Das Schwarze Weib
pressiert nicht, kannst's aber auch gleich erfahren,« erwiderte Franz. »Du wirst einst Hofbauer hier; ich werde künftig anderswo pflügen oder graben, säen und, so Gott will, ernten.«
»Was?«
»Genug damit! nur eins noch: willig und neidlos überlaß ich dir, was von Rechts wegen mir gebührt hätte.« Und auch dem Bruder entschlüpfte er, ohne dem über alle Maßen Erstaunten noch weiter Rede zu stehen. –
Am nächsten Morgen brachte Franz der geduldig seiner Harrenden auf dem Abtshofe die trostlose Gewißheit, daß sich ihrer Vereinigung hier unüberwindliche Hindernisse entgegenstellten, und erging sich in leidenschaftlichen Ausfällen, nicht auf seinen Vater, dessen Gründe er leider gelten lassen mußte, aber auf den habgierigen Pfalzgrafen und das grausame Geschick. Dann, das Tor der Heimat hinter sich zuschlagend, schmiedete er Pläne, baute sogar freundlich spiegelnde Luftschlösser vor ihren Augen auf, wie sie sich in ihrer Ehe einrichten, wo sie sich in der Ferne mit dem geringen Ersparnis, das er besaß, ein friedumhegtes Fleckchen Erde suchen und mit welcher Erwerbstätigkeit sie ihr bescheidenes Dasein fristen wollten.
Trudi hörte ihm lange schweigend zu, und als sie endlich zu Worte kam, zeigte sie sich als die Gefaßtere, Stärkere. Ruhig sprach sie: »Laß uns nichts überstürzen, Liebster! Noch bin ich nicht hörig, und dem Anschein nach hat es unser gütiger Reichsfreiherr nicht eilig damit. Ich glaube, er hält seine schützende Hand über uns und läßt uns Zeit, miteinander Rat zu pflegen, wie wir uns aus unserer peinvollen Lage retten können. Gibt es aber keine Rettung, so ist mein schwerster Kummer, daß du um meinetwillen deine gesicherte Zukunft wie ein leichtsinniger Spieler seine ganze Habe bis auf den letzten Gulden verschleudern und dein hoffnungsvolles Leben an mein verlorenes ketten willst, und ich bin auch noch keineswegs entschlossen, dieses ungeheure Opfer von dir anzunehmen; lieber will ich –«
»Trudi! nicht weiter so!« unterbrach er sie heftig, »ich halte dich fest und lasse dich nicht. Würdest du dich besinnen, wenn das Verhältnis ein umgekehrtes wäre, ich der Hörige und du die Freie?«
»Nein! nicht einen Augenblick!« rief sie rasch aufspringend und sich an seine Brust werfend. »Wir zwei sind eins, nichts soll uns mehr trennen!«
»Nichts als der Tod, du meine mutige, tapfere Dirn!« sprach er mit einem sieghaften Lächeln, nahm ihren Blondkopf zwischen seine Hände und küßte sie.
Im Überschwang des Glückes schmiegte sie sich hingebend an ihn und küßte ihn wieder und immer wieder, je öfter desto heißer. »O Franz, du mein, ich dein!« jubelte sie. »Nun ist's entschieden, nun wird alles gut. Ja, ich will tapfer sein, will für dich schaffen wie du für mich; auch bei trocken Brot wollen wir uns unserer Liebe freuen. Aber sage mal,« fuhr sie fort, ihm mit klopfendem Herzen in die Augen blickend, »wird uns denn der Pfarrer hier noch trauen, eh' wir zum Wanderstab greifen?«
»Er wird schon, hoff' ich,« erwiderte Franz. »Mein Vater ist sehr gut bekannt mit dem alten geistlichen Herrn und der wird's auch unserm Onkel Bürgermeister nicht abschlagen, uns zusammenzugeben. Und dann – dann bist du meine Frau, mein ehrbar Weib vor Gott und Menschen.«
»Ja, ja, dein Weib, Franz! deine Hörige, deine Leibeigne,« flüsterte sie und barg verschämt ihr errötendes Antlitz an seiner Schulter.
Lange hielten sie sich innig umschlungen und schwiegen, weil ihnen die Worte fehlten, um das auszudrücken, was sie in tiefster Heimlichkeit dachten und fühlten.
Dann entwand sie sich ihm in holder Verwirrung und sagte: »Geh' jetzt, geh' an deine Arbeit und laß mich allein, ich bin meiner Sinne nicht mehr mächtig, mir schwindelt auf diesem Gipfel der Seligkeit.«
Noch ein einziger, schier endloser Kuß, und Franz ging.
Als sich jedoch die Tür kaum hinter ihm geschlossen hatte, öffnete sie Trudi schnell wieder, aber nur eine Spanne weit, und rief leise: »Franz, komm' noch einmal her!« Er kam zurück, und sie fragte schelmisch: »Wann soll's denn losgehen?«
»Du meinst, wenn wir ausrücken sollen?« sprach er. »Nun, ich denke, soviel Finger du an deinen beiden Händen hast, soviel Tage kann's noch dauern, bis wir getraut sind. Oder ist dir das zu früh?«
»Mir? o du Dummer, du Spötter und Bösewicht!« klang es mutwillig von ihren schwellenden Lippen. Und nun gab es doch noch einen Kuß durch die Türspalte, aber Trudi hielt die Tür dabei
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