Das Schwebebahn-Komplott
ist,
dass die Sicherheit der Wuppertaler Schwebebahn nie gelitten hat
und auch künftig nicht unter kriminellen Machenschaften leiden
wird«, bemerkte Erika Meister und verteidigte einmal mehr den
guten Ruf des Wuppertaler Wahrzeichens.
Stefan blickte sich
rasch unter den Kollegen um. Niemand reagierte auf die Worte der
Pressereferentin. Diese war Mitte fünfzig, trug das
gefärbte Haar streng zurückgekämmt und hatte sich
für die Konferenz in ein etwas zu konservatives Kostüm
gewickelt, um den seriösen Eindruck ihrer Person zu
unterstreichen. Die Perlenkette in ihrem Dekollete stammte
sicherlich aus den sechziger Jahren.
»Glauben Sie
denn an einen Zusammenhang zwischen dem toten Rolf Spielberg und
der Schwebebahn?«, fragte Stefan laut an sie gewandt.
Sekundenlang herrschte Stille im Saal des Polizeipräsidiums.
Das Diktiergerät lief mit. Alle Blicke waren auf den
Wupperwelle-Reporter gerichtet. Man hörte nur das Summen der
Kameras und das Kratzen von Stiften auf Papier.
Erika Meister blickte
ihn unverwandt an, schien mit sich zu ringen, dann hatte sie ihre
Fassung zurückerlangt. »Nein«, erwiderte sie
schließlich und spielte nervös mit ihrer
Perlenkette.
Stefan wusste von dem
Erpresserschreiben - genau wie sie. Sie maßen sich mit
Blicken.
»Natürlich
nicht«, mischte sich jetzt Jürgen Küppers, der
Polizeisprecher, ein. »Warum auch?« Er lachte
herzerfrischend und versuchte, die angespannte Stimmung im Saal zu
lockern. »Das Opfer ist tot und niemand hätte einen
Grund, Spielberg ein zweites Mal zu ermorden.«
Alles lachte. Stefan
nickte stumm. So viel also zur Nachrichtensperre. Er hoffte, nicht
schon einen Schritt zu weit gegangen zu sein. Hoffentlich
würde Küppers sich nicht bei seinem alten Freund Eckhardt
über den vorlauten Radioreporter Seiler beschweren, denn dann
hatte er verloren ...
»Ist es denn
sicher, dass es überhaupt ein Mord war?«, mischte sich
jetzt ein älterer Kollege ein, der als freier Journalist in
der Stadt für sämtliche Zeitschriften arbeitete. Sein
graues Haar war wellig und hing ihm strähnig in die hohe
Stirn. Stefan kannte den Mann nur als Maier. Der Mief seiner Pfeife
verpestete die Luft im Raum.
»Das genaue
Resultat liegt zwar noch nicht vor, aber das anfänglich als
Todesursache diagnostizierte Herzversagen gilt inzwischen als
äußerst unwahrscheinlich.« Küppers blickte in
die Runde.
»Wie kommt man
denn dann auf einen Mord?«, rief ein anderer Reporter in den
Raum.
»Der Hergang ist
durch Dienstvorschriften geregelt«, erklärte Jürgen
Küppers geduldig. Er stieß Kommissar Ulbricht
an.
Dieser sah den
Zeitpunkt für gekommen, auch etwas zu sagen. Umständlich
rückte er sich die Mikrofone zurecht und räusperte sich:
»Nach dem Fund des Verstorbenen alarmierte der
Fahrdienstleiter der Schwebebahn die Kriminalpolizei. Ein
völlig normaler Vorgang. Der ebenfalls herbeigerufene Notarzt
konnte nur noch den Tod von Herrn S. feststellen. Der Arzt
bescheinigte durch ein kleines Kreuz in der Sterbeurkunde, dass die
Todesursache ungeklärt ist.« Ulbricht ließ seinen
Blick über die Gruppe der versammelten Pressevertreter
schweifen, bevor er fortfuhr. »Sobald dergleichen geschieht,
schaltet sich automatisch die Staatsanwaltschaft ein. Der
Staatsanwalt kann eine Obduktion anordnen, um die genaue
Todesursache zu ermitteln. Und diese Anordnung ist noch in
derselben Nacht erfolgt.« Der Kommissar atmete tief durch und
lehnte sich zurück.
Küppers hielt die
Zeit für gekommen, wieder das Wort zu ergreifen. »Die
Leiche des Verstorbenen befindet sich inzwischen in der
Gerichtsmedizin Düsseldorf. Dort haben sich Gerichtsmediziner
mit der Sektion des Toten befasst.«
Liegt schon ein erstes
Ergebnis vor?«, rief jemand.
»Nein«,
erwiderte Küppers. »Sobald wir darüber
verfügen, werden wir Sie über den Tod des Herrn Spielberg
genauer informieren.« Der breitschultrige Pressesprecher gab
seinen Kollegen ein unauffälliges Zeichen. Man erhob sich fast
zeitgleich. »Zunächst danken wir Ihnen für das
Interesse.«
Stefan seufzte. Das
war's also. Eine halbe Stunde oberflächliches Geplänkel,
ohne Herausgabe von Einzelheiten, die den Fall interessant machten.
Die wertvolle Zeit hätte er sich sparen können.
Enttäuscht stapfte er auf den Ausgang zu.
Sein Käfer parkte
in der nahe gelegenen Druckerstraße. Die Sonne wärmte
Stefans Haut, als er vor das mächtige Portal des
Präsidiums trat. Er nickte dem Pförtner hinter
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