Das Schwebebahn-Komplott
Sachen.
Lutz zuckte mit den
Schultern, als er sich an den Reglern einrichtete. »Ich an
deiner Stelle hätte keine ruhige Minute, wenn ich wüsste,
dass sie sich in die Fänge dieses Gembowsky begibt. Der Knabe
ist kein unbeschriebenes Blatt im Tal. Mit einem Fuß steht er
schon seit Jahren im Knast. Und sie als äußerst
hübsche, junge Frau ist doch eine leichte Beute für den
Kerl. Sie wird es auch nicht schaffen, ihn in den Bau zu
bringen.«
»Das muss sie
selber wissen«, knurrte Stefan.
»Außerdem...«
»'n Abend, Lutz.
Hallo Stefan. Mach dich schon vom Acker - ich habe nichts mehr
für dich.«
Stefan hatte mit dem
Rücken zur Studiotür gestanden und fuhr auf dem Absatz
der Leinenschuhe herum.
Roland hatte das
kleine Studio betreten, mit einem breiten Grinsen auf den Lippen
und einem Stapel Papier unterm Arm. Er war als Nächster mit
den Nachrichten dran, denn augenblicklich lief schon der
Werbebreak.
»Schön.« Stefan
grinste. Es war eine Minute vor Mitternacht, und vom Studiofenster
aus konnte er die Lichter der Stadt sehen, die bunten
Leuchtreklamen, die sogar Wuppertal einen Hauch von Großstadt
verliehen - wenn auch nur bei Nacht. Auf der Tal-Achse, der B 7,
herrschte noch mäßiger Verkehr. Um diese Uhrzeit waren
nur junge Leute unterwegs, um zwischen Kneipe und Disco zu
wechseln. Er machte Anstalten, in der benachbarten Redaktion zu
verschwinden, als eine zierliche Person im Großraumbüro
auftauchte. Sie schien sichtlich aufgebracht, und Stefan wunderte
sich, was sie noch hier tat.
»Wenn man vom
Teufel spricht«, brummte Roland. Kaum stand Stefan auf dem
schmalen Gang, der Studio und Redaktion voneinander trennte, als
das rote Licht über der Tür aufleuchtete.
»Es ist null
Uhr«, tönte Rolands sonore Stimme über die
Lautsprecher der Redaktion. Er verlas routiniert die
Nachrichten.
Stefan winkte den
Kollegen durch die Glasscheibe zu und machte, dass er zu Heike kam.
»Heike«, sagte er erfreut und ließ sich auf einem
der zahlreichen, mit grauem Stoff bezogenen Drehstühle nieder.
»Was treibst du denn hier?«
Sie wirkte sichtlich
aufgeregt und winkte ab. »Ist ein Studio frei?«,
beantwortete sie Stefans Frage mit einer Gegenfrage.
»Sicherlich«, sagte
er. »Aber mal langsam: Wie war dein Treffen mit Klaus
Gembowsky?«
Sie zog sich einen
Stuhl heran und blies sich eine Haarsträhne aus der erhitzten
Stirn. »Vergiss diesen Grabscher«, sagte sie und rollte
mit den großen, blauen Augen. »Er steht auf einem
anderen Blatt.« Dann berichtete sie von dem Toten, den man am
Abend in der Schwebebahn gefunden hatte.
Stefan war
beeindruckt. »Das ist ein Hammer.«
»Allerdings.
Deshalb bin ich auch hier.« Sie sprang vom Stuhl auf und trat
an ihren Schreibtisch. Ohne ein weiteres Wort warf sie den Computer
an. »Wenn ich jetzt noch einen Beitrag spreche, dann kann die
Geschichte schon in der nächsten Stunde auf Sendung gehen.
Eine Leiche in der Schwebebahn gibt es nicht jeden
Tag.«
»Aber die Leute
von der Zeitung«, warf ihr Kollege ein. »Sie werden
morgen mit Fotos ganz groß aufmachen.«
Zwischen Print- und
audiovisuellen Medien herrschte seit Generationen so etwas wie ein
Konkurrenzkampf. Jeder wollte schneller sein als das
Konkurrenzmedium.
»Vergiss die
Presse«, erwiderte Heike und grinste ihn spitzbübisch
an. »Ich habe eine Exklusivstory daraus
gemacht.«
Stefan war baff.
»Du hast - waas?«
»Zufällig
war ich die einzige Journalistin vor Ort. Außer Axel Grimm,
aber den habe ich dumm sterben lassen.« Ihr Grinsen wurde
noch eine Spur breiter. Während sie mit Stefan redete, tippte
sie einen Text in den PC ein, korrigierte und setzte die Sätze
um.
Es war ihm ein
Rätsel, wie Heike sich auf den Text am Bildschirm
konzentrieren konnte, während sie mit ihm redete.
Und sie redete wie ein
Wasserfall.
Stefan überlegte.
»Aber... wenn die Sache vor mehr als zwei Stunden passiert
ist, wo ... ich meine, wo warst du bis jetzt?«
»Nun, man sollte
alles aus einer Geschichte rausholen.« Heike stützte das
Kinn auf die Hände und zwinkerte ihm vergnügt zu.
»Ich habe mich umgehört, um wen es sich bei dem Toten
handelt.«
»Seine
Identität steht fest?« Aus Erfahrung wusste Stefan, dass
die meisten tot aufgefundenen Personen keine Papiere oder Ausweise
mit sich führten. Es war kaum anzunehmen, dass es bei einem
Toten in der Schwebebahn anders war.
»Ja«,
nickte Heike. »Er ist stadtbekannt und das gibt der
Geschichte erst Brisanz.
»Spann
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