Das Schwebebahn-Komplott
seiner
Panzerglasscheibe zu und ging die breiten Stufen hinab. Etwas
unschlüssig blieb er auf der Straße stehen, als zwei
uniformierte Polizisten an ihm vorbeieilten. Die Dienstmützen
hatten sie unter den Arm geklemmt. Beinahe hätten sie Stefan
über den Haufen gerannt. Scheinbar handelte es sich um einen
dringenden Einsatz. Kopfschüttelnd hielt er inne und
beobachtete, wie sie den Streifenwagen bestiegen, der vor dem
altehrwürdigen Polizeigebäude bereitstand. Während
der Streifenführer den Motor des Vectra startete, ergriff sein
Kollege auf dem Beifahrersitz das Mikrofon des Funkgerätes:
»Starten jetzt zur Schwebebahnstation Loher Brücke.
Schickt uns schon mal Notarzt und Feuerwehr vor.«
Der Beamte hatte laut
und deutlich in das Mikro gesprochen; Stefan, der nur wenige Meter
abseits stand, konnte die Worte mühelos verstehen. Er blickte
wie gebannt dem Streifenwagen nach, der sich mit Blaulicht freie
Bahn auf der Friedrich-Engels-Allee verschaffte. Dann war der
Polizeiwagen mit quietschenden Reifen in Richtung Loh
verschwunden.
»Loher
Brücke«, murmelte Stefan fassungslos. »Feuerwehr
und Notarzt. Das sieht nach einem dicken Hund aus.« Prompt
dachte er an das Erpresserschreiben, das am Morgen in der Redaktion
eingegangen war. Hatte die Erpresserbande etwa schon zugeschlagen?
Stefan rannte zu seinem Käfer, der in der ruhigen
Seitenstraße geduldig auf ihn wartete. Es galt, keine Zeit zu
verlieren, und es wäre eine Schande, wenn die Wupperwelle
nicht aus erster Hand berichten würde.
6.
Kapitel
Der Motor sprang
krachend mit einer ohrenbetäubenden Fehlzündung an.
Stefan war es erst eiskalt, dann siedend heiß
geworden.
»Komm
schon«, zischte er. Dann endlich lief der Käfer -wenn
auch mehr schlecht als recht. Clemens schüttelte sich. Stefan
vermutete, dass der Motor nur noch auf drei Zylindern lief.
Höchstens. Als er rückwärts aus der schräg
angelegten Parkbucht rangierte, sah er im Rückspiegel eine
blaue Rauchwolke. Unheilvoll waberte der Dunst zur
Friedrich-Engels-Allee hinüber. »Lass mich jetzt nicht
im Stich, alter Junge«, flehte Stefan den Käfer an und
drückte den Gang rein. Die Kiste machte einen Hopser, bevor
sie sich in Bewegung setzte. Dann stand der Wagen an der
Einmündung der viel befahrenen Allee. Das Licht der Sonne
drang schemenhaft durch die dichten Bäume, die die
Straße säumten.
Während Stefan
Vorfahrt achtete, erstarb der Motor. Wütend hieb er auf den
Lenkradkranz und schluckte mühsam einen Fluch hinunter. Noch
immer hing die blaue Qualmwolke über dem brüchigen
Asphalt. Er drehte erneut am Zündschlüssel. Ein LKW
rollte auf der Friedrich-Engels-Allee heran und bremste ab. Der
Fahrer stoppte sein schweres Gefährt und bedeutete Stefan mit
der Lichthupe, vorzufahren.
»Würde ich
gerne, wenn die Kiste anspringen würde.« Mit hochrotem
Kopf winkte er ab. Der LKW-Fahrer zuckte mit den Schultern,
schenkte ihm ein schadenfrohes Grinsen und rollte von dannen.
Stefan konnte machen, was er wollte - der Käfer hatte seinen
eigenen Kopf und sprang nicht mehr an. Ausgerechnet jetzt! Eilig
stieg er aus und umrundete den Wagen. Auch ein Blick unter die
kleine Motorhaube brachte relativ wenig, nur ein beißender
Gestank lähmte seine Atemwege. Stefan gab es nicht
gerne zu: Das sah nach einer größeren Reparatur
aus.
Und wie kam er jetzt
zum Loh?
*
Karin Dahls
Gesichtszüge entgleisten sekundenlang. Dann hatte sie sich
wieder unter Kontrolle. »Heißt das ... ich meine ... du
und Stefan ...« Ihre Hoffnungen, dass die Kollegin ihr den
gemeinsamen Freund Stefan Seiler einen Abend lang abtrat, schwanden
urplötzlich. »Ich meine, was ist denn nun? Seid ihr ein
Paar oder nicht?«
Heike legte den Kopf
schräg und spielte verträumt mit einem Kugelschreiber,
während ihr Blick in die Ferne glitt. »Nun«,
murmelte sie, »er ist großartig, wenn du
verstehst.« Um ihre Worte zu untermalen, seufzte sie
genießerisch.
»Wie muss ich
mir das vorstell ...« Karin brach jäh ab, als das
Telefon auf Heikes Schreibtisch anschlug. Diese murmelte eine
Entschuldigung und ergriff den Hörer.
»Stefan!«,
rief sie erfreut und warf Karin einen Blick zu.
Karin Dahls Gesicht
verdunkelte sich, als sie den verzückten Gesichtsausdruck der
Kollegin sah. Sie lauschte der Unterhaltung, doch irgendwie wurde
sie den Eindruck nicht los, dass es sich nicht um einen netten
Anruf aus purer Sehnsucht handelte. Es schien etwas passiert zu
sein.
»Was?«,
rief Heike entsetzt. »Ein Feuer? Das
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