Trudi nieder, streichelte ihr die feuchten Wangen und redete ermutigend so lange auf sie ein, bis die Verzagte ihren beruhigenden Vorstellungen wieder zugänglich wurde.

Siebzehntes Kapitel.
    Der festliche Tag der Kreuz-Erhöhung war, mit Gottesdienst gefeiert und mit Arbeitsruhe geheiligt, vorübergegangen, und noch hatte sich kein Faut auf dem Abtshofe blicken lassen. Die Armbrusters waren darüber ebenso erstaunt wie erfreut. Sollte der Reichsfreiherr doch noch Mittel und Wege gefunden haben, Trudi mit dem Hörigwerden verschonen zu können? Oder nahm er aus Freundschaft für Christoph die Nichtbefolgung des pfalzgräflichen Befehles eigenmächtig auf sich und wollte es darauf ankommen lassen, was ihm für diese Pflichtversäumnis etwa geschähe?
    In der Stadt war mittlerweile die Wiedereinführung des fast allen Lebenden bis dahin unbekannten Wildfangrechtes mit seinen einzelnen, im Mund der Leute noch weiter ausgesponnenen

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